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Sommer der Nacht

Titel: Sommer der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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Jazz -, aber am liebsten hörte er Anrufsendungen, wo geduldige, unsichtbare Moderatoren darauf warteten, daß anonyme Zuhörer anriefen und ihre genuschelten, aber von Herzen kommenden Kommentare loswurden.
    Manchmal stellte sich Duane vor, er wäre das einzige Besatzungsmitglied eines fliehenden überlichtschnellen Raumschiffs, Lichtjahre von der Erde entfernt, ohne Möglichkeit zu wenden, dazu verdammt, niemals zurückzukehren, sogar außerstande, sein Ziel zu Lebzeiten zu erreichen, aber noch mit dieser expandierenden Sphäre elektromagnetischer Strahlung in Kontakt - so schwebte er nun durch zwiebelähnliche Schichten alter Rundfunksendungen, reiste in der Zeit rückwärts, während er im Raum vorwärts reiste, lauschte Stimmen, deren Besitzer schon lange gestorben waren, reiste zu Marconi zurück und dann Stille.
    Jemand flüsterte seinen Namen.
    Duane richtete sich in der Dunkelheit auf und stellte fest, daß er den Kopfhörer noch auf hatte. Er hatte das neue Gerät von Heath ausprobiert, bevor er eingeschlafen war.
    Die Stimme ertönte wieder. Sie war wahrscheinlich weiblich, schien aber seltsam geschlechtslos zu sein. Der Ton klang aufgrund der Entfernung dünn, war aber so klar wie die Sterne, die er um Mitternacht gesehen hatte, als er von der Scheune hereingekommen war.
    Sie ... es ... rief seinen Namen.
    »Duane ... Duane ... wir kommen dich holen, Lieber.«
    Duane setzte sich im Bett auf und hielt den Kopfhörer fester auf die Ohren. Die Stimme schien nicht aus den Kopfhörern zu kommen. Sie schien unter dem Bett hervorzukommen, aus der Dunkelheit über den Heizungsrohren, aus den Schlackewänden.
    »Wir werden kommen, Duane, Lieber. Wir kommen bald.«
    Niemand nannte Duane >Lieber<. Nicht einmal im Spaß. Er hatte keine Ahnung, ob seine Mutter ihn so genannt hatte, als sie noch lebte. Duane strich mit der Hand am Kabel des Kopfhörers entlang und kam zum kalten Stecker, den er herausgezogen hatte, als er den Radio abschaltete.
    »Wir kommen bald, Duane, Lieber«, flüsterte ihm die Stimme drängend ins Ohr. »Warte auf uns, Lieber.
    « Duane beugte sich in die Dunkelheit, tastete nach dem hängenden Kabel und schaltete das Licht an.
    Der Kopfhörer war nicht eingesteckt. Das Radio war ausgeschaltet. Keiner seiner Rundfunkempfänger war an. »Warte auf uns, Lieber.«

5
    Dale roch den Tod, bevor er ihn sah.
    Es war Freitag, der dritte Juni, der zweite Tag der Sommerferien, und die ganze Bande hatte seit dem Frühstück Ball gespielt - am frühen Nachmittag waren sie alle mit Staub verkrustet, den ihr Schweiß zu Schlamm machte -, als Dale den Tod roch, der näher kam.
    »Herrgott!« rief Jim Harlen, der zwischen dem ersten und zweiten Base stand. »Was ist denn das?«
    Dale wollte gerade aufs Schlagmal steigen, um zu schlagen, aber nun wich er zurück und deutete mit dem Finger.
    Der Geruch kam von Osten, der Wind wehte ihn den Feldweg entlang, der das städtische Spielfeld mit der First Avenue verband. Es war der Geruch des Todes - Verwesung, der Gestank eines Kadavers auf der Straße, die zum Bersten aufgeblähten Gase von Bakterien, die in toten Mägen wirkten - und er kam näher.
    »Oh, igitt«, sagte Donna Lou Perry vom Werferhügel. Sie hielt den Ball in der rechten Hand, hob den Baseballhandschuh vor Mund und Nase und drehte sich in die Richtung, in die Dale deutete.
    Der Laster der Abdeckerei bog langsam von der First Avenue ab und rollte die hundert Meter Feldweg auf sie zu. Das Führerhaus des Lasters war schorfig rot, die Pritsche mit soliden Holzbrettern verkleidet. Dale konnte vier Beine sehen, die senkrecht in die Höhe standen - eine Kuh möglicherweise, oder ein Pferd, auf die Entfernung war das schwer zu sagen -, der Kadaver war offensichtlich zusammen mit anderen hineingeworfen worden, und die Hufe deuteten himmelwärts wie die Karikatur eines toten Tieres.
    Dies war keine Karikatur.
    »Ooo, aufhören«, sagte Mike auf der Fängerposition hinter dem Schlagmal. Er hielt das T-Shirt vor Mund und Nase, als der Gestank näher kam.
    Dale wich noch einen Schritt vom Schlagmal zurück, Tränen traten ihm in die Augen, sein Magen drehte sich um. Der Abdeckereilaster kam zum Ende des Feldwegs und fuhr auf den Grasplatz hinter der offenen Tribüne rechts von ihnen. Die Luft schien um sie herum zu gerinnen, als sich der Verwesungsgestank wie eine Hand über Dales Gesicht legte.
    Kevin kam vom dritten Base herübergelaufen. »Ist das Van Syke?«
    Lawrence kam von der Bank und stellte sich neben

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