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Sommer in Ephesos

Sommer in Ephesos

Titel: Sommer in Ephesos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Schmidauer
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Herrschaften, zu Jan. Ist gut, sagt Jan, dann sehen wir uns wieder, das würde mich sehr freuen.
    Meine Mutter geht mit dem Cousin und dem Amerikaner, darling, sagt sie zu mir, nimm es nicht so schwer, nein, sage ich, warum auch, das ist so lange her. Das war also das Begräbnis, denke ich, es hätte schlimmer sein können. Es ist aber eine Kälte in mir, dass ich nicht nach Hause kann. Ich gehe in eine Bar und noch eine Bar, schick, sagt einer, er meint mein Kleid, kein Schwarz, ein dunkles Grau, streng geschnitten, Schwarz macht mich alt, habe ich der Verkäuferin gesagt. Für ein Begräbnis?, hat sie nachgefragt, weil ich gesagt habe, es soll sexy sein, ich will es ja auch nachher noch anziehen. Jetzt weiß ich, ich werde es nicht mehr anziehen können, schickes Kleid, sagt der Typ neben mir, was trinkst du? Wir trinken und ich weiß, wie es weitergehen wird, wir gehen zu mir, er zieht sich aus, er ist nicht mehr jung. Weil er reden will, bevor er mit mir schläft, sage ich, fick mich einfach, und das tut er.
    Im Traum sehe ich nichts, höre ich nichts, kein Licht, kein Dunkel, keinen Ton. Weil ich sterben möchte, als ich aufwache, als würde ich sterben wollen, mache ich mich an dem Mann zu schaffen, der neben mir liegt. Er zieht mich auf sich. Als könnte ich wo hingelangen, bewege ich mich, der Mann hat die Augen geschlossen. Als er die Augen öffnet, sagt er Scheiße, ich drehe mich um. Friedrich steht in der Tür.
    Du hast mich angerufen, sagt er, als ich ihn noch einhole, bevor er die Wohnung verlässt. Nein, sage ich, ich wäre sonst nicht gekommen, sagt Friedrich. Sollte ich das sehen, fragt er, warum machst du das? Es ist besser, wir lassen es, sagt Friedrich.
    Wenn du meinst, sage ich, als wäre es mir gleichgültig. Als ich später auf mein Handy schaue, sehe ich, dass ich ihn tatsächlich angerufen habe. Ich habe keine Erinnerung daran, aber das ist jetzt auch ganz gleichgültig.

III
    Es ist Monate her, dass Friedrich gegangen ist. Ich habe nichts von ihm gehört seitdem. Manchmal denke ich daran, wie er mich geliebt hat, sein Begehren, eine Ungeschicklichkeit auch, ein Stammeln und Zittern. Du verlangst, hat er einmal gesagt, dass ich dich liebe, als liebte ich dich nicht, das kann ich aber nicht. Die Scham in seinem Körper, weil ich ihn nicht liebte.
    Ein paar Tage nach dem Begräbnis habe ich die Mutter zum Flughafen gebracht. Wir haben uns bei der Omi getroffen, nie sehe ich euch, hat sie gesagt, und auf einmal seid ihr alle zwei da, wie vorwurfsvoll, aber sie hat sich gefreut. Geht’s dir gut?, hat sie mich gefragt, nicht so, habe ich gesagt, magst du es mir sagen?, später vielleicht, habe ich gesagt, vielleicht später. Dann habe ich die Mutter zum Flughafen gebracht, es hat geregnet. Jetzt, wo Richard tot ist, hat die Mutter gesagt, jetzt ist es, als würde ich alt werden müssen. Aber nein, habe ich gesagt, weil ich das immer sage, wenn die Mutter vom Altwerden spricht. Doch doch, hat sie gesagt, aber vielleicht will ich das jetzt.
    Ich hätte ihn doch nicht geheiratet, wenn ich ihn nicht geliebt hätte, sagt sie. Das Unglück war nur, das Unglück mit deinem Vater und mir, sie schaut aus dem Fenster, es regnet.
    Zum Abschied küsst sie mich auf die Wange. Den besten Sex mit deinem Vater, sagt sie, Mama, schreie ich, den besten Sex mit deinem Vater hatte ich, ich will das nicht wissen, schreie ich, hör auf damit!
    Die Mutter lächelt, du bist immer noch prüde, sagt sie.
    Ich bin nicht prüde, ich will das nicht wissen!
    Das muss dir nicht peinlich sein, dass wir miteinander geschlafen haben, sagt die Mutter, das ist, wo du herkommst.
    Ich war im Haus des Vaters, ich bin in mein altes Zimmer gegangen. Ich versuchte, mein Zimmer mit Friedrichs Augen zu sehen, ein weißes Bett, ein Schrank mit Schnörkeln, lindgrün, ein weißer Mädchentisch und rosenfarbene Röschen an der Wand. Was weißt du jetzt über mich?, habe ich ihn einmal gefragt. Dass du bei Tische saßest, hat er geantwortet, und ich denke daran, dass ich am Anfang nicht wusste, ob es angenehm war mit ihm oder langweilig. Wie konnte das geschehen, dass ich ihn verloren habe.
    Ich war in der Bibliothek des Vaters, ich bin an seinem Schreibtisch gesessen. In der Schublade war ein Feuerzeug, das glänzte silbern und lag glatt und kühl in meiner Hand. Da waren Fotos, Bilder eines Sommers, der Vater und ich in der weißen Stadt. Die, die ich gewesen bin, steht neben dem, der mein Vater gewesen ist. Ilse, die eine Säule betrachtet,

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