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Sommerbuch

Sommerbuch

Titel: Sommerbuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tove Jansson
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nehme .«
    »Das scheint anstrengend zu sein«, bemerkte Werner mild. »Du solltest mit deinen Komplimenten etwas vorsichtiger sein !«
    »Da hast du recht«, sagte die Großmutter.
    Sie gingen friedlich schweigend weiter auf die Inselspitze zu.
    Schließlich sagte er: »Früher hast du nie über PS oder Kunstdünger gesprochen .«
    »Ich wußte doch nicht, daß auch das interessant sein kann. Konkrete Dinge können sehr spannend sein .«
    »Und über Eigenes, über Persönliches, darüber spricht man nicht«, bemerkte Werner.
    »Vielleicht nicht über das Wesentliche.« Die Großmutter blieb stehen, um zu überlegen. »Jedenfalls weniger als früher. Vielleicht hat man auch schon das meiste gesagt und bemerkt, daß es sich nicht lohnt. Oder daß man kein Recht dazu hat.«
    Werner sagte nichts.
    »Hast du Streichhölzer ?« fragte sie. Sie zündete sich eine Zigarette an, und sie kehrten zum Sommerhaus zurück. Noch war kein Wind aufgekommen.
    »Dieses Boot gehört mir nicht«, sagte er.
    »Das ist mir klar. Es ist ein Walrückenboot. Hast du es geliehen ?«
    »Ich habe es einfach genommen«, antwortete Werner. »Ich habe es genommen und bin losgefahren. Eine unangenehme Situation: sie machen sich ständig Sorgen .«
    »Aber du bist doch höchstens fünfundsiebzig Jahre alt«, sagte die Großmutter erstaunt. »Du kannst doch wohl machen, was du willst .«
    Werner antwortete: »Das ist nicht so leicht, man muß Rücksicht nehmen! Die haben immerhin eine Art von Verantwortung für mich. Schließlich und endlich ist man wohl doch nur im Wege .«
    Die Großmutter blieb stehen und stocherte mit dem Stock an einem Stück Moos herum, brachte es dorthin, wo es hingehörte, ging weiter.
    »Manchmal bin ich sehr bedrückt«, sagte Werner. »Du hast gesagt, daß man über das, was einen angeht, nicht reden soll, aber nun habe ich es trotzdem getan. Ich sage heute anscheinend nur verkehrte Sachen .«
    Das Meer war abendlich gelb und unbewegt.
    »Hast du etwas dagegen, wenn ich rauche ?« fragte er.
    Sie antwortete: »Aber durchaus nicht, lieber Freund .«
    Werner zündete eine kleine Zigarre an. Er sagte: »Sie reden so viel über Hobby. Verstehst du, Hobby .«
    »Ja«, sagte die Großmutter. »Man erwartet, daß man Lust dazu hat .«
    »Zum Beispiel etwas zu sammeln«, fuhr Werner fort. »Das ist doch Unsinn. Weißt du, ich möchte zum Beispiel etwas mit den Händen tun, aber ich bin ziemlich unpraktisch .«
    »Aber du könntest doch Pflanzen setzen !«
    »Tatsächlich !« rief Werner. »Du bist genauso, ganz genauso! Pflanzen setzen! Das sagen die auch, und guck mal, wie es wächst! — Darauf hätte ich auch kommen können, wenn die es nicht gesagt hätten !«
    »Ja, du hast recht«, sagte die Großmutter. »Es ist wahr. Man muß selbst drauf kommen !«
    Sie holte seinen Korb und Pullover, und alle verabschiedeten sich voneinander. Die Großmutter schlug ein Glas Sherry vor, aber Werner erklärte, daß er gerade das Getränk eigentlich nie gemocht habe, höchstens im Zusammenhang mit ihren gemeinsamen Erinnerungen, die ihm teuer wären.
    »Mir auch«, antwortete die Großmutter aufrichtig. »Fahr geradeaus und vorbei an den Hufsteininseln, dort ist es überall tief. Und sieh zu, daß dir was einfällt, womit du denen Sand in die Augen streust !«
    Werner antwortete: »Darauf kannst du dich verlassen !« Er setzte den Motor in Gang und fuhr geradewegs davon.
    »Wem soll Sand in die Augen gestreut werden ?« fragte Sophia.
    »Den Verwandten. Schlimmen Verwandten. Sie sagen ihm, was er machen soll, ohne zu fragen, ob er dazu Lust hat. Deswegen mag er gar nichts mehr tun .«
    »Wie schrecklich«, sagte Sophia. »Das könnte uns doch nicht passieren !«
    »Nein! Nie !« sagte die Großmutter.

Angelwürmer und andere

    In einem Sommer, ganz plötzlich, hatte Sophia Angst vor kleinen Tieren. Je kleiner sie waren, desto ängstlicher war sie. Das war ganz neu. Seitdem es ihr geglückt war, ihre erste Spinne in eine Streichholzschachtel hineinzubekommen, um sie zahm zu machen, waren ihre Sommer voll von Larven, Würmern, Raubhautflüglern und sonstigen unzugänglichen Wesen gewesen, denen sie alles gab, was sie vom Leben erwarten konnten, allmählich sogar ihre Freiheit. Nun wurde alles anders. Sophia machte vorsichtige, ängstliche Schritte, während sie den Boden nach allem, was kroch und sich schlängelte, absuchte. Büsche waren gefährlich, Seegras war gefährlich, ebenso das Regenwasser. Überall gab es sie, sie konnten zwischen

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