Sommer mit Nebenwirkungen
verstummte.
Da Johann sowieso kaum an eine Affäre zwischen dem Hotelchef und Sophie glauben wollte, schluckte er die Erklärung. Mehr oder weniger, denn die Wut war nach wie vor da.
»Nichts ist in bester Ordnung! Hier oben ist doch etwas faul. Dieser Humbug mit dem Wasser, vielleicht sollte man es mal untersuchen lassen. Proben nehmen, das Gesundheitsamt einschalten. Ich kenne da Leute«, drohte Johann.
»In Südtirol? Das glaube ich kaum«, grinste ihn von Studnitz frech an, wahrte dann aber schnell wieder die Form. »Dies ist ein ganz normales Hotel«, sagte er.
»Normales Hotel? Wie sagte es Sophie am Telefon: ›Hier werden unfruchtbare Frauen fruchtbar.‹ Das soll normal sein?« Von Studnitz zuckte desinteressiert mit den Schultern. Denk doch, was du willst, schien die Geste zu sagen. Seine Gleichgültigkeit machte Johann noch wütender. »Wollen Sie mich nicht irgendwie vom Gegenteil überzeugen?«, fragte er verärgert.
Nun hatte von Studnitz genug.
»Ich soll Sie überzeugen? Überzeugen Sie sich doch selbst. Von mir aus können Sie überall in diesem Hotel Ihre Nase reinstecken – in die Küche, in die Wäschekammer, wo auch immer, um nachzuprüfen, ob hier alles normal läuft. Ist mir völlig egal, was Sie tun.«
Er wollte sich schon umdrehen und weggehen, da hielt er noch einmal inne. Er zeigte auf Sophie.
»Oder reden Sie doch einfach mal mit Ihrer Verlobten, einer wirklich wunderbaren Frau. Führen Sie ein Gespräch mit ihr, vertrauen Sie ihr einfach. Sie weiß alles, was man hier oben wissen muss. Ach nein, Sie stellen ja keine Fragen, Sie stecken ja voller Antworten. Kein Wunder, dass sie beide nicht besonders viel miteinander zu reden scheinen. Sophie, womöglich bin ich nicht der Richtige. Aber der ist bestimmt nicht dein Magnet.«
»Sie sind ein komischer Kauz, Herr Studnitz«, sagte Johann – und er klang dabei zutiefst irritiert.
»Für Sie immer noch von Studnitz«, knurrte der Hotelchef. Dann war er weg.
17
Nein, Johann gefiel es hier oben in den Bergen nicht. Die meiste Zeit saß er wütend auf dem Balkon und starrte das Bergpanorama mit finsterer Miene an, als versuche er, mit seinem Blick die Dolomiten wegzulasern. Alle Versuche Sophies, ihn vom Balkon zu locken, scheiterten. Ein Spaziergang durch die Wälder? »Langweilig.« Ein Sprung ins Schwimmbad? »Hab keine Badehose dabei.« Ausruhen in der Liegehalle, die Sophie allerdings aus schlechtem Gewissen eher mied? »Bin ich ein Kleinkind?« Dann blickte er zum wiederholten Mal vorwurfsvoll auf ihre linke Hand. Das mit dem Verlobungsring nahm er ihr übel.
Dabei wusste er nichts von ihrem Seitensprung. Von Studnitz hielt dicht. Nur einmal konnte sie ohne Johanns Anwesenheit kurz mit ihm sprechen – sie hatte den Speisesaal unter dem Vorwand verlassen, etwas im Zimmer vergessen zu haben, und war im Hotelflur mit ihm zusammengetroffen. »Es war ein Ausrutscher, Philipp, obwohl ich dich wirklich gern mag. Aber ich bin verlobt«, sagte sie zu ihm. Von Studnitz hatte ganz gelassen reagiert. »Verlobt oder nicht – du bist auf dem Absprung. Wer als Mann einigermaßen ein Auge dafür hat, der spürt das. Bei mir bist du schon mal losgefedert, aber die Anziehungskraft reichte wohl nicht. Schade. Aber keine Sorge, bereuen werde ich die Nacht bestimmt nicht …« Dabei grinste er sie breit an. Und liebevoll. Ja, sie waren Freunde geworden. Verrückt.
Nein, Johann ahnte nichts. Ihn ärgerte lediglich die Tatsache, dass sie ihren Ring überhaupt verlegt hatte. Und dass sie nicht auf ihn hörte und mit ihm zurück nach Berlin fuhr.
Es stand so viel Ungesagtes zwischen ihnen, zwischen Johann und ihr. Als Psychologin hätte Sophie ein paar Tricks gewusst, um wieder ins Gespräch zu kommen. Aber was hatten ihre Professoren immer warnend gesagt: Wer Psychologie studiert, weil er glaubt, danach sein eigenes Leben besser in den Griff zu bekommen, der hat den Beruf verfehlt. In ihrem eigenen Leben scheiterten Therapeuten genauso wie andere Menschen auch. Sophie saß da und wusste einfach nicht weiter.
Sie war überfordert. Es war einfach alles zu viel auf einmal – die Entdeckung des Krötenraums in der Nacht, dann das Besäufnis mit von Studnitz, das in dieser fatalen Liebesnacht endete. Sie kannte sich selbst nicht mehr. Und dann tauchte plötzlich auch noch Johann auf, mit einem großen Sack voll schlechter Laune und Vorwürfen im Gepäck.
Der wiederholte gebetsmühlenartig nur eine Forderung: »Pack deine Sachen und komm mit mir nach
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