Sommer in Lesmona
weitertanzen, magst du es auch?» Ich sagte: «Ja, ich mag es.»
Wenn man so glücklich ist, kann man, glaube ich, wenig sagen.
Nach 12 rief Onkel Herbert uns heran,
er hatte keine Lust mehr, und Johann war um 12 bestellt. Er fragte Percy, ob er
nicht noch bleiben wolle. Aber nein, davon war keine Rede. Max blieb noch dort,
und so fuhr Onkel Herbert mit Percy und mir weg.
Etwa zehn Minuten vor Lesmona sagt
plötzlich Johann mit etwas bedeckter Stimme vom Bock herunter: «Herr Berck, das
eine Pferd hat ein Geschwür am Bein, eigentlich hätte ich gar nicht fahren
dürfen, aber morgen muß es jedenfalls Ruhe haben.» Onkel Herbert sagte: «Fahren
Sie gleich beim Stall vor, und holen Sie die Stallateme heraus, ich will mir
das Geschwür ansehen.» Dort angekommen, gab Onkel Herbert die Schlüssel zur
Verandatür an Percy und sagte, er möchte aufschließen und Licht machen. Er käme
gleich nach. Wir liefen merkwürdig rasch hinauf, Percy schloß die Tür auf,
machte Licht im Eßzimmer und kam wieder heraus auf die Veranda. Er zog mich ein
Stück den Gartenweg hinauf, blieb vor mir stehen und sagte: «Now, Daisy, you
want me to ask you before I...» Ich fiel in seine Arme, und die Welt versank um
uns— — —
Als ich einige Minuten später aus
diesem Traum erwachte, sagte ich, wie aus einer anderen Welt zurückkommend:
«Onkel Herbert hat das Geschwür noch nicht gefunden, ob wir nicht besser
hingehen?» «Nein», sagte Percy, «wir können hier ja hören, wenn er den Weg
heraufkommt.» Und wieder versank ich im Zauber seiner Küsse— — —
Dann kamen Onkel Herberts Schritte
herauf, wir gingen ihm entgegen, und er rief schon von weitem: «Denkt euch, es
ist überhaupt kein Geschwür zu finden, der Kerl hat wieder Delirium, ich bin
ganz außer mir und kündige ihm morgen.»
Ich hatte eine äußerst heftige
Zuneigung zu Johann gefaßt, der mir soeben zu den seligsten Augenblicken meines
Lebens verholfen hatte, und beruhigte Onkel Herbert mit großer Hingabe.
An diesem Abend wollte ich Onkel
Herbert keinen Gutenachtkuß mehr geben — Percys Küsse sollten auf meinem
Gesicht bleiben. So lief ich hinauf, als Onkel Herbert unten einen Moment
verschwand, und rief dann die Treppe herunter, ich sei todmüde, er sollte gut
schlafen und sich nicht mehr ärgern.
Percy stand unten an der Treppe, und
wir sahen uns an - - - ja, das war Sonnabend, und dann kam der gestrige
Sonntag, und der war genau so schön, und von dem erzähle ich Dir morgen oder
übermorgen. —
Liebste Bertha, nun bin ich von dem
Irrtum befreit, daß ich nicht lieben kann. Verzeih mir nur, wenn ich wenig
jetzt auf Deine Briefe eingehe, ich bin einfach ganz berauscht, und Dich weiß
ich glücklich in Darneelen und freue mich, daß Dein John bald zu Dir kommt.
In großer Liebe
Deine Matti
Lesmona, Dienstag, den 5. Juni
Liebe liebste Bertha!
Mein Glück ist so groß, und oft habe
ich Angst, daß ich vergesse, Dir irgend etwas zu erzählen, denn Du mußt doch
alles miterleben. Es ist ja wie ein Sturm über mich gekommen! Heute habe ich
mich ausnahmsweise schon um 7 wecken lassen, um Dir von letztem Sonntag zu
erzählen, denn ich fürchte, nachher keine Zeit zum Schreiben zu haben. Es ist
ein Glück, daß ich so enorm schnell schreibe, und Du mußt nur das Geschmier
entschuldigen.
Sonntag morgen von ½ 10 bis 11 bin ich
mit Max und Percy geritten. Max kann ja nur sonntags und Sonnabendnachmittags.
Onkel Herbert gibt dann sein Pferd an Percy. Wir ritten nur ums Holthorster
Feld und da herum, weil wir uns für die Gäste noch umziehen mußten, und denke
Dir, als wir auf dem Rückweg sind — da bei Rauchs, zwischen den Kornfeldern — ,
kommt ein Wanderfotograf und ruft «stop». Wir hielten an, und er hat dann
mehrere Aufnahmen von uns gemacht, die er demnächst schicken wird. Ich schicke
Dir dann ein Bild, wenn es gut wird!
Wir hatten dann also eine kleine
Sommergesellschaft — zwanzig Personen zu Tisch, wie Onkel H. sie ja sehr oft
hat. Dies waren nun hauptsächlich die jungen Ehepaare aus der Familie. Diese
Frauen sahen ja wirklich alle so bezaubernd aus! Ich weiß nicht, ob Cata oder
Mimi die Schönste war, aber auch Helene Michaelsen und die anderen waren
entzückend — und alle in so eleganten Sommertoiletten. Onkel Herbert strahlte
vor Stolz über seine Familie! An Unverheirateten waren nur Ally, Evi und ich
mit Max, Percy und diesem Dr. jur. v. Sch. aus Wien, der in Bremen an einer
Bank ist und den Du letzten Winter mal abends bei
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