Sommergeheimnisse 04 - Kurzschluss
den Lichtstrahl. Sie schaltete die Lampe wieder aus und legte sie auf Chickies Schreibtisch. Chickie und sie kochten sich ihren eigenen Kaffee, weil das bequemer war und er besser als der aus dem Automaten schmeckte. Jetzt holte Elizabeth Tassen und stellte sie neben die Taschenlampe. Aus Tassen zu trinken, würde erheblich einfacher sein, als die hohle Hand zu benutzen, und sie wusste, dass Chickie nichts dagegen hätte, wenn Quinlan ihre Tasse nahm. Im Gegenteil.
Chickie war ein Fan von Süßigkeiten. Suchend zog Elizabeth jede Schreibtischschublade auf. Prompt fand sie einen Sechserpack Schokoriegel, von denen nur einer fehlte, außerdem eine ungeöffnete Packung Feigen, Kaugummi, eine Rolle Kekse und einen kleinen Blaubeerkuchen. Der Nährwert dieser Naschereien war natürlich minimal, aber sie stillten den Hunger. Zum Schluss holte Elizabeth noch zwei weiche Kissen, die die Besuchersessel in ihrem Büroraum zierten. Sie würden als Kopfkissen besser geeignet sein als die Polsterkissen im Foyer.
Quinlan öffnete seine Tür, und Elizabeth blickte ihm entgegen. Er hatte sein Sakko ausgezogen und trug eine kleine schwarze Ledertasche. Als er sah, was sie auf dem Schreibtisch aufgebaut hatte, lachte er amüsiert. „Warst du zufällig mal bei den Pfadfindern?“
„Das meiste ist nicht mein Verdienst. Chickie ist diejenige von uns beiden, die gern nascht.“
„Erinnere mich dran, dass ich ihr dafür eine Umarmung schulde, wenn ich sie das nächste Mal sehe.“
„Es wäre ihr bestimmt lieber, wenn du ein Rendezvous für sie mit dem Rennradfahrer arrangieren würdest, der heute nach der Mittagspause in deinem Büro verschwand.“
Quinlan lachte erneut. „Deine Sekretärin scheint abenteuerlustig zu sein.“
„Chickie ist stets auf Abenteuer aus. War er ein Kunde von dir?“
„Nein.“
Elizabeth spürte sofort, dass er nicht bereit war, weiter über den Besucher zu sprechen. Für ihn war das Thema abgeschlossen. Wie immer war er extrem verschwiegen, sobald es um sein Geschäft, sein Personal und die Kunden ging. Wenn sie zusammen aus gewesen waren, wollte er immer nur über sie reden und zeigte Interesse an jedem Detail ihres Lebens. Gleichzeitig hatte er ihre zaghaften Versuche, mehr über ihn zu erfahren, hartnäckig abgeblockt. Es hatte nicht lange gedauert, bis seine Neugier, verbunden mit der Weigerung, private Auskünfte über sich selbst zu geben, sie misstrauisch gemacht hatte. Elizabeth konnte es verstehen, wenn man über gewisse Dinge nicht reden wollte. Es gab einen bestimmten Abschnitt in ihrem Leben, über den sie auch nicht sprechen konnte, aber Quinlans Verschwiegenheit war so umfassend, dass sie nicht einmal wusste, ob er eine Familie besaß. Andererseits hatte er die Lücke in ihrem Lebenslauf bemerkt und schon damit begonnen, sie auszufragen, woraufhin sie die Beziehung kurzerhand beendete.
Einer von Elizabeths Sesseln war mit einem hübsch gemusterten Tuch dekoriert. Dieses Tuch breitete sie jetzt auf dem Schreibtisch aus, um den Proviant hineinzupacken. Als sie die Süßigkeiten in die Mitte stellte, zeigte Quinlan auf das Tuch. „Gibt es wirklich Leute, die Tücher zur Dekoration von Sesseln kaufen, nur weil das gut aussieht?“
„Natürlich. Warum nicht?“
„Das ist doch lächerlich, oder?“
„Das hängt vom jeweiligen Standpunkt ab. Findest du es lächerlich, wenn Leute einen Haufen Geld für Alu-Felgen für ihr Auto ausgeben, nur weil das gut aussieht?“
„Autos sind nützlich.“
„Sessel auch“, bemerkte sie trocken. Dabei knotete sie die vier Ecken des Tuches zusammen. „Fertig.“
„Wir müssen hier oben noch die Imbissautomaten plündern, denn vielleicht reicht dein Proviant nicht aus. Das können wir gleich erledigen, dann müssen wir später nicht noch mal herkommen.“
Elizabeth warf ihm einen skeptischen Blick zu. „Glaubst du, dass wir so lange hier eingesperrt sind und so viel Verpflegung brauchen?“
„Wahrscheinlich nicht, aber ich habe lieber zu viel als zu wenig zur Verfügung. Was wir nicht essen, können wir jederzeit zurückgeben.“
„Das ist einleuchtend“, gab Elizabeth zu.
Er drehte sich um und wollte ihr die Tür öffnen. Elizabeth starrte entsetzt auf die Pistole, die er hinten in seinen Gürtel gesteckt hatte. „Was, um alles in aller Welt, hast du damit vor?“ rief sie empört.
3. KAPITEL
Q uinlan hob die Augenbrauen. „Die Pistole gebrauche ich nur im Not fall.“
„Vielen Dank für die ausgesprochen beruhigende Auskunft!
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