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Somers, Jeff - Avery Cates 02 - Die digitale Seuche

Somers, Jeff - Avery Cates 02 - Die digitale Seuche

Titel: Somers, Jeff - Avery Cates 02 - Die digitale Seuche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Somers
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mich mit einem breiten Grinsen fragen würde, ob ich mich schnell genug fühle.
    Ich fragte mich, ob eines Tages wohl alle Cops zurückkehren würden, die ich jemals umgebracht hatte.
    Ich hörte, wie die Mönche näher kamen. Während ich immer noch Happling anstarrte, begann mein Herz plötzlich unerwarteterweise vor Entsetzen zu hämmern. Die Mönche mit ihren ausdruckslosen weißen Gesichtern würden in diesen Raum hineinstürmen, würden mich mit ihren Plastikhänden anpacken und dann würden sie mich in völliger Stillem Stücke reißen.
    Wieder blickte ich zur Tür hinüber, beugte mich dann ein wenig vor und versuchte, mich zu Happling hinüberzuziehen. Während mir blutiger Speichel aus dem Mund lief und auf den Boden tropfte, packte ich nach dem Cop, krallte mich an seiner Kleidung fest und versuchte, ihm die Roon aus den leblosen Fingern zu nesteln. Immer wieder zuckte ich zusammen. Bei jeder Bewegung rechnete ich damit, dass er sich ruckartig aufbäumen und mich packen würde, die Lippen zu einem blutigen Grinsen verzerrt. In seiner vordersten Tasche fand ich drei volle Magazine. Unter den Kleidungsstücken war seine Haut noch warm. Ich überprüfte die Waffe auf Funktionsfähigkeit, dann wich ich von der Tür so weit zurück, wie ich nur konnte. Ich suchte mir eine Position etwas schräg zur Tür, damit ich, wenn die Mönche hier schließlich einträfen, nicht sofort in deren Blickfeld wäre – auch wenn die Mönche über Thermoscanner und Nachtsichtoptiken und jeden möglichen anderen Technik-Zinnober verfügten, der vor fünf Jahren erhältlich gewesen war. Deswegen war ich mir wirklich nicht sicher, wie viel mir mein guter alter Trick wohl einbrächte. Bislang halte ich noch nie auch nur einen einzigen Mönch im Kampf besiegt – ganz zu schweigen von einem ganzen Trupp von denen. Es war egal. Ich lud die Waffe, legte mir die überzähligen Magazine in den Schoß und versuchte gar nicht darüber nachzudenken, dass ich nicht genug Munition hatte, um vierundfünfzig Mönche zu erledigen. Mit zitternden Händen hob ich die Waffe und wartete.
    Die Zeit blieb stehen. Ich mühte mich nach Kräften, die Waffe im Anschlag zu halten und jederzeit einsatzbereit zu bleiben, während das Echo der Schritte, die sich näherten, tatsächlich immer lauter wurde. Doch die Mönche kamen einfach nicht. Es waren keine Gespräche zu hören, keine Rufe, keine anderen Laute. Nur Stiefelsohlen auf dem harten Boden. Je näher sie kamen, desto langsamer wurden sie. Ich ging davon aus, dass die Mönche genau wussten, wo Kev sich befand: Sein Gehirn mochte zerstört worden sein, doch in seinem Gehäuse gab es noch reichlich elektronisches Leben: Sicher sendete er immer noch Signale und scannte diverse Frequenzbereiche. Eine unsterbliche Ewigkeit taubstumm sozusagen, denn zu verarbeiten vermochte er diese Informationen nicht mehr.
    In der Ferne knallten Türen, dann herrschte völlige Stille. Die Mönche waren nur wenige Schritte weit entfernt, kamen lautlos auf mich zu. Wahrscheinlich scannten sie Thermosignaturen und wurden jetzt auf einmal vorsichtig. Man mochte ja ein Gehirn in technologischem Gerät unterbringen, das Milliarden von Yen wert war, aber das Gehirn selbst vermochte man nicht zu verbessern: Wenn man ein Arschloch in ein Mönchs-Gehäuse packte, war das, was man erhielt, immer noch ein Arschloch. Trotzdem: Das hier waren Arschlöcher, die bislang überlebt hatten. Sie hatten ihre Konversion überlebt, hatten Monate oder gar Jahre der unfreiwilligen Knechtschaft überlebt und die ganze Zeit über innerlich geschrien. Zudem hatten sie die Mönchs-Ausschreitungen ebenso überstanden wie die unablässigen Versuche des SSD, sie alle auszulöschen. Und letztendlich waren sie geistig immer noch gesund genug, um weiterhin zu funktionieren.
    Ich versuchte, meine Gedanken so klar wie möglich werden zu lassen. Vor meinem geistigen Auge sah ich eine Reihe Bäume in der Nacht, Bäume wie eine dunkle Wand. Blätter raschelten im Wind. Ich hatte keine Ahnung, wann und wo ich jemals Bäume gesehen hatte, doch da waren sie nun einmal. Ich fühlte, wie alle Sorgen von mir abfielen, als ich mir dieses Bild vorstellte. Ich fühlte nur das sanfte Wiegen der Äste im Wind, sonst nichts: Es gab keinen Laut, es gab kein Licht, es gab nur mich. Meine Hände wurden ruhiger, meine Atmung verlangsamte sich, und ich sah nur noch die Tür vor mir. Selbst Happlings Leichnam, der ausgestreckt in meiner Nähe lag, nahm ich nicht mehr wahr,

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