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Sommergewitter

Sommergewitter

Titel: Sommergewitter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristina Dunker
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Hunger!«
    »Ginie und Rüdiger sind schon superlange weg!«, sagte ich ernst.
    Jonas stoppte im Kauen, runzelte die Stirn, sah uns einen Moment fragend an, kaute dann weiter und sagte schließlich: »Und?«
    »Rüdiger ist nicht das Problem«, klärte ihn Steffi auf, »der streift gern mal so durch den Wald. Aber wenn Ginie allein ist . . .!«
    »Wieso? Die ist doch clever und gut drauf, die wird schon nicht verloren gehen.«
    Wieder sah ich ein eifersüchtiges Aufmerken in Steffis Gesicht und auch Jonas blieb es nicht verborgen, denn er fügte leicht gereizt hinzu: »Mensch, was habt ihr denn? Was weiß ich, wie lange so ’n Mädchen braucht?« Er schob sich einen zweiten Keks in den Mund, sprang leichtfüßig auf   – Jonas kann nämlich futtern wie ein Weltmeister und nimmt nie ein Gramm zu   –, legte eine andere CD in den Spieler, stellte ihn an, summte mit.
    »Findest du das überhaupt nicht merkwürdig, Jonas?«, fragte Steffi, jetzt schon ein bisschen ärgerlich, weil er nicht auf uns einging.
    »O Mann! Macht euch nicht nervös! Man braucht ein paar Minuten, den Sandberg rauf- und wieder runterzustiefeln, einen geeigneten Platz zu finden und so weiter!«
    »Schon. Aber es sind mittlerweile mehr als ein paar Minuten. Sie ist bald eine ganze Stunde weg!« Ich war mir sicher, dass er die Sache zu leichtnahm, griff entschlossen nach meinen abgeschnittenen Jeans, zog sie über meine klamme Bikinihose und schlüpfte in meine Leinenschuhe.
    »Annika, was hast du vor?« Steffis Stimme klang alarmiert, zum ersten Mal schwang so etwas wie Angstdarin mit, die Befürchtung, dass etwas Schlimmes passiert sein könnte.
    »Ich geh sie suchen.«
    »Okay.« Jonas nickte. »Von mir aus. Aber Rüdiger ist ja auch noch nicht wieder da. Vielleicht sind sie zusammen, sind kurz ins Dorf geradelt und bringen uns Eis mit . . .«
    »Glaub ich nicht«, sagte ich und zog mir auch das Top über. »Sie sind ja nicht zusammen weggegangen und Rüdiger ist chronisch schüchtern, der zieht nicht mal eben ganz locker mit ’nem Mädchen los. Was sollen die zwei sich erzählen? Die haben die ganze Zeit kaum ein Wort miteinander gewechselt, die sind nicht zusammen.«
    Jonas unterdrückte ein Grinsen und murmelte: »Man weiß ja nie. Ein blindes Huhn findet auch mal ein Korn.«
    Ich schüttelte stumm den Kopf, konnte mir Rüdiger und Ginie einfach nicht bei einem netten Pläuschchen vorstellen. Steffi kaute grübelnd und ebenfalls schweigend auf ihrer Unterlippe herum, sah mir beim Anziehen der Schuhe zu, doch als ich gehen wollte, ging ein Ruck durch ihren Körper und sie ergriff meinen Arm. »Warte. Ich komm mit. Jonas, du bleibst hier. Einer muss auf die Sachen aufpassen.«
    »Gut. Ich fang schon mal mit dem Lagerfeuer an. Wenn ihr wiederkommt, sind die Würstchen fertig. Mag deine Cousine lieber Senf oder Ketchup dazu?«
    Er versuchte, gute Stimmung zu machen, aber es klappte nicht und wir gaben ihm keine Antwort. Steffi streifte sich ihr Kleid über, die Sandalen nahm sie in dieHand. Eilig stiegen wir den Sandberg hinauf, erreichten keuchend den Waldsaum.
    »Und jetzt?« Steffi wischte sich so ordentlich, wie es ihr auf die Schnelle möglich war, den Sand von den Füßen und schlüpfte in ihre Sandalen.
    Ich sah mich um. Von hier oben hatte man einen guten Blick über den tief in der riesigen Sandkuhle liegenden See. Er war auf drei Seiten von Kiefernwald umgeben, der teils aus lichten Stellen, teils aus abgezäunten Schonungen und teils aus dichterem Mischbewuchs bestand. Trampelpfade liefen kreuz und quer durch dieses mehrere Quadratkilometer große Terrain. Der Pfad, der zum Forstweg führte, an dem unsere Räder standen und den wir stets nahmen, um zum See zu kommen, lag direkt vor uns. Der Waldbereich rechts des Pfades wurde nach ein oder zwei Kilometern von der Landstraße begrenzt, der linke zog sich bis zu den Industrieanlagen hin.
    »In welche Richtung ist sie wohl gegangen?«
    »Keine Ahnung.«
    »Versuchen wir’s hier.«
    Wir wandten uns nach rechts. Unter den lichten Bäumen war es nur wenig schattiger als auf der Sandfläche. Ein harziger Geruch lag in der Luft und das Geräusch vereinzelt auf der Landstraße vorbeifahrender Autos drang dumpf herüber. Es würde schon früher Gewitter geben, nicht erst heute Abend, und dann, spätestens dann, würde Ginie zurück sein. Sie würde ja nicht nass werden wollen und Rüdiger auch nicht, also würden sie wieder zu uns stoßen   – allerdings glaubte ich wirklich nicht, dass

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