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Sommer in Lesmona

Sommer in Lesmona

Titel: Sommer in Lesmona Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magdalene Marga; Pauli Berck
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es, und Auguste
kommt herein. Sie sagt: «Herr Roesner läßt bitten, sofort zum Stall zu kommen,
Johann wäre krank geworden, und Herr Roesner müßte anspannen und gleich mit
Fräulein Marga wegfahren.»
    Ich lief sofort hinunter und fand Percy
schon mitten im Anspannen, die Zigarette im Mund. Die Pferde standen schon vorm
Wagen. Ich schämte mich ganz furchtbar wegen der Küsse, dachte aber, es wäre
gut, daß wir auf diese Weise gleich eine Ablenkung hätten. Percy sagte: «Sieh
dir mal Johann an in der Geschirrkammer.» Ich ging hinein und fand Johann auf
einem Bock vor einem Eimer sitzend und furchtbar würgend. Sein Hemd hing über
die Hose, und er sah geradezu sagenhaft komisch aus. Ich lief aber
sofort wieder nach draußen. Percy machte gerade die Maulkette fest, und ich
sagte, es wunderte mich, daß er das so gut und rasch könnte. Er meinte, das
könne jeder englische Junge von allein, und er hätte es bei seinen Eltern schon
als kleiner Junge gelernt. Dann sagte er plötzlich: «Daisy, are you angry with
me?» Ich stotterte sehr verlegen: «Ich finde wirklich, daß du mich vorher hättest
fragen können.» Da sah er von den Pferden weg, sah mich ganz furchtbar
belustigt an, nahm die Zigarette aus dem Mund und sagte: «Well, Daisy, I’ll ask you every time before I kiss you.»
    Nun war es aber höchste Zeit, ich
sprang in den Wagen, er auf den Bock, und dann fuhr er los. Er fährt viel
schneller als Johann. Onkel Herbert war sehr erstaunt, Percy auf dem Bock zu
sehen. Er sagte bei der Rückfahrt immer: «Percy fährt ja tausendmal besser als
Johann, und ich fürchte, daß Johann wieder Delirium hat.»
    Liebste Bertha, dieser schöne Tag war
aber noch lange nicht zu Ende. Er wurde noch viel schöner! Also ist es eine
alte Sitte, daß die Bremer Familien von den Landgütern dieser Gegend sich
einmal im Sommer oder alle paar Jahre irgendwann zu einem Volksball im alten
Vegesacker Havenhaus treffen. Die Alten sitzen in irgendeiner Ecke, und die
Jugend tanzt. Ich war noch nie dabeigewesen. Dieser Abend sollte nun letzten
Sonnabend sein. Onkel Herbert sagte, ich sollte ein nettes Sommerkleid
anziehen, und die Herren gingen in ihren Sommeranzügen hin. Es waren da sehr
viele Bekannte. Onkel Herbert saß da mit allen Wätjens, Detmar Finkes etc. Er
war mit Percy, Max und mir hingefahren. Heini F. war inzwischen wieder in
Oslebshausen. Johann saß bei der Abfahrt grün auf dem Bock, und ich glaubte,
beim Einsteigen bemerkt zu haben, daß er irgendwie verrückt aussah, sagte aber
nichts. Wh kamen kurz vor 9 an, und alles war schon beim Tanzen. Es war ein
sehr lustiges, buntes Bild. Percy tanzte sofort mit mir, und er tanzt wie ein
Gott.
    In der Ecke saß Max mit seiner
Vegesacker Freundin. Sie sah reizend aus, und ich sagte zu Percy, ob wir uns
nicht dazusetzen wollten. «Nein, das ist ausgeschlossen. Onkel Herbert würde
außer sich sein.» Ich konnte mich aber gar nicht damit abfinden, daß man auf
einem Volksball einem so netten Mädchen, von der man doch gar nichts Böses
wußte, nicht Guten Tag sagen durfte. Percy sagte: «Du bist eben Daisy, und nur
du kannst es tun.» Percy winkte Max und flüsterte ihm etwas zu. Max tanzte mit
mir, Percy mit dem Mädchen, und dann setzte er sie an einen anderen Tisch, sehr
entfernt von den alten Leuten. Dann ging ich mit Max hinüber, der geradezu
erschüttert sagte: «Das werde ich dir nie vergessen, es ist so schrecklich für
sie, daß keiner sonst mit ihr spricht.» Sie war zuerst sehr verlegen, aber ich
überbrückte das rasch, und dann haben wir sehr lustig geschwatzt. Percy holte
mich aber nach kurzer Zeit zum Boston weg, und Onkel Herbert hat nichts
gemerkt. Es ist zu schön, die alten Leute zu hintergehen.
    Percy und ich sind ganz wild auf Walzer
von Strauß, aber am meisten auf den göttlichsten aller Walzer «G’schichten aus
dem Wienerwald». Du ahnst nicht, wie bezaubernd er ihn spielt und dazu singt!
Die anderen bekannten Jungens tanzten natürlich auch mit mir, aber August W.
sagte, als er mich das zweite Mal holte: «Detmar F. und Wilhelm und ich wagen
uns gar nicht an dich heran, weil der englische Vetter dich keine Sekunde aus
den Augen läßt.» Tatsächlich stand Percy mit verschränkten Armen an der Wand,
solange ich mit anderen tanzte, aber fast immer tanzte ich mit ihm, und wenn
ich mit Percy tanze, denke ich, daß ich mit ihm auf dem Meere schwimme,
irgendwelchen glücklichen Gefilden entgegen. Er sagte: «Ich möchte die ganze
Nacht mit dir so

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