Sommer der Liebe
traumatisiert«, meinte Gus schmunzelnd, während er Sian weiter stützte.
»Nein. Wie es wohl für ihn sein wird? Ganz anders jedenfalls. Ich meine, er ist es gewohnt, einen Großvater zu haben, aber die ganze Zeit mit einem Mann zusammenzuleben könnte schwierig werden.« Sie zögerte. »Einer der Gründe, warum ich niemals eine Beziehung in Erwägung gezogen habe, ist, dass ich mir einfach keinen Stiefvater für Rory vorstellen konnte.«
»Richard hast du in Erwägung gezogen«, erinnerte Gus sie.
Sie nickte. »Ich habe es versucht. Ich meine, ich habe darüber nachgedacht. Er schien eine gute Lösung für ein Problem zu sein, doch am Ende …«
»Ich kenne das Ende. Und ich bin sehr glücklich darüber.« Gus küsste sie aufs Haar. »Können wir ein bisschen schneller gehen? Rory wartet schon am Tor.«
Sian war erleichtert, dass sie beide Richard so leicht hinter sich lassen konnten, selbst wenn sie bei dem Gedanken an ihr letztes Treffen mit ihm immer noch ein schlechtes Gewissen überfiel. Aber Richard würde es viel besser gehen mit einer Frau, die ihn wirklich liebte. Sie schmiegte sich ein bisschen enger an Gus.
Als seine Eltern endlich zu ihm stießen, hatte Rory noch eine Frage. »Wenn James noch da ist, können wir dann noch mal Schach spielen?«
»James? Mums Freund? War er gestern Abend denn da?« Gus runzelte die Stirn, während er ihnen beiden ins Auto half.
»Ja. James ist nett. Er hat mir ein Buch mit kleinen Briefen geschenkt und mir das Schachspielen beigebracht. Ich habe Miss Evans erzählt, dass ich Schach kann, und sie meinte, ich wäre der einzige Junge in der ersten Klasse, der das kann!«
»Da bin ich sicher«, sagte Sian und war stolz auf ihren Sohn.
Gus machte ein finsteres Gesicht, und Sian wurde klar, dass ihm der Gedanke, dass Fiona einen Freund hatte, der über Nacht geblieben war, nicht sonderlich behagte. Sian fühlte sich schuldig, weil sie so sehr mit ihren eigenen Problemen beschäftigt gewesen war, dass sie gar nicht mehr an Fionas Liebesleben gedacht hatte. War da etwas erblüht, während sie mit ihrem Melodrama beschäftigt gewesen war? Je länger Sian darüber nachdachte, desto mehr fand sie, dass es wundervoll wäre, wenn Fiona einen netten Mann gefunden hätte. Und sie mochte James sehr.
»Vielleicht ist er ja nicht über Nacht geblieben«, sagte sie diplomatisch. »Er ist bestimmt erst gefahren, als Rory schon im Bett lag.«
»Nee, er ist geblieben«, widersprach Rory, der leider ein sehr gutes Gehör hatte. »Er war beim Frühstück noch da.«
»Okay«, sagte Gus und lenkte den Wagen nach Hause.
Obwohl die Hintertür nicht abgeschlossen war und zwei Autos in der Einfahrt standen, wirkte das Haus leer. Sian hielt Gus davon ab, oben nach seiner Mutter zu suchen, indem sie ihn bat, Rory etwas zu essen zuzubereiten. Sie wusste, dass Fiona nichts dagegen haben würde, und es lenkte Gus ab.
»Okay«, sagte Gus. »Rory, Sian, setzt euch, ich sehe mal, was ich finden kann.«
»Es sind noch Plätzchen da«, meinte Rory. »In der Dose da vorn.« Er deutete auf einen der Küchenschränke.
»Vielleicht sollten wir zuerst etwas Gesünderes essen?«, schlug Sian vor. »Und danach Plätzchen?«
»Ja, Kumpel«, stimmte Gus ihr zu und warf einen Blick in den Kühlschrank. »Wie wäre es mit einem Monster-Sandwich mit drei Lagen? Einem meiner Spezial-SSTs?«
Rory runzelte die Stirn. Offenbar wusste er nicht, was ein SST war, und traute sich nicht, sein Unwissen einzugestehen.
Sian half ihm. »Sind denn noch Schinken, Salat und Tomate im Kühlschrank, Gus?«
»Hast du je erlebt, dass meine Mutter einmal kein komplettes Supermarktsortiment im Haus gehabt hätte?«, fragte er zurück.
»Wenn das so ist, kann ich dann auch ein Spezial-SST bekommen?«
Der Schinken brutzelte bereits in der Pfanne, und Sian schnitt das Brot, um es zu toasten, als sie Fiona lachen hörten, gefolgt von einer männlichen Stimme. Eine Sekunde später erschien sie in der Küche und sah mit ihrer falsch zugeknöpften Strickjacke ausgesprochen unordentlich aus. Hinter ihr kam James herein, der eine Hose und ein ziemlich weit aufgeknöpftes Hemd trug.
»Oh, hallo!«, rief Sian schnell und bemerkte, dass Fiona trotz ihrer nachlässigen Kleidung unglaublich gut aussah, so als wäre sie eben bei der Kosmetikerin gewesen. »Wir plündern gerade den Kühlschrank, fürchte ich. Gus macht Rory und mir Sandwiches.«
»Wir sind runtergekommen – wir wollten Tee trinken«, sagte Fiona und klang kleinlaut
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