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Sommer in Lesmona

Sommer in Lesmona

Titel: Sommer in Lesmona Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magdalene Marga; Pauli Berck
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ich Dir das sagen?? Er sieht mich
fortwährend an — Er kann mich so wunderbar aufs Pferd heben, noch viel besser
als Stensbeck bei Freese. Mit einem Schwung bin ich im Sattel drin. Wenn er
mich nachher herunternimmt, drückt er mich eine kleine Sekunde an sein Herz.
Ich tue aber, als wenn ich es nicht merke.
    Max Georgi hat in Vegesack eine
Freundin — die Tochter eines Kapitäns oder so — und zu der schwimmt er jeden
Abend ab. Heini F. ist wild auf Rudern, und manchmal müssen Percy und ich nach
dem Abendessen mit ihm auf die Lesum. Dann singen die beiden abwechselnd, im
Boot stehend, über den Fluß hin ihre bezaubernden Lieder. Onkel Herbert legt
immer abends ab 9 Uhr Patience.
    Am schönsten ist es aber, wenn Percy
und ich allein im Garten sind und wir Heini nachher abholen. Percy schwimmt
jeden Morgen in der Lesum, auch bei schlechtem Wetter. Du weißt, daß ich das Schwimmen
nicht vertragen kann, daher bade ich im Badehaus, sooft es warm genug ist.
Percy schwimmt dann noch ein zweites Mal draußen. Er ist enorm für Sport. Als
wir einen Tag in der Bucht waren, fragte er nach meiner Geschichte mit Martin,
von der er über Berlin gehört hatte. Ich erzählte ihm alles und auch von Hans
W., Eugène und Egon P. Da sagte er sofort: «Hast du denn nun dem Grafen P.
jetzt abgeschrieben?» Ich sagte: «Nein, dazu hast du mir bis jetzt ja keine
Zeit gelassen.» Da nahm er die Ruder heran und ruderte aber sofort zum Steg
zurück. «So», sagte er, «jetzt gehen wir nach oben, und du schreibst sofort den
Brief, und ich stecke ihn nachher selbst am Bahnhof ein.» Er war heute so
rasend komisch und sagte: «Dann hast du jetzt also Martin in Amerika, Eugène in
Paris, Egon P. in München und mich in London, die auf dich warten. Du solltest
doch eigentlich einen Wartesaal einrichten, wo du uns alle zusammen
unterbringst, und wir können dann darüber reden, wer die meiste Chance hat.»
Ich erzählte es auch alles mit Dr. Retberg, und daß da dunkle Dinge sind, die
ich nicht durchschauen kann und doch weiß. Er sagte: «Ja, es gibt Dinge,
die man gar nicht wissen kann und die man doch durchschaut. Man kann sie
durch einen dunklen Vorhang hindurch irgendwie erkennen, das ist sehr
unheimlich, und von all deinen Verehrern ist mir dieser Dr. Retberg der
bedenklichste.»
    Oben schrieb ich an Egon folgenden
Brief:
     
    «Lieber
Graf Egon!
    Heute
bitte ich Sie nun, nicht mehr an mich zu denken. Ich werde dieses Jahr auch
nicht nach Kreuth kommen, aber bitte erhalten Sie mir Ihre Freundschaft, so wie
ich Ihnen die meine erhalten werde.
    Mit herzlichem Gruß
    Ihre Marga Berck.»
     
    Percy war sehr erstaunt, daß dieser
Brief so rasch und in fünf Minuten geschrieben war. Er sagte: «Man kann sich
gar nicht genug über dich wundern.» Dann steckte er ihn gleich in die Tasche.
    Inzwischen ist nun heute früh Egons Antwort sehr
prompt angekommen:
     
    «Liebe
Marga!
    Nun
ist es also doch so gekommen, wie ich seit München geahnt habe, aber ich muß es
tragen, und ich muß Ihnen für Ihre Offenheit danken. Die Freundschaft, um die
Sie mich bitten, werde ich Ihnen bis zu meinem Ende erhalten, — das verspreche
ich Ihnen.
    Ihr
Egon v. P.»
     
    Liebste Bertha, verzeih mir, daß ich
gar nicht mehr wie früher auf Deine Briefe eingehe. Ich liefere zu viel eigenen
Stoff; aber Deine Briefe sind nach wie vor meine Freude. Ich könnte ohne sie
nicht leben. Du verstehst alles, und so verstehst Du auch meinen jetzigen
Zustand.
    In großer Liebe
    Deine Matti
     
     
    Lesmona, den 4. Juni 94
    Montag
    Liebe liebste Bertha!
    Heute muß ich Dir so viel schreiben und
kann es in Ruhe, weil Percy für ein paar Stunden zur Stadt gefahren ist.
Sonnabend morgen hatten wir erst gerudert und dann gesungen. Ich begleitete ihn
zu dem süßen Song:
     
    Just
one girl
    In
the world for me,
    There
may be others — you know,
    But
they’re not my pearl.
     
    Er sang es mit einem so bezaubernden
Go, — ich hatte noch die Hände auf den Tasten, als er plötzlich meinen Kopf
nach hinten nimmt und mein Gesicht und meinen Mund ganz wahnsinnig küßt. — Als
ich mich rühren konnte, rannte ich hinauf in mein Zimmer. Zuerst war ich
furchtbar erschrocken und kam mir ganz besudelt vor und wollte mir das Gesicht
abwaschen, um mich zu reinigen — aber ich konnte es nicht fertigbringen. Es war
das erstemal, daß ein männliches Wesen mich geküßt hatte. Ich mußte mich rasch
frisieren, denn wir wollten Onkel Herbert schon um 1 in Lesum abholen.
    Kurz darauf klopfte

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