Somers, Jeff - Avery Cates 02 - Die digitale Seuche
warf ihn zu Boden. »Aber es ist völlig egal, welche Behörde dahintersteckt. Das heißt, dass die Spooks sich einschalten, Avery. Psioniker! Die Scheiß-Spooks haben das Gebäude abgeriegelt. Oh, so eine Scheiße!«
Ich wandte mich um und blickte Glee an. Sie versuchte die Tür zu öffnen, doch diese reagierte nicht.
»Die geht nicht mehr auf.« Reggie heulte es fast. »Das Gebäude wurde abgeriegelt. Du blödes Arschloch! Ich bin ruiniert, verdammt noch mal!«
Ich drehte mich wieder zu Reggie um und deutete auf die Tür.
»Mach auf, Reg!«, sagte ich ruhig.
Er zuckte die Achseln; die Bewegung löste ein Fleischbeben aus, das überhaupt nicht mehr aufhörte. »Das kann ich nicht, Avery das Gebäude ist vollständig abgeriegelt!«
Ich nickte. Ich hatte den Verdacht, dass das Ganze sich doch als eine Razzia der System-Bullen herausstellen würde, ganz egal was das Gebäude-Interface allen hier drinnen angekündigt hatte. Und wenn das stimmte, dann bedeutete das, dass die hinter mir her waren. »Wenn ich dir jetzt die Nase verdrehe, wird sie dabei brechen. Das wird zwar nicht meine Absicht gewesen sein, aber es wird trotzdem passieren. Dann machst du dir Flecken aufs Hemd, und so wie ich dich kenne, wirst du dir vermutlich auch noch in die Hose pissen. Und dann wirst du auf den Panik-Knopfdrücken, mit dem diese Tür entriegelt wird, und uns trotzdem gehen lassen. Also erspar dir doch einfach die ganzen Unannehmlichkeiten!«
Reggie blickte zu Glee hinüber, doch ihre ausdruckslose Miene schien ihm nicht zu gefallen. Ich hielt ihm die Hand unter die Nase und schnippte mit den Finger. Der fette Kerl zuckte zusammen. »Verdammt, Reggie, du nimmst solche Einsätze der Gesundheitsbehörde ziemlich ernst, was?«
Erwischte sich über das Gesicht. »Du verst …«
Ich tat so, als wolle ich nach seiner Nase greifen, und er zuckte zurück, bis er gegen die Rückwand seines klaustrophobisch-winzigen Büros krachte.
»Sag mir noch einmal, ich würde das nicht verstehen!«
Den Blick fest auf mich gerichtet streckte er die Arme aus und gestikulierte. Seine fetten Hände vollführten eine komplexe Bewegungsabfolge und wirkten dabei erstaunlich geschickt. Hinter uns öffnete sich die Tür mit einem leisen Klicken. Ich zog meinen Datenwürfel aus der Docking-Station und ließ ihn in meine Manteltasche fallen. »Viel Glück mit den Leuten von der Gesundheitsbehörde, Reg«, sagte ich und wandte mich ab. Zeitgleich wirbelte auch Glee herum und trat einen Schritt zur Seite, sodass ich vor ihr das Büro verlassen konnte.
Keine der anderen Türen stand offen. Ich stellte mir vor, das es hinter jeder einzelnen davon Leute in winzigen Büros kauerten, fast wie Käfer, die ein Sammler mit einer Nadel aufgespießt hatte. Der Droide im Vorzimmer wandte uns seinen gesichtslosen ovalen Schädel zu. Es war ein geradezu unheimlicher und von vornherein zum Scheitern verurteilter Versuch, irgendwie menschlich zu wirken.
»Zu Ihrer eigenen Sicherheit: Bitte kehren Sie in Ihr Büro zurück! « , sagte die Maschine und übertrug ihre Stimme dabei über das Gebäude-Interface. »Zu Vergleichszwecken wurde Ihr Gesicht gescannt und an den System-Sicherheitsdienst übermittelt. Ein Bürger, eine unbekannte Person. Zu Ihrer eigenen Sicherheit: Bitte kehren Sie in Ihr Büro zurück!«
Glee trat auf die Eingangstür zu, doch auch diese öffnete sich nicht von allein. »Mach dir keine Mühe«, sagte ich, »hier muss man jede Tür einzeln entriegeln.« Ich versuchte mich daran, die komplizierten Gesten zu wiederholen, die Reggie in seinem Büro vorgeführt hatte. Während ich mich noch bemühte, meine Hände dazu zu bringen, die richtigen Bewegungen zu vollführen, blickte ich zu Glee hinüber, die wieder ihre Klinge hatte hervorschnellen lassen. Sie stand nun kampfbereit da und wippte ein wenig auf den Fußballen auf und ab. Sie sah unglaublich jung aus. Andererseits hatte ich selbst ja auch schon Leute mit dem Messer angegriffen, um irgendwie an Geld zu kommen. Ich war damals gerade einmal fünfzehn Jahre alt gewesen.
Mein dritter Versuch ließ die Tür tatsächlich aufschnappen. Glee streckte den Kopf auf den Korridor hinaus, nickte dann und blickte über die Schulter hinweg zu mir. »Alles frei.« Sie war ganz rot im Gesicht, es glänzte sogar. Sie sah aus, als befinde sich tief in ihrem Innersten irgendetwas sehr Heißes, das sie allmählich schmelzen ließe.
»Achtung, Verstoß gegen die GB-Abriegelung im fünfundsiebzigsten Stockwerk«,
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