Sommer, Sonne, Ferienliebe - Eis mit Kuss: aus der Reihe Freche Mädchen – freche Bücher! (German Edition)
sie sagen: Haltet das Maul und gebt jede Menge Geld aus!
Ich habe das Gefühl, mich unter meinem lappigen Pulli wie billige Schokolade auf einem aufgeheizten Armaturenbrett aufzulösen. Muss das denn in diesem dämlichen Paradies auch noch nach Einbruch der Dunkelheit so warm sein?
»Wieso hast du nichts Luftigeres angezogen?«, fragt Mama prompt mit einem skeptischen Blick auf die Schweißperlen, die aus meinen Pulloverärmeln tropfen. »Du hast doch dieses schöne, neue Sommerkleid.«
»Mir ist kalt!«, grunze ich. »Und dieses schöne, neue Sommerkleid findest auch nur du schön!«
Eher ertränke ich mich im Hotelpool, als mit diesem Nichts von einem Sommerkleid rumzulaufen. Man steckt ja schließlich auch keine Walrösser in zwei Quadratzentimeter rosa Herzchen auf hellblauem Grund.
»Du hast so eine hübsche Figur«, murmelt Mama.
Wer Badelatschen mit Blumengestecken und überdimensionale Muscheldiademe, die einen aussehen lassen, als wäre man in Ketten gelegt worden, hübsch findet, der ist auch schwachsinnig genug, mich hübsch zu finden. Und sowieso: Mütter sind verblendet und kein Stück objektiv, wenn es um ihr eigenes Fleisch und Blut geht.
Wir haben uns mittlerweile bis zum Marktplatz durchgeschoben. Mama gerät jetzt vollends in Ekstase.
»Nein, guckt doch mal, der Brunnen! Lasst uns ein bisschen auf die Stufen setzen und den Straßenmusikanten zuhören!«
Papa und Karolin nicken begeistert und mir ist mit einem Mal, als müsse ich drei Gänge Abendessen auf das antike Pflaster zurückbefördern. Erst Pasta, dann Carne und schließlich Tiramisu.
»Ich setz mich nicht an diesen blöden Brunnen!«, grunze ich und stemme entschlossen die Hände in die Hüften.
»Warum denn nicht?«, fragt Papa ratlos. »Hast du Angst, dir die Hose schmutzig zu machen?«
»Allerdings!«, raunze ich.
Mir geht es nicht im Geringsten um meine dämliche Hose. Mir geht es ausschließlich um den letzten Rest kläglicher Würde, den ich im hintersten Winkel meines mickrigen Selbstwertgefühls noch zusammenkratzen kann! Keine zehn Pferde bringen mich dazu, mich freiwillig auf den Präsentierteller zu setzen. Um den Brunnen herum hat nämlich ein Albtraum Gestalt angenommen. Papagallos! So weit das Auge reicht Taorminas Halbstarke, die lässig auf ihren Vespas hocken und sich, cool eine Kippe im Mundwinkel, die fettig gegelten Haare nach hinten streichen. Aufgeblasene Machos. Braun gebrannte Mafiosi. Ich werde mich unter keinen Umständen mit meiner idyllisch brüllenden Mutter, meiner nasepopelnden Schwester und meinem reiseführerlesenden Vater in diese Horde setzen. Das halte ich einfach nicht aus.
Papa, Mama und Karolin schlendern zum Brunnen, ohne von meinem entschiedenen Widerstand auch nur Notiz zu nehmen. Na bravo! Und jetzt? Ich kann doch nicht wie bestellt und nicht abgeholt mitten auf dem Platz stehen bleiben wie eine von den dämlichen, marmornen Statuen! Soll ich vielleicht allein zurück zum Hotel gehen, mich ins Bett verkriechen und für den Rest des Urlaubs eine Fischvergiftung vortäuschen? Aber dazu müsste ich erst mal Fisch essen. Und dafür müsste ich wissen, wo genau das Hotel eigentlich liegt. Und für einen Alleingang müsste ich Papa um Erlaubnis fragen und dafür müsste ich zu dem dämlichen Brunnen gehen ... Was für eine ausweglose Situation.
Papa geht Richtung Eisdiele und kommt mit vier fetten Eisbechern zurück zum Brunnen. Vier! Einen für ihn, einen für Mama, einen für Karolin und einen für mich! Und wenn ich das aus der Entfernung richtig sehen kann, ist meiner rot. Himbeerrot. Ein Berg von rotem Himbeereis. Das ist nicht fair! Papa winkt mir mit dem Becher zu und in meinem Mund läuft literweise Wasser zusammen. In meinem Kopf streitet sich Himbeereis mit Peinlichkeitsfaktor. Und weil ich so ein willensschwacher Fresssack bin, gewinnt Himbeereis. Ich fasse es nicht!
Ich atme tief ein und bringe mich in eine möglichst unnahbare Pose, oder das, was ich dafür halte. Augenbrauen überheblich hoch, Mundwinkel verächtlich runter. So stolziere ich Richtung Brunnen. Dumm nur, dass man in verächtlichen Posen immer so schrecklich steife Beine bekommt. Und noch dümmer, dass man mit schrecklich steifen Beinen immer so dämlich stolpert.
Ich strauchle, ich kippe, ich rudere mit den Armen, ich falle mit lautem Getöse in eine der geparkten Vespas, die scheppernd zu Boden fällt und zu allem Überfluss auch noch ihren Besitzer mitreißt. Was für ein Auftritt! Ich lande bäuchlings
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