Sommer der Liebe
und schuldbewusst. »Aber ich bin so froh, euch zu sehen. Ich will unbedingt hören, wie es gestern bei dem Treffen mit den Leuten vom Verlag war. Und Sian! Dein armer Knöchel! Tut es sehr weh?«
Fiona wirkte etwas außer Atem. Vermutlich machte sie der Anblick ihres Sohnes nervös, der auf eine leicht bedrohliche Weise mit einem Pfannenwender herumfuchtelte.
Sian amüsierte sich zwar darüber, fühlte sich jedoch auch hilflos und gab sich alle Mühe, so zu tun, als wäre es völlig normal, dass Fiona nachmittags in ihrer Küche stand und aussah, als käme sie gerade aus dem Bett. Schließlich war es ihre Sache und ging niemanden etwas an. »Wenn ich den Fuß nicht belaste, ist es auszuhalten. Ich glaube nicht, dass es etwas Ernstes ist«, erklärte Sian.
»Was habt ihr beide denn gemacht? Das Haus wirkte wie ausgestorben, als wir ankamen«, fragte Gus misstrauisch.
»Wir waren oben …«, antwortete Fiona vage.
»Ich habe Ihrer Mutter geholfen, etwas in ihrem Schlafzimmer zu erledigen«, behauptete James ruhig und offenbar ohne einen Anflug von schlechtem Gewissen.
Sian schluckte und dachte fieberhaft darüber nach, wie sie ihrer Freundin helfen konnte. »Toll!«, sagte sie schnell. »Dieses kaputte Scharnier am Kleiderschrank! Jetzt erinnere ich mich wieder, dass du mir davon erzählt hast. Du konntest es nicht selbst reparieren ohne eine Leiter oder einen großen Mann.«
»Du hättest mich fragen können, Mum. Ich hätte das für dich erledigt«, brummte Gus und wendete wütend den Schinken in der Pfanne.
»Ich schätze, das hat sie, Gus«, meinte Sian. »Aber du hast es vermutlich vergessen.«
Fionas Augen funkelten amüsiert, während sie ihr Lächeln hinter ihrer Hand versteckte. »Das stimmt. Männer, nicht wahr? Wofür sind sie bloß gut?«
»Entschuldigung«, meinte James und wirkte verletzt, »ich habe mir wirklich Mühe gegeben, um dieses kaputte … äh, Dings …«
»Scharnier«, ergänzte Sian.
»Ich kann mich wirklich nicht erinnern, dass du es erwähnt hast, Mum.« Gus hielt jetzt ein Brotmesser in der Hand, und während er nach einem Schneidebrett suchte, sah er ein bisschen gefährlich aus.
»James hat es ja jetzt erledigt«, sagte Fiona, »also musst du dir deswegen keine Sorgen mehr machen. Und jetzt erzähl mir endlich, wie es in London war! Ich habe auf heißen Kohlen gesessen. Wenn James nicht gekommen wäre …« Sie brach plötzlich ab.
»… um das Scharnier zu reparieren und dir zu helfen, auf Rory aufzupassen«, beendete Sian den Satz für sie und kam sich langsam vor wie eine Souffleuse in einem Laientheaterstück.
»Ach, komm schon! Es ist wirklich nicht so schwer, auf Rory aufzupassen!«, meinte Gus und steckte das Brot in den Toaster.
»Nein, ist es nicht«, stimmte Rory zu und brachte sich wieder in Erinnerung.
»Natürlich nicht, Schatz«, sagte Sian. »Aber es ist schön, Gesellschaft zu haben, nicht wahr?« Sie hätte fast laut gelacht. Es war so wunderbar ironisch, dass Gus genauso mit James umging wie ihr Vater mit ihm: so feindselig, wie er konnte, ohne unhöflich zu sein.
Gus deutete auf den Tisch. »Warum setzt du dich nicht. Ich koche Tee. Sie auch, James«, fügte er widerwillig hinzu.
Sie zogen die Stühle zurück und setzten sich. Dabei warf Fiona immer wieder nervöse Blicke zur Tür. Wahrscheinlich dachte sie darüber nach, wie sie ihr Schlafzimmer, von Gus unbemerkt, in Ordnung bringen konnte.
»Und, Rory«, fragte Sian, während sie weiter darüber nachdachte, wie sie ihrer Freundin helfen konnte, »hast du mich vermisst?«
»Nö«, sagte er.
»Wir haben Schach gespielt«, erzählte James. »Das hat Spaß gemacht, nicht wahr, Rory?«
»Ja. Ich mag die Springer am liebsten«, erzählte der Junge begeistert.
»Ich auch, weil sie wie Pferde aussehen«, erklärte Sian.
»Das hat Fona auch gesagt«, meinte Rory.
»Ach, Fiona«, unterbrach ihn Sian, weil sie einen Geistesblitz hatte, »wärst du wohl so lieb und leihst mir eine Strickjacke? Mir ist ein bisschen kalt.«
»Dir kann gar nicht kalt sein«, sagte Gus, »es ist doch sehr warm hier in der Küche.«
»Ja, aber aus irgendeinem Grund friere ich«, erwiderte Sian und wünschte, ihr wäre etwas Besseres eingefallen. »Vielleicht hat es was mit meiner Verletzung zu tun.«
»Ich hole dir einen Pullover«, antwortete Gus und lief zur Tür.
»Nein!«, rief Sian. »Kümmer du dich um das Essen. Es geht schon.«
»Ach was!«, sagte Gus hin- und hergerissen. »Ich kann doch schnell nach oben
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