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Somers, Jeff - Avery Cates 01 - Der elektronische Mönch

Somers, Jeff - Avery Cates 01 - Der elektronische Mönch

Titel: Somers, Jeff - Avery Cates 01 - Der elektronische Mönch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Somers
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schließlich hielt es uns arbeitslose Wunderknaben davon ab, einander an die Gurgel zu gehen. Doch die System-Bullen, die waren wirklich schon etwas Besseres – die waren die Elite. Sie waren gefährlicher und gieriger, und sie gaben niemandem lediglich einen auf die Nuss. Die jagten einem gleich eine Kugel durch den Kopf.
    Ich schob die Automatiks in ihre Holster zurück und zog meine Glücks-Pistole, hergestellt draußen in Kalifornien von der Roon Corporation – ein umgebautes Modell 87a (illegal, weil vollautomatisch und unregistriert … und ohne DNA-Scan-Sicherung). Sie war teuer, aber dafür funktionierte sie absolut butterweich. Wie erwartet, war der Ausgang dieser Absteige durch das ganze Gewühl an Arschlöchern versperrt, die sich bei dem Versuch, ins Freie zu kommen, gegenseitig fast tottrampelten. Im gleißenden Scheinwerferlicht des Schwebers waren sie klar und deutlich zu erkennen: eine verzweifelte Menschenmasse. Ich ließ eine Kugel in die Kammer einrasten und fuhr mir mit trockener Zunge über die Lippen; mein Magen fühlte sich an, als stehe er in Flammen, mein Schädel schmerzte. Ich war alt. Ich war schon seit Jahren alt.
    »Achtung!«, dröhnte eine metallische Stimme aus den Lautsprechern des Schwebers. »Hier spricht Captain Jack Hallier vom System-Sicherheitsdienst! Bleiben Sie stehen und unterziehen Sie sich den vorgeschriebenen Scan- und Identifizierungsmaßnahmen!«
    Das war natürlich rein formaler Schwachsinn. Dem SSD war es scheißegal, ob man sich dem nun unterzog oder nicht. Eigentlich war es ihnen sogar lieber, wenn man das nicht tat. Mit den Brechern konnte man reden, mit denen konnte man einen Deal aushandeln – das waren echte Menschen, selbst wenn sie eine Dienstmarke bei sich hatten. Aber die Bullen … ach Scheiße, das waren keine Menschen.
    Wie aufs Stichwort sprang nun ein halbes Dutzend Polizisten vom Schweber ab; laut war das Krachen ihrer Stiefel auf dem Asphalt zu hören. Sie wurden von elektronischen Mustern umwirbelt, die einem Kopfschmerzen bereiteten, wenn man sie ansah – Sturmtruppen mit Tarnsystemen. Keine anständige SSD-Razzia lief ohne Sturmtruppen mit TS ab, die sie fast unsichtbar machten, wenn die Truppen sich nicht bewegten. Aus meinem behelfsmäßigen Versteck heraus blickte ich mich um und stutzte: Zu meiner Linken, ebenfalls unter einem Tisch versteckt, kauerten drei Mönche. Jeder Einzelne blickte sich zu mir um und schaute mich mit diesem schrecklichen, maskenartigen Gesicht an; dann wandten sie den Blick wieder ab. Ich blinzelte, drehte mich um und kroch ganz altmodisch auf Händen und Knien vom Ausgang dieser Spelunke fort, der gegenüberliegenden Wand entgegen. Hinter mir flogen die ersten Kugeln.
    Ich kroch einfach weiter. Bislang hatte ich sechsundzwanzig Menschen umgebracht. Ich würde mich ganz bestimmt nicht bei irgendeinem unwichtigen Einsatz aufgreifen lassen. Als ich die Wand schließlich erreicht hatte, verschwendete ich keine Zeit: Ich sprang auf, kletterte auf den Tisch, der mir schon vorhin aufgefallen war, und sprang über die geborstene Mauer hinweg. Hart schlug ich auf der anderen Seite auf und knallte mit dem Kopf auf das geborstene Pflaster. Dort, im Schutz des nasskalten Schattens, beschloss ich, einen Augenblick lang einfach liegenzubleiben, so sehr dröhnte mir der Schädel. Über mir sah ich das Heck des SSD-Schwebers. In gewisser Weise war das Fahrzeug regelrecht schön: ein Rechteck aus Metall, durch das Verdrängungsfeld nur verschwommen erkennbar; die Lichtkegel der Scheinwerfer zerrissen die abendliche Dunkelheit, die Halteseile der Sturmtruppen wiesen wie Tentakel in alle Richtungen. Im Ganzen wirkte es wie ein entsetzliches, aufgeblasenes Insekt.
    Panik durchzuckte mich, und ich blinzelte erneut, als sich mein Schädel allmählich wieder beruhigte. Ich zwang mich dazu, wieder aufzustehen und humpelte in den dunkelsten Schatten, den ich nur finden konnte – es waren nur wenige Schritte, doch ein schmerzhaftes Stechen in meinem Rücken machte jeden einzelnen davon beschwerlich. Sämtliche Gebäude in diesem Teil von Old New York waren nur noch Ruinen – Überbleibsel der Vereinigungs-Ausschreitungen, die schon vorJahrzehnten stattgefunden hatten. Hier gab es nichts anderes als Schatten und scharfe Kanten.
    In meinem Versteck kam ich wieder zu Atem und dachte nach.
    Mehr und mehr Schüsse wurden abgefeuert, und ich schaute zu, wie weitere Sturmtruppen sich auf den Boden herabließen, als eine entschlossene Schar meines

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