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Sommergewitter

Sommergewitter

Titel: Sommergewitter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristina Dunker
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eintauschen sollte. Derkalte Stoff störte mich jedes Mal und die vor einer Blasenentzündung warnende Stimme meiner Mutter meldete sich auch gleich in meinem Hinterkopf. Aber ich war zu faul, mich umständlich unter einem Handtuch umzuziehen. Steffi wechselte ja auch nie zwischendurch die Badekleidung. Also ließ ich mich mit dem sanften Popgedudel treiben, hörte auf das leise Umschlagen der Seiten von Steffis Roman und döste wieder ein.
    Da muss es so um die drei Uhr gewesen sein. Nachgeschaut hat natürlich keiner von uns, warum auch?

Freitag, 15.30   Uhr
    Ich musste eingeschlafen sein, denn als ich erwachte, war mein Kopf voll von unangenehmen Traumbildern. Ich hatte allein in einem schlabbrigen Bikini an den Spannern vorbeigehen, mich von ihnen anglotzen und meine Figur mit der von Yasmin vergleichen lassen müssen. Als ich plötzlich glaubte, eine Hand an meinem Po zu spüren, war ich erschrocken aufgewacht.
    Ich rieb mir die Augen und richtete mich auf. Mein Kreislauf war im Keller, Kopfweh kündigte sich an. Irgendwie musste das am Wetter liegen, die drückende Schwüle hatte zugenommen und kleine schwarze Gewittertierchen saßen auf meinen nackten Armen.
    »Jetzt fängt das wieder mit diesen ekeligen Tierchen an«, sagte ich zu Steffi, die in ihr Buch vertieft war und zusammenhanglos und ohne aufzublicken antwortete: »Das ist echt krass, mit ’ner Nagelschere hat der der die Haut abgezogen, da muss man erst mal draufkommen.«
    Ich antwortete nicht. Gruseln war eine der wenigen Leidenschaften meiner Freunde, denen ich nicht so viel abgewinnen konnte. Zwar fand ich es auch gemütlich und spannend, wenn wir einen Videoabend in der Gartenhütte von Steffis Eltern machten   – wir kuschelten uns alle vier auf dem Sofa zusammen und stellten uns vor, der Axtmörder aus dem Film stünde draußen vor der dünnen Holztür   –, aber wenn es auf die richtig blutrünstigen Höhepunkte zuging, steckte ich meine Nase lieber tief in die Chipstüte oder fing sogar an, die Kegelpokale auf dem Regal zu zählen.
    Jonas, der ja davon träumte, Schauspieler oder Filmregisseur zu werden, versuchte mir immer wieder einzureden, dass man vieles ironisch oder gesellschaftskritisch sehen müsse. Keiner würde doch ernsthaft an Axtmörder glauben. Der Axtmörder an sich sei ja nur ein Bild für das Unbewusste. Ich war mir da nicht so sicher. Wenn es draußen stürmte und drinnen die Schreie aus dem Fernseher drangen, schien mir die Möglichkeit, auf dem Heimweg tatsächlich die Filmfigur zu treffen, ziemlich real.
    Achtung! Ich war dabei, wieder einzuschlafen und in einen neuen Albtraum abzugleiten! Schnell stand ich auf. Leichter Schwindel überfiel mich, verging aber wieder. Der Sand, in den meine nackten Füße einsanken, war immer noch heiß. Fast hätten wir uns das Brennholz sparen und auf den Steinen Spiegeleier braten können. Ich zupfte an meinem Bikini herum, benetzte einen bös juckenden Bremsenstich mit Spucke und sah mich um.
    An den Seeufern lagerten weiterhin Badegäste, auch wenn ich den Eindruck hatte, dass es weniger waren alszuvor. Auf dem Wasser trieb ein großes rotes Schwimmtier in Form eines Drachen, um das sich einige Jugendliche balgten.
    Durch den bleigrauen Himmel und das zwischen ein paar Wolkenbergen hervorbrechende gleißend grelle Licht wirkten die Farben intensiver und die Konturen schärfer als sonst, der Schwimmdrache leuchtete und selbst das Kieswerk am anderen Ufer erschien nun wirklich wie eine Drachenburg.
    »Ob das mit unserem Lagerfeuer überhaupt noch was wird?«, fragte ich Steffi in dem Versuch, über das Wetterthema ein Gespräch mit ihr anzufangen.
    »Och, wieso nicht«, murmelte sie und klappte widerwillig ihr Buch zu. »Regen haben sie erst für heute Abend angesagt.«
    »Wie spät ist es eigentlich?«
    »Keine Ahnung.« Sie kramte eine Haarbürste aus ihrer Tasche, legte den Kopf schief und kämmte ihre langen mittelblonden Haare.
    »Wo die anderen wohl bleiben?«, fragte ich.
    Steffi hielt erschrocken im Kämmen inne. »Stimmt! Deine Cousine ist ja auch noch nicht wieder da. Ich war so im Leserausch, ich hab gar nicht gemerkt, dass sie nicht zurückgekehrt ist!«
    Meine Cousine. Ich hatte sie völlig vergessen.
    Wir schwiegen, sahen uns an. In Gedanken versuchte ich bereits, die Zeit ihrer Abwesenheit einzugrenzen, abzumessen, zu erfassen: Sie war gegangen, Jonas war gegangen, Rüdiger war vorher schon weg, ich hatte in der Sonne gelegen, ein kurzes Nickerchen gemacht,

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