Sommer unseres Lebens - Wiggs, S: Sommer unseres Lebens
„Aber aus dem Internet, Granddad? Von craigslist.com ? Also wirklich.“
„Mir wurde gesagt, ich könne im Internet alles finden. Offensichtlich stimmt es. Ich habe einfach angegeben, was mir wichtig ist, und Godfrey hat es online gestellt.“ George schlug mit seinem Läufer einen von Ross’ Bauern. „Und innerhalb weniger Stunden standen die Bewerber Schlange, um sich mit mir zu treffen. Godfrey hat eine Vorauswahl getroffen. Es war entmutigend, das sag ich dir. Nicht wie diese Partnervermittlungen, für die sie immer Werbung machen. Ich wünschte, du hättest einige der Kandidaten gesehen.“ Er lachte in sich hinein. „Wusstest du, dass es eine Tätowierung gibt, die sich Arschgeweih nennt?“
„Granddad …“
„Mach dir keine Sorgen, Claire ist nicht tätowiert, zumindest soweit ich weiß. Auf jeden Fall hatte ich die Hoffnung schon fast aufgegeben, da lernte ich Claire kennen. Vom ersten Moment an wusste ich, dass sie diejenige welche ist. Ich hatte so ein Gefühl …“
„Ja, was das angeht – hast du ihre Referenzen überprüft? Ihre Qualifikationen?“
„Natürlich. Ich musste doch sichergehen, dass sie das ist, wonach ich suche. Ich bin sicher, dass du sie mögen wirst. Auf den ersten Blick erscheint sie ein wenig farblos, aber du wirst bald feststellen, dass das überhaupt nicht der Fall ist. Sie hat eine eher stille Schönheit und scheint ihre Vorzüge nicht so hervorheben zu wollen, wie es andere Frauen tun.“
„Ehrlich gesagt ist sie mir vollkommen egal, außer in den Bereichen, wo es dich betrifft. Sag’s mir, Granddad, wieso hast du dich gerade für diese Frau entschieden?“
George zog ein kleines Notizbuch hervor. „Nun, lass mich mal sehen … Ich habe mit einer Liste an Anforderungen angefangen: Alter zwischen 25 und 35. Weiblich – natürlich. Mit einer positiven Grundeinstellung und einem Hauch Abenteuerlust. Muss Kinder aller Altersklassen mögen und offen für einen Umzug sein. Ohne emotionalen Ballast. Und Erfahrungen in der Krankenpflege wären wünschenswert.“
Ross runzelte die Stirn. „Ich verstehe nicht, was du dir dabei gedacht hast! Das klingt nicht ansatzweise wie die Stellenausschreibung für eine Krankenschwester.“
„Wieso nicht?“
„Ich denke, wenn man Wünsche bezüglich Alter, Geschlecht und Familienstand äußert, klingt es mehr wie eine Partnerannonce.“
„Ich hatte gewisse Anforderungen. Und das waren einige davon. Du weißt, dass ich nichts gegen Homosexuelle habe, aber für diese Position musste es eine heterosexuelle Frau sein.“
Ross schnappte sich die Liste. „Erfahrungen in der Krankenpflege wünschenswert?“, las er laut. „ Wünschenswert? War das etwa optional oder was?“
„Es ist nicht so wichtig wie die anderen Punkte“, erwiderte George. „Ich will nicht zu sehr ins Detail gehen, aber je weiter die Sache hier fortschreitet, desto unkomplizierter werden meine Bedürfnisse.“
„Das weißt du doch gar nicht.“
„Sie ist zu haben, weißt du“, sagte George.
Ross starrte ihn ungläubig an. „Habe ich das gerade richtig gehört?“
„Ja, das hast du.“
„Was zum Teufel hat das mit all dem zu tun?“
„Eine ganze Menge. Nun, du wirst das vielleicht nicht hören wollen, aber es muss einmal gesagt werden: Ich bin alles, was du hast, mein Sohn, und das ist an Familie nicht ausreichend.“ Er hob die Hand, um den zu erwartenden Widerspruch abzuwehren. „Ich kenne dich, Ross. Dein Herz ist groß, genau wie es das deines Vaters war. Du bist für das Familienleben geschaffen, und das ist keine Schwäche, sondern ein Geschenk. Und dich Claire vorzustellen ist ebenfalls ein Geschenk. Vielleicht mein letztes Geschenk an dich.“
„Ich brauche keine … Granddad, sie ist die letzte Frau auf Erden, mit der ich ausgehen will!“
„Warum? Sie ist liebenswürdig, intelligent, sanft …“
„Wow! Ich bin deinetwegen hier, okay? Kannst du dich bitte darauf konzentrieren?“
„Wie du meinst. Ich will aber, dass du dich mit Claire verstehst. Sie wird nirgendwo hingehen, also strengst du dich besser ein wenig an.“
Ross brauchte einen Moment, um zu verdauen, was sein Großvater da sagte. Es kam nicht jeden Tag vor, dass jemand ihn so deutlich durchschaute. Aber George hatte die Fähigkeit schon immer gehabt. Er konnte direkt in Ross’ Herz hineinsehen. Das war einer der Gründe, warum sie sich immer so nahe gestanden hatten und warum er seinem Großvater vollkommen vertraute. Aber das jetzt …
„Verstehe ich das
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