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Somers, Jeff - Avery Cates 02 - Die digitale Seuche

Somers, Jeff - Avery Cates 02 - Die digitale Seuche

Titel: Somers, Jeff - Avery Cates 02 - Die digitale Seuche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Somers
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hast du recht«, pflichtete ihm Sanjay bei. Dann endlich hatte Vaideeki seinen Fuß von meinem Handgelenk genommen, und der Schmerz brannte sich nun tief in den Muskel, bis in den Knochen hinein. Die Stimmen verklangen, während die beiden durch das Cockpit kletterten und gleich darauf nach draußen in den Schnee traten. Jetzt zitterte ich wirklich am ganzen Leib. Doch ich hielt die Augen geöffnet und starrte nach wie vor unverwandt die Decke an, während die Tränen mir über das Gesicht rannen und in meinem Haar versickerten. Ich blieb so still liegen, wie ich nur konnte, bis ich hörte, wie die Verdränger aktiviert wurden und tosend zum Leben erwachten. Der Lärm zerriss mir fast das Trommelfell, und der ganze Schweber geriet ins Schwanken, als die beiden Cops endlich abhoben. Ich setzte mich auf und wimmerte leise vor mich hin, bewegte krampfartig jeden Muskel meines Körpers, wischte mir mit dem Ärmel über die tränenden Augen. Einen Augenblick lang saß ich einfach nur da und streckte mich. Schließlich kam ich langsam wieder auf die Beine und kletterte ins Cockpit zurück. Erneut überprüfte ich den Transmitter, stellte ihn auf unsere Frequenzen ein, doch auf jeder einzelnen hörte ich nur totes, leeres Rauschen.
    Ich sprang in den Schnee hinaus und wandte mich nach Süden. Na ja, dachte ich, das ist immer noch nicht der schlimmste Tag, den ich jemals erlebt habe. Verdammt, ich war schon einmal gestorben! Es war gar nicht so lange her, da hatte ich in einem Sarg gelegen, den einer dieser verfluchten Mönche durch die Gegend gewuchtet hatte. Die Stadt in der Ferne schimmerte matt im schneeumwirbelten Licht. Ich verstaute mein Messer wieder im Stiefel, zog den Mantel dichter um mich und machte mich auf den Weg.

VII
    Tag vier:
    mir verschaffte es auf jeden Fall
    ein angenehm-warmes Gefühl in der
    Magengegend
     
     
    Aus unerfindlichen Gründen war ich fast schon wieder so etwas wie energiegeladen, als ich auf das Flussufer zuhielt und dort eines der zahllosen Skiffs mietete: Für einhundert Yen konnte man nach Downtown kommen, ohne sich mit den Checkpoints des SSD oder irgendwelchen aufrechten Bürgern herumschlagen zu müssen, die jenseits der Twenty-third Street wohnten. Das kleine Boot war kaum in der Lage, uns zu tragen. ›Uns‹ bedeutete: mich und dazu zwei dürre dunkelhäutige Mädchen, die geradezu meisterlich mit ihren Rudern umgingen. Immer wieder schwappte das Wasser über die Bordwand und durchweichte meine Hose. Das Wasser roch überwältigend nach Fisch, wahrscheinlich weil bloß die Verrücktesten der Verrückten etwas aßen, was aus diesem vergifteten Fluss kam – und das auch nur ein einziges Mal. Keine der beiden Dürren sagte auch nur ein einziges Wort, sie starrten mich nur an, während sie sich abmühten. Das ganze Boot fühlte sich widerlich an, eigenartig glitschig, als könne uns die Trockenfäule das Ding jeden Moment unter unserem Hintern wegfressen.
    Ich starrte meinerseits die beiden Mädchen an, und wieder musste ich an Glee denken. Ich hätte irgendetwas tun müssen! Ich hätte alles tun müssen, was erforderlich gewesen wäre, hätte jeden Einzelnen von diesen Dreckskerlen dort umbringen sollen, hätte das ganze Gebäude in Trümmer reißen müssen – ich hätte sie unbedingt da rausholen müssen! Immer wenn ich an die Kleine dachte, schmerzte mein ganzer Körper, und doch kehrten meine Gedanken immer und immer wieder zu ihr zurück – und zu dem Geräusch berstenden Glases.
    Nach weniger als zwanzig Minuten hatten wir das alte Stadion erreicht. Ich war mittlerweile durchnässt und zitierte und war äußerst schlechter Laune. Mit dem Bau des alten Stadions hatte man schon vor der Vereinigung begonnen – damals, als die Welt noch in verschiedene Nationen aufgeteilt gewesen war –, und dann halte man es nie beendet. Unverändert stand es dicht am Flussufer, eine gewaltige Betonschüssel, an deren Außenfassade ein einzelnes riesiges ›Y‹ angebracht war; ein rostiger Bolzen hielt es fest. Das Stadion war ein wahres Paradies für Hausbesetzer. Immer gab es dort ein fast unveränderlich großes Lager von Taschendieben, Snuff Gangs und anderem auserlesenem Abschaum. Sie hatten sich zusammengefunden, um einander gegenseitig Schutz zu bieten. Das waren nicht die ›Hartgesottenen‹ des Systems; das waren die Leute, die noch mehr als die meisten am Hungertuch nagten – Leute, die nur durchkamen, weil sie ständig außer Sichtweite blieben und das Tageslicht mieden.
    Wir

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