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Sommerbuch

Sommerbuch

Titel: Sommerbuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tove Jansson
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Kinder beißen den Zahnarzt, aber dann tut es ihm ja weh und nicht ihnen. Warte mal .«
    Sophia überlegte weiter, die Hände vor dem Gesicht. »Schreib Fische«, sagte sie. »Und dann Zwischenraum. Kleine Fische sterben langsamer als große Fische, und trotzdem gehen die Leute mit kleinen Fischen viel rücksichtsloser um. Sie dürfen wer weiß wie lange auf dem Felsen liegen an der Luft und atmen, und das ist, als ob man jemanden unter Wasser hält. Und die Katze«, fuhr Sophia fort, »wie weißt du, daß sie beim Kopf anfängt? Warum macht ihr die Fische nicht ordentlich tot?! Die Katze kann müde sein oder die Plötzen schmecken schlecht, und dann fängt sie beim Schwanz an. Dann muß ich losschreien. Ich muß schreien, wenn der Fisch mit Salz bestreut wird und das Wasser heiß gemacht wird und er zappelt. Solchen Fisch esse ich nicht, und das geschieht euch recht !«
    »Du diktierst zu schnell«, sagte die Großmutter. »Soll ich schreiben >das geschieht euch recht ?« «
    »Nein«, sagte Sophia. »Es ist ja eine Abhandlung. Hör auf bei >er zappelt< .«
    Sie war eine Weile still und fuhr dann fort: »Drittes Kapitel. Zwischenraum. Ich esse Krebse, aber ich will nicht zusehen, wenn sie gekocht werden, denn dann werden sie widerlich, und man muß sehr vorsichtig sein .«
    »Richtig«, sagte die Großmutter und schmunzelte.
    »Jesus«, sagte Sophia heftig. »Das sind ernste Sachen. Sag nichts. Schreib: Ich hasse Wühlmäuse. Schreib: Ich hasse Wühlmäuse, aber ich habe nicht gern, wenn sie sterben. Sie machen unterirdische Gänge, und dann fressen sie Vaters Zwiebeln. Sie bringen ihren Kindern bei, Gänge zu graben und Zwiebeln zu fressen. Und nachts schlafen sie und umarmen sich dabei. Sie wissen nicht, daß sie Sorgentiere sind. Ist das ein gutes Wort ?«
    »Sehr gut«, sagte die Großmutter und schrieb so schnell sie konnte weiter.
    »Und dann bekommen sie vergifteten Mais, oder aber sie bleiben mit den Hinterbeinen in Fallen stecken. Gut, daß sie hängenbleiben oder einen Giftbauch bekommen und dann explodieren. Was aber soll man tun? Schreib: Was aber soll man tun, daß sie nicht bestraft werden, bevor sie was gemacht haben? Danach ist es ja trotzdem zu spät! Es ist sehr schwierig. Sie bekommen alle zwanzig Minuten neue Kinder .«
    »Jeden zwanzigsten Tag«, murmelte die Großmutter.
    »Und sie bringen es ihren Kindern bei! Ich denke jetzt nicht bloß an die Wühlmäuse, sondern an alle kleinen Tiere, die ihren Kindern alles beibringen. Und es werden immer mehr und mehr, und die bringen dann ihren Kindern alles bei, und schließlich sind sie alle falsch erzogen! Am schlimmsten ist es für die, die so klein sind, daß es sie überall gibt, und die nicht zu sehen sind, bevor man sie zertrampelt hat. Und manchmal sind sie dann auch nicht zu erkennen. Man weiß es nur, und dann hat man ein schlechtes Gewissen.
    Was man auch tut, immer ist es schlimm, und deswegen ist es am besten, daß man gar nichts tut oder auch an andere Dinge denkt. Schluß. Gibt es noch Platz für eine Schlußvignette ?«
    »Aber ja«, sagte die Großmutter.
    »Die darfst du zeichnen«, erklärte Sophia. »Wie klingt das Ganze ?«
    »Soll ich vorlesen ?«
    »Nein«, antwortete Sophia. »Nein, ach nein, lieber nicht. Ich habe jetzt keine Zeit. Aber du kannst die Abhandlung für meine Kinder aufbewahren !«

Sophias Sturm

    Jener Sommer wurde nicht mit seiner Jahreszahl genannt, sondern man erinnerte sich an ihn nur als an den Sommer mit dem großen Sturm. So lange man denken konnte, hatte es im Finnischen Meerbusen nicht solche Wellen gegeben, die aus dem Osten mit Windstärke neun anrollten. Doch die Wellen wurden so hochgepeitscht, daß die Höhe und Länge einer Stärke von zehn oder — wie jemand behauptete — elf Beaufort entsprachen. Es war zufälligerweise am Ende der Woche, das Radio hatte schwach wechselnde Winde durchgegeben, weshalb alle Boote für schönes Wetter ausgerüstet waren. Daß und wie sie heil davongekommen sind, ist Gottes Gnade zu verdanken, denn der Sturm kam innerhalb von einer halben Stunde und nahm ganz schnell bis zur vollen Stärke zu. Danach flogen die staatlichen Hubschrauber die Küsten ab und sammelten die Leute auf, die zwischen den Felseninselchen oder in ihren abgesoffenen Booten hingen. Die Hubschrauber gingen auf jede Schäre hinab, wo es nur die geringste Spur von Leben gab oder die armseligste Bretterbude stand. Sie schrieben den Namen von jeder Schäre und die Namen der Überlebenden auf eine

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