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Somers, Jeff - Avery Cates 02 - Die digitale Seuche

Somers, Jeff - Avery Cates 02 - Die digitale Seuche

Titel: Somers, Jeff - Avery Cates 02 - Die digitale Seuche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Somers
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paar fröhlichere Gestalten Sie wieder aufmuntern.«
    Ich nickte, und so gingen wir nach Westen, umrundeten dabei das Stadion. Hier hielten sich nie allzu viele Gestalten auf, von den Hausbesetzern abgesehen, aber heute erschien es mir hier erschreckend menschenleer. Selbst in dieser gottverlassenen Gegend gab es doch immer ein paar Penner, den einen oder anderen Taschendieb, die es auf einen abgesehen haben, oder ein paar Erweiterungs-Junkies, die einen schon über weitere Entfernungen hinweg einzuschüchtern suchten. Während wir hier einen Häuserblock nach dem anderen hinter uns ließen, sah ich fast überhaupt niemanden. Überall gab es nur kleine glitschige, ölige Pfützen, die der schmelzende Schnee hinterlassen hatte. Auf allen schimmerten zahllose Öl-Regenbögen.
    Ich wartete ein paar Minuten und kam mir dabei wie ein Feigling vor. »Wie ist sie gestorben?«, brachte ich schließlich heraus; mein Herz hämmerte, meine Kehle schien mir wie geschwollen.
    Er zuckte mit den Schultern. »An irgendwas, das wohl gerade grassiert. Ziemlich viele Leute bei ›Pick’s‹ haben sich das eingefangen. Ziemlich üble Sache, das.« Grimmig starrte ich weiter geradeaus. Doch ich bemerkte, dass mein Begleiter mich aus dem Augenwinkel nervös anschaute, während wir weitergingen. »Ohm, Boss … sie ist ziemlich schnell gestorben. Als sie reingekommen ist, hat sie ausgesehen wie ’ne Ratte, die man gerade frisch aus dem Wasser gezogen hat. Sie hat uns noch erzählt, wie diese Kerle Sie Uptown eingesackt haben, und da ging es ihr schon ziemlich dreckig. So ist das eine oder zwei Stunden lang geblieben, und dann wurde es … noch schlimmer.« Er schüttelte den Kopf. »Ganz übel.« Ich bemerkte, dass er mich erneut anschaute. »Wissen Sie, Boss, vielleicht wollen Sie sich die doch nicht noch mal anschauen. Vielleicht sollten Sie nicht mal zu ›Pick’s‹ gehen, wo da doch dieses Zeug gerade umgeht. ’Ne ganze Menge Leute aus der Ecke sind schon krank geworden. Ich hab schon gedacht, mir selbst ging’s auch schon schlecht, aber jetzt fühl ich mich wieder okay.« Er grinste. »’S braucht schon ’n bisschen mehr als so ’n Zeug, um den alten Jabali zu erledigen. Jabali ist stark.«
    Ich dachte an Glee, sah sie vor mir in diesem Restaurant. Sie hatte ein wenig kränklich gewirkt, als hätte sie Fieber. Was zum Teufel brachte einen denn innerhalb eines einzigen Tages um? Ich versuchte mich daran zu erinnern, wann mir zum ersten Mal dieser Husten aufgefallen war – war das einen Tag vorher gewesen? Gleich nachdem wir aus Newark zurückgekommen waren. Ich hob die Hand und betastete die Schwellung an meinem Hals, die immer noch nicht verheilen wollte.
    Den Rest des Weges legten wir schweigend zurück. Als wir uns schließlich ›Pick’s‹ näherten, sahen die Straßen schon fast wieder normal aus: Unzufrieden schoben sich die üblichen Menschenmengen durch die Straßenschluchten, und über allem hing der vertraute Schweißgeruch. Die Vids auf ihren hohen Masten, an denen wir vorbeikamen, zeigten uns – ohne Ton -die neuesten Nachrichten: In Tokio hatte man eine spontane Friedensdemonstration veranstaltet, um den dreißigsten Jahrestag der Vereinigung zu begehen. Dazu gab es Bilder lächelnder Japaner, die Schilder hochhielten und dabei sangen. Mir verschaffte es auf jeden Fall ein angenehm-warmes Gefühl in der Magengegend. Dann war eine gut aussehende Brünette zu sehen, die entschieden zu fröhlich lächelte, als sie uns -immer noch ohne Ton – informierte, nach einem Erdrutsch in den Slums von New Delhi seien vermutlich 55 000 Menschen ums Leben gekommen. In einer Ecke des Videoschirms sah man schreiende Leute, dazwischen immer wieder Aufnahmen irgendeines trotteligen Unterstaatssekretärs, der eine Rede hielt und dabei ziemlich ausladend mit den Armen wedelte.
    Einige Schritte lang beobachtete ich nur nachdenklich die Menschenmenge, dieser Lebenssaft des Systems, der mehr und mehr verdarb. Ein Stück weiter den Häuserblock hinauf herrschte erkennbar Unruhe: ein plötzliches Menschengewirr, das mir sofort ins Auge fiel. Ich stellte mich ein wenig breitbeiniger, sorgte dafür, dass mir der Mantel nicht im Weg war, und schaute zu, wie sich eine schmale Gasse zwischen den dicht gedrängten Menschen bildete: Jemandem wurde hier reichlich Platz gelassen. Ich starrte ihn nur an, als er näher und näher kam. Selbst ohne die blauschwarzen Flecken auf den Armen und im Gesicht hätte ein einziger Blick ausgereicht, um zu

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