Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Somers, Jeff - Avery Cates 02 - Die digitale Seuche

Somers, Jeff - Avery Cates 02 - Die digitale Seuche

Titel: Somers, Jeff - Avery Cates 02 - Die digitale Seuche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Somers
Vom Netzwerk:
Dateien durch. »Newark. Offiziell gibt es in Newark natürlich überhaupt nichts, also wird es auch keine Berichte aus erster Hand geben – so einfach wird’s dann doch nicht werden, was?« Kurz grinste er mich an, wollte wieder mein Freund sein. »Aber irgendwelche Aufzeichnungen gibt es immer.« Endlich fiel die Asche seiner Zigarette herunter, sodass Reg jetzt nur noch einen glimmenden Stummel im Mund und einen beachtlichen Aschehaufen auf dem Bauch hatte. »Wenn die irgendetwas Wichtiges nach Newark schaffen oder von dort holen, muss jemand darüber auch Aufzeichnungen haben. Hast du irgendein Zeitfenster, das ich beachten sollte? Irgendwelche anderen Parameter, die mir die Suche erleichtern würden? Wenn es hier nur um die Akten vom Amt für Öffentliche Arbeiten geht, bin ich in ein paar Sekunden fertig. Aber wenn du möchtest, dass ich alle Unterlagen des gesamten Nordost-Ressorts durchgehe, dann wird das ein bisschen dauern.«
    Ich zuckte mit den Schultern. »Ich habe Zeit.«
    Er nickte, und Schweiß trat ihm auf die Stirn. Gleason, die immer noch hinter mir stand, hatte sich wieder ein wenig erholt. Stille umgab sie, professionelle Lautlosigkeit. Doch dabei kaute sie auf einer Haarsträhne herum, als wäre sie wieder zehn Jahre alt. Einige Sekunden lang war überhaupt nichts zu hören, und ich schaute zu, wie kräuselnd der Rauch von Reggies Zigarette aufstieg. Als das kleine rote Kästchen in einer der unteren Ecken seines Bildschirms erschien, bemerkte ich das sofort und versuchte nach Kräften, die Spiegelschrift darin zu erkennen.
    »Ach du Scheiße«, sagte Reggie, und da meldete sich auch schon das Gebäude-Interface zu Wort: eine lächerlich freundliche, künstliche Stimme.
    »Achtung: Auf Anweisung des New-York-Ressorts der Gesundheitsbehörde wurde dieses Gebäude gemäß Beschluss Acht-Acht-Neun-A des Einheitsrates abgeriegelt. Bitte bleiben Sie an Ihrem Arbeitsplatz! Achtung …«
    Es war sonderbar, dass bei jeder Ankündigung der Einheitsrat erwähnt wurde. Schließlich war der ER bloß ein Rudel mumifizierter alter Leichen, versteckt unter der Stadt London, und die einzige rechtmäßige Regierung des Systems stellten die Unterstaatssekretäre dar. Die meisten von ihnen waren schon vor dreißig Jahren in dieses Amt berufen worden und hatten seitdem alles geleitet – seit der Rat sich an der Unsterblichkeit versucht hatte und stattdessen dem Wahnsinn anheimgefallen war. Bis Dick Marin sich eingemischt hatte. Jedes Mal, wenn ich das Wort Einheitsrat hörte, musste ich an diese staubigen alten Männer unter der Westminster Abbey denken – und daran, wie ich Dick Marin ins Gesicht geschossen hatte, obwohl ich genau gewusst hatte, dass es noch mehrere Dutzend weitere Ausführungen dieses ›Menschen‹ gab, die das entstehende Machtvakuum sofort auffüllen konnten.
    Kurz blickte ich zu Glee, die völlig reglos dastand. Immer noch hatte sie eine Haarsträhne zwischen den Lippen. Mit ihrer milchig-weißen Klinge hatte sie sich gerade daran gemacht, einen Fingernagel zu reinigen. Wieder lief ihr die Nase, und ihr Gesichtsausdruck wirkte längst nicht mehr so übermütig wie noch vor wenigen Augenblicken. Ich blinzelte ihr zu. »Die Cops«, sagte ich nur. Dann lächelte ich Reggie an. »Reg, ich hoffe um deinetwillen, dass du mich nicht gerade verraten hast.« Ich beugte mich vor und stemmte die Fingerknöchel auf die Schreibtischplatte. »Das wäre nämlich gar nicht gut für dich.«
    Er lächelte mich an. Doch das Grinsen auf seinem Gesicht wirkte so leichenblass und hohl, dass ich mich bewusst dafür entscheiden musste, mich davon nicht beleidigt zu fühlen. »Scheiße, Avery«, sagte er und sackte in seinem Sessel zusammen. »Wir werden uns noch wünschen, es wären bloß die Scheiß-Cops.«

III
    Tag drei:
    viel Glück mit den Leuten von der
    Gesundheitsbehörde
     
     
    Unter großer Anstrengung gelang es mir, den Adrenalinstoß zu unterdrücken. Also musterte ich eine oder zwei Sekunden lang nur Reggies Gesicht und kam zu dem Schluss, dort echte Furcht zu sehen. Aber ob das daran lag, dass man ihn dabei erwischt hatte, gegen das eine oder andere Gesetz zu verstoßen, oder daran, dass er fürchtete, ich würde Gleason dazu bringen, ihm die Kehle durchzuschneiden, vermochte ich nicht zu sagen. »Wer kommt denn dann?«
    »Hast du nicht zugehört? Die Leute von der Gesundheitsbehörde!« Seine Schweinsäuglein zuckten hin und her, und er griff nach dem Zigarettenstummel zwischen den Lippen und

Weitere Kostenlose Bücher