Sommer mit Nebenwirkungen
dem Gerät herum, befriedigt, einen Punktsieg errungen zu haben. Er wollte wohl gerade ansetzen, etwas zu sagen, da durchschnitt von Studnitz’ Stimme die Stille.
»Oft liegt es ja an den Männern.«
»Wie bitte?« Ruckartig schnellte Johann herum. Philipp von Studnitz stand direkt hinter ihm.
Er zeigte mit einer lässigen Handbewegung auf das iPad. »Viele Ärzte wollen es nicht zugeben, aber ich erlebe das hier oben immer wieder. Paare versuchen und versuchen es, aber es klappt einfach nicht. Und dann lacht sie sich im Urlaub einen anderen an, einen Kurschatten und …«, er klatschte lustvoll in die Hände, »… voilà. Es klappt. Ein Partnerwechsel bringt meist mehr als eine Hormontherapie.«
Die drei Freundinnen lachten laut auf. Auch Zoe. Sophie war kreidebleich. Das sah nach Ärger aus. Was trieb Studnitz da? Wollte er sie etwa verraten? Johann alles erzählen? Das konnte doch nicht sein.
Jetzt stand Johann vom Stuhl auf und baute sich vor dem Hotelchef auf. Als alter Handballer wusste er genau, wie das ging, das lernte man als Abwehrspieler vor dem Torraum. Tatsächlich war von Studnitz deutlich kleiner, aber nicht weniger präsent. Er wich nicht von der Stelle.
»Und Sie sind?«, begann Johann in scharfem Ton.
»Philipp von Studnitz. Mir gehört das Haus«, sagte der schlicht.
»Philipp?«, echote Johann ungläubig. Das war offenbar nicht der Mann, den er sich zu dem Namen vorgestellt hatte. Johann kämpfte mit sich und musterte von Studnitz kritisch. Ein Mann, so groß wie Sophie selbst und eher schmächtig. Seiner Reaktion nach traute er Sophie grundsätzlich eine Affäre zu. Aber es müsste dann schon ein Cool-Water-Typ sein, eine auch optisch ernst zu nehmende Konkurrenz.
Wie eng Johann das Leben sah. Eng? Er würde es anders ausdrücken. Fokussiert. Fokussiert zu sein, wiederholte Johann oft, sei der Schlüssel zum Erfolg.
Nun blickte Johann zu Sophie und erwartete offenbar eine Erklärung. Warum wachst du mit seinem Namen auf den Lippen auf? Eine berechtigte Frage.
Sophie schwieg, und Johann winkte schließlich ab. Mit diesem Philipp ließ er sich auf keinen Hahnenkampf ein, sollte die Geste wohl heißen.
»Sie sind also der Hotelmanager hier? Die Sache mit dem Wasser – ist das Ihr Ernst? Das ist doch nur eine Masche, um Frauen das Geld aus der Tasche zu ziehen. Sie beuten das Leid dieser Frauen aus.«
Betont locker setzte sich Johann jetzt hin und ließ Philipp wie einen Lakaien stehen. Er hatte ihn gerade vom Hotelbesitzer zum obersten Hotelangestellten degradiert. Die Aggression im Raum war jetzt mit Händen zu greifen.
»Ich beute Frauen aus?«, sagte von Studnitz scharf.
»Wie viel nehmen Sie denn für den Liter Wasser? Was steht am Ende auf der Hotelrechnung? Zwanzig Euro, dreißig Euro pro Liter?« Johann schaute ihn provozierend an.
Jeder im Hotel wusste, dass das Quellwasser kostenlos war. Trotzdem schien etwas an diesem Vorwurf Philipp von Studnitz maßlos zu ärgern. Als hätte Johann einen Nerv getroffen. Vielleicht den Nerv, dass Philipp kein richtiger Geschäftsmann war. Das merkte man im Hotel an allen Ecken und Enden. Das üppige, liebevolle Essen, die schönen Details, die frischen Blumen, die gestärkten Dirndl. Auch wenn Sophie keine geborene Geschäftsfrau war, wusste sie, dass Philipp mit diesem Hotelkonzept niemals reich werden würde. Einer wie Johann nähme natürlich Geld für das Wasser, Philipp würde das nie tun.
Wütend griff von Studnitz in die Tasche seines karierten Hemdes und holte den verlorenen Verlobungsring heraus. Er überreichte ihn Sophie, doch sein Blick war dabei auf Johann geheftet.
»Du hast gestern Nacht so glücklich ausgesehen. Aber den hast du vergessen. Kein Zufall, denke ich.«
Jetzt sprang Johann wieder auf. »Wollen Sie etwa sagen …«, ging er von Studnitz heftig an.
Philipp von Studnitz trat einen Schritt zurück und schaffte so Abstand. Er schaute Sophie an und lächelte. Noch bevor er sprach, wusste sie, er würde sie nicht verraten. Von ihm würde Johann niemals etwas erfahren. »Wir haben gestern für die Gäste eine Mitternachtssauna angeboten. Danach konnte man im Bademantel unter dem Sternenhimmel spazieren – ein schönes Bild. Sophie, also Frau Kaltenbrunn, hatte den Ring vorher abgelegt und dann vergessen. Eine Mitarbeiterin überreichte ihn mir heute Morgen. Alles in bester Ordnung.«
»Echt? Es gibt eine Mitternachtssauna?«, flüsterte Zoe. »Davon wusste ich …« Julia trat ihr gegen das Schienbein, und sie
Weitere Kostenlose Bücher