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Sommer in Lesmona

Sommer in Lesmona

Titel: Sommer in Lesmona Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magdalene Marga; Pauli Berck
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— woher kommen die dunklen
Mächte, die uns bewegen, dieses oder jenes zu tun, — sie steigen aus der Tiefe
in uns auf, und wir folgen der Macht, die uns ins Glück oder ins Unglück
bringt. Quäle Dich nicht damit, Matti, Du weißt nicht, ob Du wirklich
mit Percy glücklich geworden wärest. Lege nun alles in Gottes Hand und lasse
Dich von Gott führen. Wie selten kommt es vor, daß jemand seine erste Liebe
heiratet. Dann wollen sie alle erst sterben, und nachher renkt es sich doch
alles ein.
    Liebe Matti, meine Mutter schreibt mir,
daß Du Dich bis jetzt geweigert hättest, Dein Hochzeitskleid, Reisekostüm und
alles übrige zu bestellen. Deine Mutter hat es ihr ganz verzweifelt erzählt,
und Röben hätten so dringend gebeten, Du solltest doch wirklich jetzt kommen, weil
sie nachher im Frühling so sehr viel anderes zu tun hätten!!! Nachdem Du so
lange geschwankt und gelitten hast und uns hier sagtest, Du wärest
entschlossen, Rudi zu heiraten, mußt Du jetzt auch die Konsequenz ziehen. Du
hast Johns Intervention abgelehnt ebenso wie den Vorschlag, daß ich Percy
bitten wollte, Dich ganz in Ruhe zu lassen und Dir nicht mehr zu schreiben.
Deshalb mußt Du jetzt auf dem Weg weitergehen, den Du Dir selbst vorgeschrieben
hast. Nun bestelle Dir Deine Kleider, meine Matti, sonst komme ich und bestelle
sie mit Dir. Bedenke doch, daß Du schön sein sollst und daß alle sich an
Dir freuen sollen. John und ich wären verzweifelt, wenn Du nicht schön wärst,
und wie soll Rudi in Dich verliebt sein, wenn Du so versteinert aussiehst.— — —
    Grüße Fräulein Körte bei Röben und sage
ihr, sie sollte Dir nicht so dicke Ripsseide geben wie mir für mein Hochzeitskleid letztes Jahr.
    In inniger Liebe, mit tausend Grüßen
von John,
    Deine Bertha
     
     
    Bremen, 24. Januar 96
    Liebe einzige Bertha!
    Heute morgen war ich mit Mama bei Röben
und habe alles bestellt, auch das Hochzeitskleid. Ich verspreche Dir, nicht
mehr zu weinen und lieb zu sein! Ach — wie oft habe ich diese
letzten zwei Worte «lieb sein» als Kind zu Dir gesagt!!
    Dein Brief war wieder so himmlisch, und
ich danke Dir so innig, daß Du an Percy geschrieben hast. Von Deinen Händen
kommt nur Segen!
    Bald komme ich zu Euch!
    In Liebe küßt Euch
    Deine Matti
     
     
    Bremen, 30. Januar 96
    Meine liebste Bertha!
    Deine Briefe bedeuten mir so unendlich
viel. Durch alle Schicksale — durch Freuden und Leiden — hat sich darin seit
unserer Kindheit nichts geändert. Ich kann mir denken, wie oft Du an der Wiege
stehst und Dir das Baby ausmalst, das nun bald darin liegen wird! Es sind
solche unfaßlichen Wunder, und es sind Augenblicke der Gnade, in denen man von
diesen Gotteswundem etwas begreift. Sicher würde ich viel mehr von Deinem Zustand und Deinem Erleben schreiben als von mir, wenn mich nicht meine Angst
oft erdrückte. Ich bin es nun mal von jeher so gewöhnt, Dir alles zu sagen und
zu klagen, und es bringt mir doch jedesmal eine Erleichterung! — Oft habe ich
auch Hoffnung, daß es mir noch gelingen wird, in Rudi die Liebe zu erwecken!!! —
Bertha, wenn ich die nicht gehabt hätte, wäre ich doch wohl längst nicht
mehr seine Braut. Was ist denn diese Macht — ich weiß es nicht. Ich flehe immer
zu Gott, daß Er mir Rudis Herz noch schenken wird. Oft wird mir dann leichter.
Und dann wieder sage ich mir, daß ich doch Percys Herz besaß — das war doch ein
Geschenk von Gott, um das ich gar nicht zu bitten brauchte. Die Trennung von
ihm hat mich damals in diese Wirrsal hineingebracht — in diese Herzens-Verwirrung.
Wäre Percy hier gewesen, hätte die Schwäche nicht über mich siegen können, als
ich zu Rudi «Ja» sagte. Percy war mir damals etwas entschwunden. Ich hörte
nichts mehr von ihm, und Onkel Herberts Worte, er sei viel zu jung und Papa
würde es nie erlauben, machten es mir doch hoffnungslos. Dazu die fünf
Jahre, die ich warten sollte, ohne ihn zu sehen, und immer die Angst, ob ich
das durchhalten könnte. Und der Gedanke, wenn ich ihm dann nach ein oder zwei
oder drei Jahren abschreiben würde, was doch viel schlimmer für ihn sein müßte,
als jetzt sofort. Ich dachte auch, er sei so jung und würde mich bald
vergessen. Jetzt weiß ich, daß er mich nie vergessen wird, und davon
werde ich verrückt. Und Du warst weg, und niemand half mir!!
    Die armen Eltern wissen nun immer noch
gar nichts. Oft merke ich, daß sie sich grämen. Es ist ein Doppelleben, das ich
jetzt führe: eins nach innen und eins nach außen, und sie haben

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