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Sommer der Nacht

Titel: Sommer der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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Cooke. Das feiste Gesicht der Frau war braungebrannt und so runzlig, daß Dale an Mikes Fängerhandschuh denken mußte. Ihre Augen hatten dasselbe graue, verwaschene, hoffnungslose Aussehen, das er von seiner Klassenkameradin Cordie kannte.
    »Terence?« flüsterte Jim Harlen und schnitt eine Grimasse.
    »Ja, Ma'am«, sagte Barney, der immer noch zwischen der dicken Frau und Rektor und Lehrerin stand. »Das weiß Dr. Roon. Aber sie sind sicher, daß er die Schule verlassen hat. Wir müssen herausfinden, wohin er nach der Schule gegangen ist.«
    »Unsinn!« schrie Mrs. Cooke. »Meine Cordelia sagt, sie hat nicht gesehen, daß er über den Schulhof gegangen wäre ... und mein Te-rence hätte die Schule sowieso ohne Erlaubnis nich' verlassen. Er ist ein guter Junge. Wenn er's hätte, hätt' ich ihm 'n Hintern bis auf die Knochen versohlt.«
    »Aber Mrs. Cooke«, begann der kleine, kahle, gemeine Friedensrichter, »wir wissen alle, daß Tubby ... äh ... Terence seine kleine Teufeleien an sich hatte und ...«
    Mrs. Cooke stürzte sich auf den kleinen Mann. »Halten Sie den Mund, j. P. Congden. Alle wissen, daß ihr junge C. J. das gemeinste kleine Arschloch ist, das je ein Klappmesser gehabt hat. Erzählen Sie mir nichts von den Teufeleien meines kleinen Terence.« Sie sah wieder zu dem mageren Constable, den jeder in der Stadt Barney nannte, und deutete mit einem Wurstfinger auf Dr. Roon und Old DoubleButt. »Constable, diese Leute haben was zu verheimlichen.«
    Barney machte eine Geste mit beiden Händen, Handflächen nach außen. »Aber, aber, Mrs. Cooke. Sie wissen, sie haben überall gesucht. Mrs. Doubbet hat gesehen, wie Terence an dem Nachmittag die Schule verlassen hat, bevor die Kinder nach Hause geschickt wurden ... «
    »Und ich sag', daß das dummes Zeug ist!« schrie Cordies Mutter. Cordie selbst blickte über die Schulter, sah die Gruppe und maß sie mit einem leeren Blick.
    Mrs. Doubbet schien aus ihrer Benommenheit zu erwachen. »Niemand spricht so mit mir. Ich bin seit fast vier Jahrzehnten Erzieherin in diesem Bezirk, und ich ... «
    »Mir scheißegal, wie lange Sie unterrichten ...«, erwiderte Mrs. Cooke.
    »Ma, sie lügt!« weinte Cordie und zupfte am formlosen Kleid ihrer Mutter. »Ich hab' zum Fenster rausgeschaut und Tubby nirgendwo gesehen. Old Double-Butt hat nich' mal hingesehen.«
    »Einen Augenblick mal, junge Dame«, begann Dr. Roon. Seine langen Finger spielten mit der Uhrkette auf der Weste. »Wir sehen ein, daß dich die ... äh ... vorübergehende Abwesenheit deines Bruders aus der Fassung gebracht hat, aber wir können nicht dulden, daß ... «
    »Sagen Sie mir, wo mein junge ist!« schrie Mrs. Cooke, die sich gegen den Friedensrichter drängte, als wollte sie versuchen, die kleinen, dicken Hände an den Rektor zu legen.
    »He! He!« rief j. P. Congden und wich einen Schritt zurück.
    Barney trat zwischen die beiden, sagte hastig und ernst etwas zu Cordies Mutter, das die Kinder nicht hören konnten, und dann leise etwas zu Dr. Roon.
    »Ich stimme zu, daß wir die Unterhaltung nicht unter dem ... äh ... Blick der Öffentlichkeit fortsetzen sollten«, sagte Dr. Roon mit Grabesstimme.
    Barney nickte, sagte noch etwas, dann betrat die Gruppe Old Central. Cordie sah einmal über die Schulter zu Dale und den anderen, aber jetzt drückte ihr Gesicht keine Feindseligkeit mehr aus ... nur Traurigkeit und etwas, das Angst gewesen sein könnte.
    »Es wäre besser, wenn ... äh ... Mr. Cooke sich noch zu uns gesellen könnte«, sagte Dr. Roon noch, als sie gerade hineingingen.
    »Dem geht es schon die ganze Woche nicht so gut«, sagte Cor-dies Mutter mit müder, monotoner Stimme.
    »Er ist schon die ganze Woche betrunken wie eine Müllhaldenratte«, sagte Jim Harlen - eine passable Nachahmung von Mrs. Cookes Okie-Slang. Harlen blinzelte zur Sonne und dem jetzt verlassenen Parkplatz. »Scheiße, es wird spät, und ich hab' Mom versprochen, daß ich den Rasen mähe. Ich glaube, der Spaß hier ist sowieso vorbei.«
    Lawrence schob die Brille auf der Nase hoch. »Was meint ihr, wohin Tubby gegangen ist?«
    Harlen beugte sich über den Drittkläßler, verzog das Gesicht zu einer gräßlichen Fratze, hob die Hände und krümmte die Finger wie Krallen. »Etwas hat ihn geholt, Bengel. Und heute nacht holt es dich !« Er beugte sich noch näher, Speichel troff ihm aufs Kinn.
    »Hör auf«, sagte Dale und trat zwischen Harlen und seinen Bruder.
    »Hör auf«, parierte Harlen in schrillem Falsett. »Mach

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