Somers, Jeff - Avery Cates 02 - Die digitale Seuche

Bendix nur an. Mit einem Mal herrschte in der Kabine beinahe völlige Stille.
    »Er hat Sie abserviert«, fuhr Bendix fort und drehte das Klemmbrett in der Hand wieder. »Also hören Sie mit dem Gejammer auf! Im Gegensatz zu Mr Gates hier brauche ich Sie nämlich nicht.«
    »Hat man Ihnen erklärt, dass Sie ein toter Mann sind? Dass Sie schon jetzt langsam vor sich hinsterben?«, fragte ich und lächelte.
    Bendix erwiderte das Lächeln. »Ja, Mr Gates. Ich bin mir der Risiken bewusst, die damit einhergehen, mit Ihnen in Kontakt zu treten. Im Gegensatz zu diesen beiden Drecksgestalten hier habe ich jedoch nicht die Absicht, Sie zu entführen, um mir auf diese jämmerliche Weise noch ein paar Tage mehr Lebenszeit zu verschaffen. Ich bin durchaus gewillt, mich selbst zum Wohle des Systems der Konföderierten Nationen zu opfern.«
    »Ach du heilige Scheiße«, murmelte Happling. Ruckartig wandte Bendix ihm den Blick zu, und dann schrie Happling plötzlich. Sein ganzer Körper bäumte sich gegen die Fesseln auf. Unruhig rutschten die Sturmtruppen in ihren Sitzen hin und her und schauten ihn an.
    »Meine Ausbildung«, erklärte Bendix langsam, »war sehr gründlich, Mr Happling. Ich kann Ihnen jeden Knochen einzeln brechen, ohne Sie auch nur zu berühren. Also seien Sie bitte still!«
    Dann wandte der Psioniker sich mir zu, während Happling mir gegenüber immer noch zitterte und zu ersticken drohte.
    »Mr Cates, ich bringe Sie wieder zurück, damit man Sie sezieren und analysieren kann. Auf diese Weise sollten wir in der Lage sein, dieses kleine Problem endlich zu lösen und zu vergessen. Wahrscheinlich werden Sie diese Prozedur nicht überleben. Ich weiß, dass Ihnen Director Marin in Anerkennung der für ihn geleisteten Dienste eine Art Amnestie versprochen hat. Aber im Zuge der Mönchs-Ausschreitungen wurde im System der Notstand ausgerufen, und damit steht es Unterstaatssekretären gänzlich frei, Sie zu Staatseigentum zu erklären.«
    Ich nickte. »Wir werden ja sehen, wie patriotisch du in ein paar Tagen sein wirst, Jungchen.«
    Bendix lächelte, und seine Miene verzog sich, als durchzuckten ihn verschiedene widerstreitende Emotionen. Hinter ihm sah ich Happlings Gesicht. Es hatte jetzt eine bläulich-rote Farbe angenommen, die alles andere als gesund sein konnte. Das musste ich der Regierung schon lassen: Wie sie ihre Telekinetiker auszubilden hatte, wusste sie offensichtlich durchaus.
    »Ich glaube, dass Sie vor mir sterben werden«, sagte Bendix, klemmte sich seine Schreibunterlage unter den Arm und wandte sich ab. »Im Augenblick stellt New York kein sicheres Gebiet dar«, setzte er noch hinzu, während er davonstapfte. »Sobald wir erst einmal gestartet sind, werden wir Washington ansteuern. Dort wurde bereits ein Team zusammengestellt, das Sie untersuchen wird, Mr Cates. Jetzt wissen Sie also, das keine wie auch immer gearteten Reste Ihrer ›Organisation‹ für irgendwelchen Scheiß zur Verfügung stehen werden.«
    Ich schaute zu, wie er die Kabine verließ. Die Luke öffnete sich, als er näher trat, und schloss sich hinter ihm sofort wieder. Angeber!, dachte ich. Happling sackte vornüber und sog erschreckend lange einfach nur Luft in die Lunge. Währenddessen wurde seine Gesichtsfarbe allmählich wieder etwas normaler.
    »Wir müssen versuchen, diesen Schweber unter unsere Kontrolle zu bringen«, grimassierte ich zu ihm hinüber.
    Verzweifelt rang der riesenhafte Kerl weiter nach Luft; sein muskulöser Brustkorb bebte. »Sind Sie völlig verrückt geworden?«, keuchte er. »Wir sind gefesselt. Entwaffnet. Umzingelt. Von Sturmtruppen. Und dazu gehört auch noch ein gottverdammter … Spook!«
    »Und wenn wir mit diesem Schweber in Washington landen, sind wir tot. Scheiße, Sie werden wahrscheinlich schon irgendwo über dem Atlantik abkratzen. Ich kann mir nicht einmal vorstellen, warum Sie jetzt noch am Leben sind.«
    Mit rauer, undeutlicher Stimme ergriff Hense das Wort. »Weil wir vom SSD umgeben sind, und selbst ein Vollidiot wie dieser Bendix hat Angst, vor deren Augen kaltblütig zwei Cops zu erschießen.«
    Mir zuckte die Erinnerung an ein altes Vid durchs Gedächtnis: Damals war angekündigt worden, die Zivilregierung wolle wieder ein neues Militär auf die Beine stellen. Ganz plötzlich hatte ich das Gefühl, das alles ergebe tatsächlich Sinn. Jede Abteilung der Regierung musste in der Lage sein, notfalls Mitglieder der anderen Abteilungen umzubringen. So wurden die Dinge nun einmal