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Sommer in Lesmona

Sommer in Lesmona

Titel: Sommer in Lesmona Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magdalene Marga; Pauli Berck
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uns kennenlerntest. Ich ging
mit ihm zu Tisch. Onkel Herbert hatte Max und Percy von mir weggesetzt, damit
wir nicht cliquen sollten. Jetzt, wo Fräulein Kaiser weg ist, steckt Heinrich
die Blumen ein, und er stopft immer viel zuviel in die Vasen und Schalen. Ich
hätte es ihm so liebend gern abgenommen, denn für mich gibt es nichts Schöneres
als das. Aber als ich ihn dieserhalb fragte, war er furchtbar gekränkt und
fragte: «Hat Herr Berck sich beklagt, daß ich’s nicht schön genug mache?» Na — also
natürlich ließ ich ihm seine Freude! Es war nun aber so, daß bei Tisch niemand
sein vis-à-vis sehen konnte, und das war doch ungeschickt. Auch Percy und ich
konnten uns absolut nicht sehen! Als Heinrich mir nun irgend etwas servierte,
legte er einen kleinen zusammengefalteten Zettel neben meinen Teller. Ich las
folgende Bleistiftworte: «Daisy, where are you? — I can’t see you, what an
awful arrangement!» Ich wurde knallrot, behielt den Zettel erst in der Hand und
steckte ihn dann in die Tasche. Leider hatte Dr. v. Sch. den Zettel gesehen,
aber natürlich nicht gelesen. Bis dahin hatte ich mich sehr gut mit ihm
unterhalten, er hatte wirklich sehr interessant aus Wien erzählt. Aber nun kam
irgend etwas aus ihm heraus, was ich im Winter schon bemerkt und was mich
abgestoßen hatte: etwas Dringliches und Herausforderndes. Er fragte sofort:
«Haben Sie eben einen Liebesbrief bekommen?» Ich antwortete: «Nein,
keineswegs.» Und er darauf: «Das glaube ich aber doch, denn sonst hätten
Sie den Zettel doch zerrissen und nicht in die Tasche gesteckt.» Ich: «Es war
eine wichtige Adresse, die ich aufheben muß.» Er: «Die Adresse hätte doch wohl
bis nach dem Essen Zeit gehabt.» Ich: «Manchmal sind Eilboten nötig.» Er war
nun also verärgert. — Nach dem Mokka gingen wir alle in den Garten, er links
neben mir und Percy rechts. Sch. sagte zu Percy: «Sie haben ja Ihre Tischdame
verlassen — in Wien ist es Sitte, daß jeder Herr mit seiner Tischdame nach dem
Essen die Polonaise oder den ersten Walzer tanzt.» Percy: «In England ist es
Sitte, daß nach einem Mittagessen jeder das tut, was er will, und
außerdem sehe ich hier niemanden Polonaise oder Walzer tanzen!» Sch.: «Nein,
das stimmt, aber Ihre Tischdame ist nun allein.» Percy: «Wenn Sie so besorgt
sind um Fräulein P., würde ich an Ihrer Stelle jetzt hingehen und sie trösten.»
Ich drehte mich um und sah Evi mit Ally und Max und Carl Berck auf dem Rasen
stehen und sagte rasch: «Jetzt wollen wir alle drei zu Evi gehen und
verabreden, ob wir Boccia spielen wollen oder rudern oder was sonst.» Sch.
sagte gereizt: «Wenn ich Sie übrigens mit Ihrem Herrn Vetter störe, gehe ich
selbstverständlich weg.» Ich darauf ganz furchtbar freundlich und boshaft: «Wie
können Sie so was denken; — mein Vetter und ich sind hier ja Tage und Wochen
immer zusammen und heute noch den ganzen Abend, da freuen wir uns ja,
wenn wir Besuch haben.» Percy fragte rasch: «Daisy, tut dein Kopf noch weh?»
Ich hatte mich morgens im Stall sehr gestoßen und eine Beule an der Stirn.
Seine Stimme ist zauberhaft, wenn er mit mir spricht, irgendwie so verhalten
zärtlich. Ich blieb stehen und fragte, ob die Beule schon blau oder grün wäre.
Er strich einmal leise mit der Hand drüber und sagte: «Nein, es ist nur rot.»
Darauf Sch.: «Seit wann heißen Sie denn Daisy, ich denke, Sie heißen Marga?»
Ich: «Für meine englischen Verwandten heiße ich Daisy.» Gottseidank kamen die
anderen uns schon entgegen und erlösten mich von dieser Kakelei.
    Drei Paare wollten rudern — die zwei
Boote waren unten fertiggemacht. Ich entschied mich mit Ally und einigen
anderen für Boccia, Percy und Sch. ebenfalls. Die übrigen saßen auf den Bänken
oder gingen spazieren. Nun war das Komische, daß ich, die ich sonst sehr
schlecht spiele, heute ein lächerliches Glück hatte. Alle lachten schon, wenn
ich jedesmal meine Kugel in die nächste Nähe der gelben Kugel brachte. Als wir
zum Tee nachher herübergingen — Percy links und Sch. rechts von mir — , sagte
Sch.: «Eigentlich wundert es mich, daß Sie solches Glück hatten beim Spiel.»
Ich frage erstaunt: «Wieso?» Und Sch. darauf: «Nun, Sie kennen doch das
Sprichwort: Wer Glück hat in der Liebe, hat kein Glück im Spiel.» Ich: «Ja,
denken Sie mal, da bin ich eben eine Ausnahme, denn ich habe auch Glück in der
Liebe.» Sch., direkt frech: «Darf ich denn schon gratulieren?» Ich: «Nein, noch
nicht, der Betreffende ist

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