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Somers, Jeff - Avery Cates 02 - Die digitale Seuche

Somers, Jeff - Avery Cates 02 - Die digitale Seuche

Titel: Somers, Jeff - Avery Cates 02 - Die digitale Seuche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Somers
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aus, als sei noch nie jemand darübergelaufen. Die Luft – das bisschen, das ich davon durch meine geschwollene Nase und meinen ruinierten Hals bekommen konnte – roch regelrecht antiseptisch. Es roch, als gebe es hier überhaupt nichts Lebendiges. Es war eine echte Erleichterung. Ich hatte genug Leichen gesehen, gerochen, gefühlt.
    Hinter der nächsten Ecke fand ich das, was mein Ziel sein musste: An der Tür stand lediglich die Nummer 655, doch Markos Gebäudeplan und Bellings Infos hatten beide besagt, dieser Raum müsse es sein. Ich hob die Waffe und zwang mich dazu, mich noch schneller zu bewegen, so schmerzhaft es auch war, so steif sich mein Körper auch anfühlte. Schwer atmend warf ich mich gegen die Tür, krachte dagegen und riss die Waffe hoch, als ein Schatten neben mir gegen die Wand knallte. Eine Sekunde lang starrte ich Markos bärtiges Gesicht an, ohne mein Gegenüber zu erkennen.
    »Was zur Hölle ist denn mit dir los?«, keuchte ich.
    Er war auf den Knien und wühlte in seiner Tasche. »Die Tür ist verschlossen, Mr Gates«, erwiderte er atemlos. »Ich schätze mal, Sie haben mir dahinten das Leben gerettet.« Ohne ein weiteres Wort presste er zwei Kabel gegen das elektronische Tastenfeld der Tür, während ich nur dort lag und so gut ich konnte Luft in meine Lungenflügel pumpte. Immer wieder musste ich blinzeln.
    »Ihr Techies«, keuchte ich. »Immer glaubt ihr, wir brauchten euch.«
    Er nickte, als die Tür mit einem sanften Klicken entriegelt wurde. »So wie es aussieht, Mr Gates«, sagte er »werden wir alle schon bald Droiden mit Bio-Gehirnen sein. Und jemand muss doch noch da sein, der uns alle regelmäßig aufzieht, oder?«
    Ich nickte, stieß ihn aus dem Weg und legte die Hand gegen das Türblatt. »W e nn du jemals versuchst, mich aufzuziehen, Kleiner«, versprach ich ihm, »sprenge ich dir die Hände weg!« Ich hielt inne und blickte ihn an. »Du. Bleibst. Hier. Draußen«, wies ich ihn an, und nachdem ich noch einmal angestrengt Luft geholt hatte, riss ich die Tür auf und stürmte hindurch.
    Ich versuchte, in alle Richtungen gleichzeitig zu blicken. Dort drinnen war es unglaublich hell, meine Augen brannten und tränten. Ich sah einen Mönch in der Nähe eines Untersuchungstisches stehen: die Standardausführung mit weißem Gesicht und dunkler Kutte. Ich legte an und dachte noch: Schnell, schnell, zieh den Abzug durch!
    »Halt«, sagte Kev.
    Ich hatte das Gefühl, ich würde aus meinem eigenen Körper gesogen. Ich wurde wie taub und blieb stocksteif stehen; der Schwung meiner eigenen Bewegung hätte mich beinahe zu Boden gerissen. Ruhige, gelassene Zufriedenheit hüllte mich ein wie ein Gas, und ich schw e bte reglos mitten im Nichts.
    Ty Kieth war auf den Untersuchungstisch geschnallt, äußerst professionell geknebelt. Seine Nase zuckte hin und her, spastisch rollte er mit den Augen. Doch ich bemerkte sehr wohl, dass er sich kein bisschen gegen seine Fesseln auflehnte. Er lag einfach nur da.
    »Richte die Waffe auf dich und schieß!«, befahl Kev.
    Ich lächelte, schwenkte die Waffe herum und betätigte den Abzug.

XXXVIII
    Tag zehn:
    ein gottverdammter Superheld
     
     
    Ich spürte nicht einmal, wie die Kugel das Fleisch in meinem gebrochenen Bein durchschlug. Kev hatte nicht gesagt, wohin genau ich schießen solle, und irgendein primitiver Überlebensinstinkt hatte beschlossen, mein nahezu nutzloses Bein gebe ein ideales Opfer ab. Sofort knickte das Bein unter meinem Gewicht ein, und ich krachte so heftig auf den Boden, dass mir im Mund die Zähne aufeinanderschlugen. Doch Schmerzen spürte ich nichtmeine Schmerzleitungen waren wohl schon überlastet. Einen Augenblick lang war ich ein gottverdammter Superheld, der keinerlei physisches Leid kannte.
    Aus der Wunde strömte erschreckend viel Blut, und ich fragte mich, ob ich mich wohl gerade selbst ausgetrickst und eine Arterie getroffen hatte. Schwächlich hob ich die Waffe wieder. Ich versuchte einen sonderbaren gelblichen Nebel zu durchdringen, der plötzlich zwischen mir und dem Rest der Welt aufgetaucht war. Als ich mich erneut nach Kev umschaute, schien sich flüssiges Blei in meinen Armen auszubreiten; sie wurden unfassbar schwer.
    »Avery, hör auf!«
    Ich stockte; mein Arm zitterte. Wieder durchdrang mich dieses vertraute Gefühl völligen Friedens, und ich war glücklich und gedankenlos. Ein Mönch schälte sich aus diesem Nebel, der mich einhüllte – ein Mönch, den ich als Kev zu erkennen glaubte, denn er war so neu

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