Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sommer in Lesmona

Sommer in Lesmona

Titel: Sommer in Lesmona Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magdalene Marga; Pauli Berck
Vom Netzwerk:
die
liebe, liebe Lesum. Es wurde ganz ruhig in mir, je mehr der Entschluß sich
festigte.
    Zu Haus wieder angelangt, ging ich
sofort zu Linsche und erzählte ihr von Percys Brief. Sie weinte so bitterlich
und sagte: «Es hat gar keinen Zweck — es endet alles nur mit neuen Schrecken.»
Es war gut, mit ihr zu sprechen und ihre rührende Liebe so stark zu spüren. Ich
sagte ihr auch, daß Max am anderen Nachmittag kommen würde, um meine Antwort zu
holen. Gegen Abend fing dann schon das Würgen an, wie ich es nach der
Gehirnerschütterung gehabt hatte und schon einmal nach einer Aufregung um Percy
— aber noch nie so schlimm! Ein böser Schüttelfrost setzte ein und ganz
wahnsinnige Kopfschmerzen. Das Glück wollte es, daß die Eltern aus waren und
gar nicht nach mir fragten, weil sie ja wissen, daß ich dann stets mit Linsche
esse. In der Nacht wurde das Erbrechen sehr schlimm, und oft war ich gar nicht
bei Besinnung. Linsche saß die ganze Nacht neben meinem Bett und machte kalte
Umschläge auf meinen Kopf. Zwischendurch war ich wieder klar und dachte dann
jedesmal an den roten Rosenstrauß mit der Karte «Gute Nacht, Daisy», der hier
nach dem Rennen vorm Fenster stand, und wie selig ich damals war. Am anderen
Morgen war Linsche schrecklich aufgeregt, und sie schickte Wilhelm schon vor 8
zu Dr. X. Um 10 saß der alte Esel schon an meinem Bett, und ich mußte ihm die
Zunge herausstrecken, was ich mit großer Inbrunst tat. Er ist wirklich zu dumm und wollte mich auf verdorbenen Magen behandeln. Nur meine Bemerkung, es
sei genau wie damals bei der Gehirnerschütterung, nachdem ich vom Pferd
gestürzt war, brachte ihn auf den Gedanken, daß es eine Gehirnreizung sein
könnte. Er fragte, ob ich eine große Gemütsbewegung gehabt hätte, und Linsche
sagte sofort: «Jawohl.» Dann meinte er, es sei ein Nerven-Shock, und ich müßte
fest liegenbleiben. Zu dumm! Ich hätte doch überhaupt gar nicht aufstehen können !
Und seine Medizin habe ich natürlich nicht genommen. Dann kamen nacheinander
die Eltern rauf, die ja nun wieder ganz ahnungslos waren. Aber Dr. X hatte
ihnen gesagt, ich hätte eine große Gemütsbewegung gehabt. Papa war ganz
erschüttert! Er glaubte, es wäre die Sache mit Rudi und den Briefen, und er
sagte so rührend und ahnungslos: «Das hat doch Rudi nur vergessen gehabt, er
ist doch eben so furchtbar zerstreut, und bald habt ihr euch, und am 21. März
ist eure Hochzeit.» Ich dachte voller Bitterkeit, wie es alles anders hätte
sein können! — und es schmerzte mich so sehr, daß ich ihn und die gute Mutter
innerlich ganz verloren hatte, und ich konnte vor Zerrissenheit nicht mehr zur
Ruhe kommen! Linsche bat abends Dr. X, die Eltern zwei Tage nicht herauf zu
lassen, da mich jedes Sprechen so aufregte. Nun erwartete ich noch Max und
wollte ihn sehen. Linsche wartete unten auf ihn und brachte ihn dann selbst
herauf. Ich hörte, wie sie in meinem Wohnzimmer zu ihm sagte: «Sie war diese
Nacht todkrank, und sie kann sowas Furchtbares nicht noch einmal durchmachen.»
Nun saß Max da, und ich konnte nur ganz leise sprechen, und ich sagte: «Max,
ich wollte heute früh in die Lesum, ganz sicher — ich wollte es, denn
ich kann diesen Zwiespalt nicht mehr ertragen, aber da wurde ich ja gestern
abend krank. Ich habe keine Kraft mehr für all das Schreckliche, was kommen
würde, wenn Percy jetzt käme.» Als ich den Satz mühsam zu Ende hatte, konnte
ich nicht mehr, und Max stand auf und sagte: «Arme Marga, ich sehe es ja, du kannst es nicht, und bei deinem Vater würde Percy nicht das geringste erreichen — ich
will es Percy alles sagen.» Dann ging er weg, und Linsche saß wieder an meinem
Bett, und alles wurde still. Nur tief drin im Herzen saß der bittere Schmerz.
Wie schön wäre es gewesen, von Percy ein Kind zu haben, wenn wir in London
geheiratet hätten, und wie selig wäre er mit mir darüber gewesen! Und vor Rudi
habe ich große Angst.
    Noch eine zweite Nacht saß Linsche an
meinem Bett, und sie mußte mir immer wieder fest versprechen, sehr, sehr oft zu
mir nach Dresden zu kommen. Sie sagte zwischendurch: «Nun denke mal, wenn du
mal so krank und ganz allein in London lägst und keine Linsche bei dir und dein
Percy die langen Tage weg.»
    Ich lag fünf Tage fest zu Bett, und der
Brief zu Deinem Geburtstag wurde nur mit großer Mühe geschrieben.
    In Liebe und Sehnsucht
    Deine Matti
     
    PS.
    In der Nacht träumte ich immer von dem
Hummer, der alles Unglück verschuldet hätte! Er kniff mich mit

Weitere Kostenlose Bücher