Sommerfrische – Verbotene Kuesse im Mondschein
Frühstück die Bibliothek betrat, stand Adam im Sonnenlicht vor dem Fenster. Nach allem, was am vergangenen Abend zwischen ihnen geschehen war, empfand sie einen solchen Aufruhr der Gefühle, dass sie keinen Laut herausbrachte. Zwar hatte sie geahnt, dass Adam ungekannte Leidenschaft in ihr wecken konnte, indes nicht damit gerechnet, ihre Hemmungen zu verlieren. In der vergangenen Nacht hatte körperliches Verlangen sie beinahe überwältigt.
Adam ging zu ihr und begrüßte sie.
Er lächelte sie an, und ihr stockte das Herz. Aus irgendeinem Grund hatte sie angenommen, dass sie bei Tageslicht nicht mehr so unter seinem Bann stehen würde.
“Ich hoffe, du fühlst dich wohl, Annis.” Mit einladender Geste bat er sie, auf dem Sofa Platz zu nehmen. “Ich nehme an, du hast schon gehört, dass Wilcox nichts passiert ist. Mein Bruder hat mir erzählt, er habe dich benachrichtigen lassen.”
“Ja, ich bin sehr erleichtert”, erwiderte sie nickend. “Der Verlust der Kutsche ist bedauerlich, aber nicht mit dem eines Menschenlebens zu vergleichen.”
“Nun, du hast auch die Pferde eingebüßt”, sagte Adam lächelnd. “Ich bezweifele, dass du sie je zurückbekommen wirst. Falls sie dennoch irgendwo gesehen werden sollten, wird derjenige, der sie dann hat, gewiss behaupten, sie seien seit Jahren in seinem Besitz.”
“Das waren Charles’ Pferde”, murmelte Annis bedrückt. “Er hat sie mir zur Verfügung gestellt, damit ich meine Kutsche benutzen konnte.”
“Nun, dann hat auch er gestern einen beträchtlichen Schaden erlitten, vorausgesetzt, du hast recht und er ist nicht in die Aufstände verwickelt.”
“Warst du heute schon bei der abgebrannten Zollstation?”
“Ja”, antwortete Adam nickend. “Sie ist vollkommen zerstört. Die Castles sind jedoch in Sicherheit. Bis jetzt wird niemand der Brandstiftung verdächtigt, und folglich hat es auch noch keine Verhaftungen gegeben”, setzte er schmunzelnd hinzu. “Die Miliz hatte den Aufrührern zwar eine Falle gestellt, doch da sie gewarnt wurden, sind sie nicht hineingetappt.”
“Wie gut für sie”, meinte Annis und lächelte ebenfalls. “Natürlich hast du keine Ahnung, wer die Leute rechtzeitig gewarnt hat.”
“Nein, das weiß ich wirklich nicht, und auch du bist nicht im Bilde, falls dein Cousin dich dazu befragen sollte. Ich nehme an, er ist bereits auf dem Weg hierher, um herauszufinden, ob mit dir alles in Ordnung ist.” Adam setzte sich zu Annis. “Ich habe mit meinem Bruder über das Aufgebot gesprochen. Morgen wird es zum ersten Mal verlesen.”
Diese Neuigkeit versetzte Annis in Panik. Hastig stand sie auf, ging zu einem Fenster und blickte in den Park. “Musste das so schnell geschehen?”, fragte sie betroffen.
“Ich habe den Eindruck, dass du mich nicht heiraten willst”, antwortete Adam und erhob sich ebenfalls. “Dein offenkundiger Widerwille ist nicht gerade schmeichelhaft für mich und nach deinem gestrigen Verhalten erst recht verwunderlich. Kann es sein, dass du Abstand von unserer Hochzeit nehmen willst?”
“Ich habe dir bereits gesagt, dass ich nichts gegen die Ehe mit dir einzuwenden habe, Adam”, entgegnete Annis steif. “Ich bin gegen die Ehe als solche eingenommen und fürchte mich nun, weil ich einer zweiten Vermählung nicht entgehen kann.”
“Du hast nicht den mindesten Grund, Angst vor mir zu haben”, sagte Adam ernst. “Das müsstest du wissen.”
Annis rang mit sich. “Für mich ist der Entschluss zu heiraten so bedeutungsvoll, dass ich ihn nicht treffen mag, ohne Gewissheit zu haben, dass die Ehe gut verlaufen wird. Ich weiß jedoch sehr wenig über dich, Adam, über deine Beweggründe und Erwartungen. Ich kenne dich wirklich nicht sehr gut. Insofern macht die zwischen uns bestehende Anziehungskraft mir die Sache nicht leichter. Ich habe dir erzählt, dass meine Ehe nicht glücklich war, was mich veranlasst hat, eine zweite nicht ins Auge zu fassen.” Sie sah Adams Miene weicher werden und hielt sich vor, er sei ein besserer Mensch, als sie verdient hatte. Vielleicht würde sie mit der Zeit im Stande sein, ihm ihre Ängste zu erläutern.
Adam ergriff sie bei den Händen und sagte sanft: “Ich kann meine Hoffnungen und Erwartungen mit wenigen Worten beschreiben. Ich möchte dich wirklich zur Frau, nicht nur, um deinen Ruf zu retten oder um der Ehre Genüge zu tun. Falls du einwilligst, meine Gattin zu werden, haben wir viel Zeit, uns besser kennenzulernen, und dann wirst du feststellen, dass
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