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Sommer der Nacht

Titel: Sommer der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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Old Central aus diesem Winkel nicht sehen, wohl aber das Leuchten der einzigen Lampe beim Nordeingang.
    Dale machte die Augen zu, aber sobald er zu schlafen versuchte, sah er Harlen, wie er zwischen zertrümmerten Brettern und anderem Müll in dem Container lag. Er stellte sich vor, wie sich Van Syke und Roon und die anderen im Dunkeln um den Container versammelt hatten, den bewußtlosen Jungen betrachteten und einander mit ihren Rattenzähnen und Spinnenaugen anlächelten.
    Dale wurde wach. Lawrence war eingeschlafen; er hatte Teddy noch im Arm und schnarchte leise. Ein dünner feuchter Fleck war unter seinem Mund auf dem Kissen.
    Dale lag stumm da und atmete kaum. Er ließ Lawrences Hand nicht los.

9
     Duane McBride wachte am Montagmorgen vor Einbruch der Dämmerung auf und dachte sich einen verwirrten Augenblick, daß er seine Arbeit erledigen und dann zum Schulbus am Ende des Weges mußte. Dann fiel ihm ein, daß Montag war - der erste Montag der Sommerferien -und er nie wieder in den Old Central mußte. Eine Last war ihm von den Schultern genommen, und er ging pfeifend nach oben.
    Der Alte hatte ihm einen Zettel hingelegt; er war früh aufgebrochen, weil er sich zum Frühstück mit Freunden im Parkside-Cafe" treffen wollte, würde aber am frühen Nachmittag wieder daheim sein.
    Duane erledigte seine morgendlichen Aufgaben. Als er die Eier im Hühnerhaus suchte, mußte er daran denken, welche Angst er als kleines Kind vor den militanten Hennen gehabt hatte, aber es war eine gute Erinnerung, weil es eine der wenigen war, die er an seine Mutter hatte -auch wenn die Erinnerung nur eine getupfte Schürze und eine gütige Stimme umfaßte.
    Nachdem er zwei Eier, fünf Scheiben Speck, Toast, Bratkartoffeln und einen Schokoladenkrapfen zum Frühstück gegessen hatte, war Duane bereit, wieder nach draußen zu gehen - die Pumpe am Wassertank auf der hinteren Wiese mußte gereinigt werden und brauchte einen neuen Schwengel -, als das Telefon läutete. Es war Dale Stewart. Duane hörte sich die Neuigkeiten über Jim Harlen stumm an. Nachdem Dale einen Augenblick auf eine Antwort gewartet hatte, die nicht kam, fuhr Dale fort und informierte Duane, daß Mike O'Rourke um zehn Uhr heute morgen ein Treffen in seinem Hühnerhaus wollte.
    »Warum nicht in meinem Hühnerhaus?« lautete Duanes Antwort.
    »Weil in deinem Hühnerhaus noch Hühner sind. Außerdem müßten wir alle mit den Rädern zu dir fahren.«
    »Ich habe kein Rad«, sagte Duane. »Ich müßte den ganzen Weg zu Fuß gehen. Was ist mit unserem geheimen Treffpunkt im Wasserrohr?«
    »Die Höhle?« sagte Dale. Duane konnte das Zögern in der Stimme des Elfjährigen hören. Duane war auch nicht besonders scharf darauf, heute zur Höhle zurückzukehren.
    »Okay«, sagte er. »Ich bin um zehn da.« Nachdem Duane aufgelegt hatte, saß er eine Weile in der Küche und dachte an die Arbeiten, die er heute nachmittag doppelt so schnell erledigen mußte. Schließlich zuckte er die Achseln, holte einen Schokoriegel, damit er Energie für den weiten Weg bekam, und ging hinaus. Witt kam ihm mit wedelndem Schwanz im Hof entgegen, und diesmal brachte Duane es nicht übers Herz, den alten Hund zurückzulassen. Heute hatte sich eine hohe Wolkendecke zusammengebraut, die die Hitze ein wenig linderte - die Temperatur lag um die dreißig Grad -, und er dachte, das Training könnte Witt Spaß machen.
    Duane ging ins Haus zurück, stopfte sich die Hosentaschen mit Hundekuchen voll, nahm noch einen Schokoriegel fürs Mittagessen mit, dann gingen die beiden den Weg entlang. Duane dachte nie darüber nach, aber aus der Ferne bildeten die beiden ein seltsame Gespann - Duane mit seinem schlurfenden, schlaksigen Halbwatscheln; Wittgenstein mit seinem arthritischen Hinken, der die Pfoten behutsam aufsetzte wie ein barfüßiger Vierbeiner auf heißem Asphalt und kurzsichtig Dinge betrachtete, die er riechen, aber nicht richtig sehen konnte.
    Der Schatten im Tal zwischen den Hügeln war eine Erleichterung, aber als er den Hang zur Black Tree Tavern erklommen hatte, schwitzte Duane unter dem karierten Flanellhemd. Es parkten schon ein paar Autos dort. Der Laster seines Dad war nicht dabei, aber Duane vermutete, daß das >Frühstück< sich schon vom Parkside-Cafe zu Carl's Tavern in der Stadt verlagert hatte.
    Als Junge und Hund auf der Jubilee College Road nach Westen abgebogen waren, war die Wolkendecke schon aufgebrochen, und der ferne Wasserturm flackerte im Hitzeflimmern. Duane betrachtete die

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