Sommerfrische – Verbotene Kuesse im Mondschein
du dir grundlos Sorgen gemacht hast.”
“Ich weiß nicht recht”, murmelte Annis. “Es fällt mir schwer, mich zu überwinden.”
“Du bist unbeugsam, meine Liebe. Wahrscheinlich hilft deine Standhaftigkeit dir dabei, deine Schützlinge auf den rechten Weg zu leiten.”
“Das mag sein”, räumte Annis ein. “Aber ich denke auch an deine Ehe mit Mary.” Sie wollte nicht ständig im Schatten seiner verstorbenen Frau stehen.
Adam ließ sie los und äußerte ernst: “Irgendwann werde ich dir von Mary erzählen, und dann kannst du mir von deinem Gatten berichten und mir die Gründe nennen, warum der Gedanke an eine zweite Ehe dir so widerstrebt. Mach kein so niedergeschlagenes Gesicht”, setzte er hinzu und küsste Annis auf die Wange. “Ich bin sicher, mit der Zeit wird sich alles regeln. Jetzt sollten wir uns mit den Planungen für unsere Hochzeit befassen.”
Schweigend nahm Annis zur Kenntnis, dass Adam ihr angeboten hatte, verständnisvoll und geduldig sein zu wollen. Mehr konnte sie nicht von ihm verlangen.
Das Aufgebot wurde verlesen, und danach hatte Annis das Gefühl, es gäbe kein Zurück für sie. Adam sagte ihr, er würde gern seine engsten Freunde zur Hochzeit bitten, und sie war einverstanden. Von ihrer Seite her würden nur die Cousine mit ihrer Familie, Charles und einige gute Bekannte an der Trauung teilnehmen. Die für das Brautkleid und die Aussteuer notwendigen Ausgaben verschlangen fast das Honorar, das Sir Robert Crossley ihr gezahlt hatte.
Eines Nachmittags fanden Adam und sie endlich die Zeit, nach Starbeck zu fahren. Für Adam war das die erste Gelegenheit, das Gut genau in Augenschein zu nehmen. “So schlimm, wie ich befürchtet habe, ist der Zustand des Hauses nicht. Ein Großteil der Schäden lässt sich rasch beheben. Ich bin überzeugt, dass wir, sobald das Gebäude hergerichtet ist, einen Mieter finden werden”, setzte er hinzu und lächelte Annis an. “Oder wir behalten es als Liebesnest für die Gelegenheiten, wenn wir Eynhallow entfliehen wollen.”
Errötend lächelte sie, obwohl sie sich ängstigte. Starbeck war ihr Zufluchtsort gewesen. Bei der Vorstellung, dass es durch die Heirat Adam zufallen werde, hatte sie das Gefühl, es zu verlieren und keinen Ort mehr zu haben, an den sie sich zurückziehen konnte.
“Wie ich hörte, wurden gestern Nacht selbst alle alten Leute zusammengerufen, um den Aufwieglern Widerstand zu leisten”, äußerte Adam, während er langsam mit ihr an dem Schwefelbrunnen und der schönen Sonnenuhr vorbei in den von einer Mauer umgebenen Garten schlenderte. “Sie waren jedoch so klapprig, dass die Aufrührer sie mühelos entwaffnen und überwältigen konnten. Hörst du mir überhaupt zu, Annis?”, fragte er irritiert. “So wenig, wie du auf das eingehst, was ich sage, könnte ich genauso gut chinesisch mit dir reden.”
Annis setzte sich auf die im Schatten eines Apfelbaums stehende Bank. Vor der Mauer stand ein altes Sommerhaus, und davor war ein kleiner Teich, den dieselbe Quelle speiste, aus der auch der Brunnen das Wasser bekam. Überall in dem sehr verwilderten Garten blühten Blumen, deren Duft in der Luft hing. Die Stimmung war sehr friedlich. “Entschuldige”, erwiderte Annis. “Ich habe nachgedacht.”
“Über Starbeck?”, fragte Adam und setzte sich zu ihr. “Du wirst es nicht verlieren, Annis.”
Sein Scharfsinn beeindruckte und beunruhigte sie. “Ich weiß. Dennoch wird es hier nicht mehr so wie früher sein.”
Adam ergriff ihre Hand. “Du bist besorgt, weil du glaubst, keinen Zufluchtsort mehr zu haben. Was veranlasst dich zu der Annahme, du könntest Grund haben, dich hierher zurückziehen zu müssen?”
Sie schaute ihn an. Sein Blick war prüfend und machte sie unsicher. Sie konnte ihm nicht erzählen, dass sie noch nicht bereit war, sich ihm anzuvertrauen. Das zu hören würde ihn schmerzen, da er bisher so viel Geduld mit ihr gehabt hatte. Im Übrigen musste sie mit diesem Problem fertig werden, nicht er, und außerdem war das nicht ihr einziges. “Ich weiß, dass du deine Gattin geliebt hast”, antwortete sie bedächtig. “Ich befürchte, dich zu enttäuschen. Ich könnte es nicht ertragen, wenn unsere Ehe nicht so glücklich würde wie deine erste.” Sie verschränkte die zitternden Finger. “Vielleicht bin ich dumm, weil ich nicht die zweite Wahl sein will, aber es wäre mir lieber, gar nicht zu heiraten, statt ständig mit deinen Erinnerungen leben zu müssen.” Innerlich zitternd wartete sie
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