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Sommer unseres Lebens - Wiggs, S: Sommer unseres Lebens

Sommer unseres Lebens - Wiggs, S: Sommer unseres Lebens

Titel: Sommer unseres Lebens - Wiggs, S: Sommer unseres Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Wiggs
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da.“
    Camp Kioga stand in schmiedeeisernen Lettern auf dem altmodischen Holzbogen, der sich quer über die Auffahrt spannte. „Mein Gott, sogar der Name sieht gruselig aus!“
    Der Rest der Auffahrt wurde von im Boden versenkten Lampen erhellt und führte direkt zu einem großen Blockhaus am Ufer des Sees. „Ah, das gefällt mir schon besser!“ Natalie musterte die hell erleuchteten Fenster mit offensichtlicher Erleichterung. „Es ist sogar noch hübscher, als die Broschüren versprochen haben.“ Im Inneren konnten sie Tische mit brennenden Kerzen sehen, Kellner in schwarzer Uniform, tanzende Paare. Es war das perfekte Bild rustikaler Eleganz, die Art Ort, die in den Menschen eine gewisse Sehnsucht weckt. Oder, dachte Ross, zumindest in alten Männern, die auf der Suche nach alten Erinnerungen sind.
    Sie betraten die große Lobby und schauten sich einen Moment lang um.
    Die Decke aus geschälten Holzstämmen schwebte über der Lounge und der Rezeption. Der Raum hatte eine gewisse zeitlose Atmosphäre; er wirkte wie ein Ort, von dem man sich vorstellte, dass andere, funktionierendere Familien als die eigene sich generationenübergreifend versammelten, um gemeinsam zu feiern oder Urlaub zu machen. Vielleicht war das zu Granddads Zeit auch so gewesen.
    Die Dame an der Rezeption schaute sie erwartungsvoll an. Direkt neben dem Empfang führte eine Tür in den Speisesaal, aus dem Musik erklang und auf dessen Tanzfläche sich tanzende Paare drehten.
    „Er ist vielleicht hier“, murmelte Ross.
    Natalie berührte ihn am Arm. „Geh ruhig.“ Sie folgte seiner Blickrichtung. „Ich besorge uns einen Platz zum Schlafen.“
    Ross ließ sie an der Rezeption zurück und betrat den Speisesaal.Es war schon spät, und nicht mehr viele Gäste waren da. Ross ließ seinen Blick durch den Raum gleiten. Auf einem niedrigen Podest in der einen Ecke spielte ein Trio Stardust Memories . Einige Paare tanzten zu der langsamen Melodie. Sein Blick glitt über sie hinweg; jeder in der Familie wusste, dass Granddad nicht tanzte. Dann hörte Ross ein Geräusch, das er schon viel zu lange nicht mehr vernommen hatte – das schallende Lachen seines Großvaters.
    Jetzt sah er sich die Tänzer einmal genauer an und konzentrierte seine Aufmerksamkeit auf einen großen Mann, der mit einer schlanken, dunkelhaarigen Frau tanzte.
    Ross erstarrte. Ihm schien sich die Brust zuzuschnüren. George Bellamy tanzte. Er trug einen Maßanzug mit einem gestärkten weißen Hemd und einer schmalen Krawatte. Seine kurz geschnittenen, schneeweißen Haare reflektierten das Licht des Kronleuchters. Er wirkte in angenehme Konzentration versunken, und um seine Mundwinkel spielte ein feines Lächeln.
    Tausend Gedanken schossen Ross durch den Kopf. Der Anblick seines Großvaters traf ihn wie ein Schlag in den Magen. Mit großen Schritten näherte er sich dem Paar auf der Tanzfläche. Ross verspürte den Drang, die fremde Frau aus den Armen seines Großvaters zu zerren. Vielleicht hatten seine Mutter und Tante doch recht. Vielleicht drängte die Fremde sich wirklich schamlos in das Leben seines Großvaters.
    „Granddad“, sagte er mit leiser Stimme.
    George Bellamy hielt mitten im Tanz inne, trat einen Schritt von seiner Partnerin zurück und drehte sich um. Nur einen Moment lang wirkte er verwirrt und auf eine Weise desorientiert, die Ross’ Puls panisch in die Höhe schnellen ließ. Dann erhellte sich Georges Gesicht, und er strahlte seinen Enkel an. In dem gedämpften, schmeichelhaften Licht sah er jung, gesund und höchst zufrieden aus. „Mein Junge!“ George streckte die Arme aus. „Mein Junge! Ich wusste, du würdest kommen!“
    Die Frau ging zur Seite. George zog Ross direkt auf derTanzfläche in eine feste Umarmung. Ross spürte die Blicke der Umstehenden, aber es war ihm egal. Er war wieder da. Die Erleichterung seines Großvaters war beinahe mit den Händen greifbar, und Ross wusste, dass George an seinen Sohn dachte, der in den Krieg gezogen und nie wiedergekehrt war.
    Die Heimkehr eines Soldaten sollte ein freudiger Anlass sein. Doch in diesem Augenblick wurde die Freude von einer gewissen Traurigkeit überschattet. In den Armen seines Großvaters war Ross wieder der kleine Junge, traurig und verängstigt. Es war erstaunlich, wie schnell die Gefühle in ihm hochkamen, als wenn sie nie wirklich verschwunden wären, sondern direkt unter der Oberfläche darauf gewartet hätten, wieder hervorzukommen.
    „Mein Junge!“, sagte George noch einmal. „Mein

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