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Somers, Jeff - Avery Cates 02 - Die digitale Seuche

Somers, Jeff - Avery Cates 02 - Die digitale Seuche

Titel: Somers, Jeff - Avery Cates 02 - Die digitale Seuche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Somers
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Captain an, dann nickte sie und wandte sich erneut dem Gebäude zu. »Ich weiß nicht, wer Sie sind …«
    »Wer ich bin?«, fiel ihr die Stimme ins Wort. »Ach Scheiße, noch vor fünf Tagen war ich Börsenmakler und bin einmal die Woche zur Jagd mit dem Schweber Upstate geflogen«, erklärte der Unsichtbare.
    »… aber wir sind die Polizei, und wir umgehen nichts und niemanden, verdammt!«
    Ohne einen erkennbaren Befehl hoben fünf Sturmtruppen gleichzeitig den Shredder und eröffneten das Feuer auf eines der Fenster. Das Donnern der Waffen verdrängte jeden anderen Laut auf der Straße, bildete eine ganze Wand aus ohrenbetäubendem Lärm. Das war mein Stichwort, und so rannte ich los, riss die Waffe aus der Tasche und presste mich so dicht an die Häuserwand, wie das nur möglich war. Kurz übermannte mich der Hustenreiz, explosionsartig spie ich weiteren Schleim auf den Asphalt. Dann stieß ich mich von der Mauer ab und rannte auf die Hausecke zu. So dicht vor dem Gebäude konnte mich der Scharfschütze von dort oben nicht einmal mehr sehen, und alle Sturmtruppler blickten wie gebannt hinauf. Ich hatte die Hausecke erreicht, bog schlitternd nach links ab, als mich plötzlich jemand bemerkte, der ein wenig mehr Grips im Kopf hatte und zu spät versuchte, mich auszuschalten. Shredder-Geschosse schlugen neben mir in die Fassade ein, während ich dahinter verschwand.
    Ich blieb nicht stehen. Im Erdgeschoss gab es ein langes schmales Fenster, durch das ich mich vor vielleicht fünf Jahren gerade noch hätte hindurchzwängen können. Das Fenster war mit dem gleichen brüchigen grauen Holz verbarrikadiert wie der Rest des Gebäudes. Im Laufen legte ich die Waffe an und zerschmetterte mit zwei sorgsam gezielten Schüssen das Fenster. Dann sprang ich auf die klaffende Lücke zu, verzog voller Erwartung schon das Gesicht, weil ich mir wahrscheinlich an den Glasscherben ein Dutzend unschöner Schnittwunden zuziehen würde. Und ich wurde auch nicht enttäuscht. Das Holz gab nach, als bestünde es in Wirklichkeit aus Pappe. Mit einem schrillen Knirschen löste es sich von der Innenseite der Wand, und es gelang mir, Kopf und Hals durch die Öffnung zu bugsieren, ohne mir etwas wirklich Wichtiges aufzureißen. Es fiel mir leichter, mich hindurchzuzwängen, als ich es in Erinnerung gehabt hatte, ich holte mir dabei aber tiefe Schnittwunden an Armen und Oberschenkeln. Ich hatte das Gefühl, Ewigkeiten zu brauchen, um mich durch die Öffnung zu quetschen, und währenddessen stellte ich mir vor, wie ich mir einen gezielten Schuss in den Hintern einfing. Das wäre ja wirklich der perfekte Abgang für mich, ging es mir durch den Kopf: Avery Cates, der größte Revolverheld der Welt, auf der Flucht vor seinen Feinden in den Arsch geschossen.
    Dann stürzte ich – tiefer, als ich es in Erinnerung hatte – auf den kalten Betonboden, lag keuchend da, und mein gurgelndes Lachen verwandelte sich in weiteres Gehuste. Eine Flüssigkeit, über die ich nicht weiter nachdenken wollte, durchweichte zunehmend meine Hose.
    Scheiße, dachte ich, ich werde hier abkratzen.
    Es war egal – die wirklich wichtige Frage lautete nicht, wie lange ich wohl noch zu leben hatte, sondern wie viel Zeit mir noch bliebe, irgendetwas zu tun, bevor ich dafür zu krank wäre. Ich rollte mich zur Seite und stemmte mich dann wieder auf die Beine. Hier war es dunkel, und ich fühlte mich noch verdreckter als zuvor, nachdem nun auch noch Betonstaub an meinen Wunden klebte. Von draußen hörte ich immer noch Schüsse – zum einen Shredder, zum anderen Hochleistungs-Jagdgewehre, die sich nur richtig reiche Jungs leisten konnten. Reiche Jungs, die tatsächlich überlebt hatten und nun völlig skrupellos geworden waren. Und hier war ich, mitten auf deren Terrain, und stand kurz davor, ihnen meine netten Nanobots geradewegs in den Rachen zu stopfen.
    Mir blieb keine Zeit, mich in dem Haus weiter umzuschauen, mir uralte Gebäudepläne ins Gedächtnis zurückzurufen und über mögliche Ausgänge nachzudenken. Im Halbdunkel sah ich eine Treppe und lief darauf zu. Jeder Atemzug schmerzte, als hätte ich Rasierklingen in der Lunge. So leise ich konnte, lief ich empor, nahm immer zwei Schritte auf einmal, und die alten Holzdielen knarrten unter meinem Körpergewicht. Oben angekommen blieb mir nicht einmal mehr die Zeit, mir zu überlegen, wie ich am besten die nicht sonderlich robust wirkende Holztür öffnen könnte, bevor sie schon aufgerissen wurde und ich automatisch die

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