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Sommer in Lesmona

Sommer in Lesmona

Titel: Sommer in Lesmona Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magdalene Marga; Pauli Berck
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dachte ich: «Die haben nun
alle die Liebe — und der mich liebt, den habe ich verlassen.» Ich stand allein,
und da trat Carl Fr. zu mir. Er sagte sehr ernst: «Du kommst nun ja nach
Dresden. — Du bist noch so jung, und es wird sicher alles sehr schön. Aber das
Leben ist lang, und wenn du einmal einen Freund brauchst, dann bin ich für dich
da.» Ich konnte ihm nur die Hand geben und «Danke» sagen. Er hatte sicher durch
den dunklen Vorhang hindurchgesehen, von dem Percy in Lesmona sprach! Percy
sagte damals: «Es gibt Dinge, die man gar nicht wissen kann und die man
doch durchschaut — man kann sie durch den dunklen Vorhang hindurch erkennen.»— —

    Ich brachte die drei Rosen zu Linsche
und sagte ihr, sie sollte sie so in ihrem Zimmer hinstellen, daß ich sie nicht
mehr sehe. Dann haben wir beide geweint, und sie hat wieder an meinem Bette
gesessen, bis ich eingeschlafen war. — Und nun auf Wiedersehen, mein Engel.
Also telegrafiere bitte, sonst erfahre ich’s nicht rechtzeitig.
    In großer Liebe
    Eure Matti
     
     
    Bremen, den 14. Februar 1896
    Meine liebe einzige Bertha!
    Es war gut, daß ich noch einige Tage
bei Euch war, denn nun ist es hohe Zeit, Dein Baby-Zimmer einzurichten. Wie gut
ist es, daß Dein Arzt gesagt hat, Du könntest drei Wochen nach der Geburt ruhig
zu meiner Hochzeit fahren, wenn alles gut ginge. Und warum sollte nicht alles gut gehen Bedenke, woher ich die Kraft nehmen sollte, ohne Euch zum Altar
zu gehen, ohne daß ich denken könnte, Du wärst hinter mir im selben Raum in
unserer lieben Ansgari-Kirche. — Letztes Jahr ging ich hinter Dir her und stand
dann beim Altar rechts neben Dir und hielt Dein Braut-Bouquet. Alles kommt
jetzt wieder zu mir zurück, wo ich zur selben Zeit denselben Weg gehen soll. — Ich
freute mich so, daß Ihr beide sagtet, ich sollte dann, sobald es ginge,
einen Tag herüberkommen und Baby sehen. Nachher, wenn ich in Dresden bin, wird
es doch nicht so bald sein können. Du mußt jetzt viel Spazierengehen — das soll
sehr wichtig sein, sagt Mama. Wie schön war es bei Euch, und ich danke Euch für
alle Liebe! Ich kam mit neuer Seelenkraft zurück und habe wieder Hoffnung.
    Nun
lebt wohl und seid geküßt
    von
Eurer Matti
     
     
    Bremen,
den 16. Februar 96
    Liebe Einzige!
    Nur einen innigen Gruß, um Dir zu
sagen, daß ich ständig an Dich denke!! Wir gehen nun beide so großen
Ereignissen entgegen, und Gott möge.mit uns sein.
    Es küßt Dich
    Deine Matti
     
    PS.
    Ich gehe jetzt jeden Morgen nach 9 Uhr
zu Deiner Mutter und frage, ob ein Telegramm da ist.
     
     
    Bremen, Februar 96
    Mittwoch
    Liebe Einzige!
    Heute morgen, als ich zu Deiner Mutter
wollte und schon am Tor war, brachte der Briefträger mir ein Wertpäckchen aus
England. Zitternd ging ich mit ihm in die Haustür und unterschrieb meinen Namen
auf dem Einschreibezettel. Es hatte niemand gesehen. Ich wußte, es war
von Percy, ohne daß ich irgendwas vom Absender gelesen hatte. Ich wußte es
durch die Liebe, die wie ein Strom durch die Femen geht. So steckte ich erst
das Päckchen vorne in meinen Ausschnitt und ging zu Euch herüber. Es war aber
noch keine Nachricht von Dir da. Dann lief ich zu uns, schloß mich oben bei mir
ein und öffnete das Couvert. Ich zitterte so entsetzlich, daß ich kaum das
Papier abmachen konnte. Dann kam ein beschriebenes Blatt, das ich Dir nachher
erkläre. Dann ein kleines Lederetui mit einem ganz wunderbaren Diamantring in
einer alten Fassung. Darin ein kleiner Zettel:
     
    «Dies ist der Ring meiner Mutter
    Cornelia Roesner geb. Plessis
    für meine liebe Daisy.»
     
    Ja — ich saß am Schreibtisch und war
vor Schmerz ganz versteinert und sehnte mich nach Tränen. Um das Lederetui drum
war ein Zettel mit diesem Gedicht, mit dem es eine besondere Bewandtnis hat:
     
    «Ships
that pass in the night
    And
speak one another in passing
    Only
a signal shown
    And
a distant voice in the darkness —
    Thus
on the ocean of life
    We
pass — and speak one another
    Only
a voice and a look —
    Then
darkness again and a silence.
    Longfellow.»
     
    Ich hatte ihm in Lesmona an einem
Morgen mein Gedichtbuch mit meinen Lieblingsgedichten mit ins Boot genommen und
las ihm daraus vor. Ich war so froh, daß er Verständnis dafür hatte, und zu
meinem großen Erstaunen sagte er mir dann Verse und Gedichte her von Byron und
Longfellow, und dieses war dabei. Er versprach, es abzuschreiben. Zuerst vergaß
er es, und als ich ihn daran erinnerte, sagte er: «Es hat eine

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