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Sommer des Schweigens: Ich war in der Gewalt dreier Männer. Und ein ganzes Dorf sah zu (German Edition)

Sommer des Schweigens: Ich war in der Gewalt dreier Männer. Und ein ganzes Dorf sah zu (German Edition)

Titel: Sommer des Schweigens: Ich war in der Gewalt dreier Männer. Und ein ganzes Dorf sah zu (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Maria Scarfò
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hat.
    Ich fühle mich vom Glück beschenkt.
    Als ich nach Hause komme, schlafen dort alle.
    Und morgen? Was wird morgen passieren?
    Wie lange schon habe ich nicht mehr an ein Morgen gedacht! Ich schlafe nicht. Auch diese Nacht nicht, aber diesmal ist es anders. Ich bin noch hungrig.
    Ich bleibe regungslos in meinem Bett liegen, bis ich von fern den ersten Hahnenschrei höre.
    Am folgenden Tag wird ein junger Mann in die Kaserne einbestellt, von dem ich erzählt habe, dass Domenico Iannello ihn einmal eingeladen hat, mit uns raus zu dieser Hütte zu fahren, der aber dieses Angebot nicht angenommen hat. Die Carabinieri haben vor, mit dem äußeren Umfeld zu beginnen. Sie befragen ihn, um herauszufinden, ob ich die Wahrheit erzählt habe.
    Und er antwortet: »Anna Maria? … Ja, die kenne ich gut … die ist leicht zu haben, ich meine, die geht doch mit jedem mit, und wenn sie sich in den Kopf setzt, mit jemandem ins Bett zu gehen, dann tut sie das auch. Soviel ich weiß, hat sie sogar mal einen alten Mann belästigt … die taugt nichts. Soviel ich weiß, gehen viele Männer aus San Martino mit Anna Maria Scarfò ins Bett, darunter auch meine Vettern Domenico und Michele Iannello, und Cutrupi … Aber ich betone, das sind nur Gerüchte, was man sich eben so im Dorf erzählt. Ich habe sie nie dabei beobachtet. Sie wollte auch was von mir, aber ich habe mich geekelt. Ich habe sie nie in meinen Wagen steigen lassen.«
    Nach ihm bestellen die Carabinieri einen zweiten Zeugen ein.
    »Die taugt nichts … die ist viel zu vertraulich mit allen … ein freches junges Ding, das im Minirock herumläuft«, erzählt auch der zweite Mann.
    Nun erkennen die Carabinieri, dass ich die Wahrheit gesagt habe.
    Sie haben es begriffen, und sie waren es, die mich gerettet haben. Männer, die mich vor anderen Männern retten. Ich hatte geglaubt, ich würde nie wieder einem Mann vertrauen können. Aber sie sind ganz anders.
    Von da an trage ich in meiner Geldbörse immer das Foto eines Carabiniere bei mir. Ich weiß nicht einmal, ob er wirklich Carabiniere ist, aber die Uniform sieht zumindest echt aus, und davon verstehe ich inzwischen etwas. Ich habe das Bild aus einer Zeitschrift ausgeschnitten. Wenn jemand es sieht, fragt er sofort: »Wer ist das? Dein Verlobter?« Dann antworte ich: »Nein, mein Schutzengel.«
    Das Dorf
    Diesmal sind sie zu dritt. Wieder Frauen. Eine Verlobte, eine Mutter und eine Nichte.
    »Hör auf, diese Gerüchte in die Welt zu setzen.«
    »Was für Gerüchte?«, entgegnet Anna.
    »Dass du mit unseren Männern zusammen bist.«
    »Wer sagt das denn?«
    »Du sagst das, du Lügnerin. Was willst du von ihnen?«
    »Ich erzähle überhaupt nichts, und ich bin mit gar niemandem zusammen.«
    »Du darfst solche Gerüchte nicht mehr in Umlauf bringen.«
    »Ich bringe gar nichts in Umlauf.«
    »Wir schlagen dein Gesicht zu Brei.«

Die Anzeige muss zurückgenommen werden
    Z wei Tage später. Ungefähr vierzig Stunden sind vergangen, und ich kehre in die Kaserne zurück. Aber nicht, weil ich noch mehr erzählen will. Nein.
    Meine Eltern haben herausgefunden, dass ich die angezeigt habe.
    Michele Iannello hat es ihnen erzählt. Wieder der. Wieder die.
    Er ist heute am frühen Nachmittag zu uns nach Hause gekommen.
    »Guten Tag, Signora.«
    Meine Mutter öffnet ihm die Tür.
    »Ist Ihr Mann nicht da?«
    »Nein, er ist bei der Arbeit. Zurzeit hat er als Mechaniker in Cittanova zu tun. Er kommt heute Abend wieder.«
    »Wann?«
    »So gegen sieben oder halb acht. Worum geht es denn, Michele? Du kannst es doch mir sagen.«
    Er bleibt draußen vor der Tür stehen. Seltsamerweise fordert ihn meine Mutter auch nicht auf, hereinzukommen.
    »Signora, Sie müssen besser auf Ihre Tochter Anna Maria aufpassen.«
    Meine Mutter schließt die Tür ein wenig.
    »Sie ist gestern zu den Carabinieri gegangen, um denen irgendwelchen Unsinn zu erzählen. Ich komme heute Abend gegen halb acht wieder, um mit Ihrem Mann zu reden – und stellen Sie sicher, dass Anna bis dahin den Carabinieri erklärt hat, es sei nur ein Spaß gewesen. Denn sie weiß genau, was gelaufen ist, und wir sind verheiratete Männer, Familienväter … Wir sind anständige Leute. Anna weiß das, und sie darf jetzt nicht so eine Dummheit machen, sonst werden wir mit ihrem Vater reden. Ich komme heute Abend wieder und bin überzeugt, dass dann alles in Ordnung sein wird.«
    Ich höre alles mit und bleibe in meinem Zimmer.
    Meine Mutter sagt kein Wort. Verabschiedet sich nicht

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