Sommerhaus jetzt! - 13 Freunde und der Traum vom Wochenende im Grünen
Personal einher.« Konrad stellte die Frage in den Raum, ob wir uns überhaupt genug um unsere Mitarbeiter kümmerten: sie ab und zu mal fragen, ob sie sich bei uns wohlfühlen; sich bei ihnen erkundigen, ob sie noch was brauchen, um gut arbeiten zu können; ganz allgemein auch mal Interesse zeigen, ob sie in ihrem Leben klarkommen. Et cetera pp.
Meinen Einwurf, das sogenannte »Gutmenschentum« sei ein Begriff der Nazis, wischte Konrad mit einer bei Niels in Auftrag gegebenen Kurzrecherche auf der Website der Gesellschaft für deutsche Sprache vom Tisch, deren Erstbeleg für das Wort »Gutmensch« aus dem Jahr 1985 stammte: Die US -amerikanische Zeitschrift Forbes hatte den damaligen deutschen Gewerkschaftsführer Franz Steinkühler von der IG Metall in einem Artikel als »Gutmensch« bezeichnet. »Womit wir ja mitten im Thema wären«, sagte der Lord. Wenigstens war jetzt auch Niels, der bei den Vollversammlungen öfter mal wegdöste, wieder ganz bei der Sache.
Grünenmitglied Jana lächelte Konrad an, wie Frauen das mit polternden Alphatieren eben so handhaben, um jede weitere Diskussion als vergebens und müßig zu deklassieren. Olli rieb sich sichtbar genervt die Stirn und appellierte, die Runde müsse jetzt mal auf die wirklich wichtigen Themen zurückkommen. Simone indessen hatte das Bedürfnis, Konrad noch einen verbalen Schlag in die Fresse zu erteilen. »Sorry, Konrad«, sagte sie. »Aber dein Verantwortungsgerede klingt für mich großkotzig und heuchlerisch: Du willst doch nur die Leute in unsere Schuld bringen und vom Geld-Thema ablenken. Wer ist eigentlich ›wir‹, in ›wir haben Verantwortung‹. Pluralis Majestatis oder was?« Simone kündigte an, sich durch nichts und niemanden davon abbringen zu lassen, Doreen wenigstens ein saftiges Weihnachtsgeld zu zahlen. »Warum überhaupt lassen wir sie eigentlich nicht einfach schwarz für uns arbeiten, wenn ich fragen darf. Dich kotzt der Staat doch so furchtbar an, Konrad. Warum plötzlich so korrekt?«
Konrad lächelte die Aufregung weg: »Ganz simpel: Weil unser Wohnwagenorakel Schröder mir so ziemlich als Erstes mit auf den Weg gegeben hat, dass wir es hier in Maltrin mit Schwarzarbeit gar nicht erst versuchen sollen. Der arbeitslose Bauarbeiter in dem gelben Haus schräg gegenüber lässt sowieso jeden auffliegen, der irgendwelche Anstalten in dieser Richtung unternimmt. Wir reden hier von einem Typen, der sich vom Leben verarscht fühlt und im Denunziantentum seine neue Lebensaufgabe gefunden hat.«
»Scheiß Stasidorf!«, schmollte Simone.
Zum Einlenken erklärte sich Konrad mit einer Weihnachtsgeldanhebung für Doreen einverstanden. »Das fällt hinters Komma«, sagte er, kaprizierte sich aber sogleich noch mal auf den Aspekt der Verantwortung. Zu diesem Thema gehöre auch, und jetzt holte er etwas weiter aus, dass einige von uns den Weidenhof nach seiner und auch nach Andines Beobachtung immer mehr wie ein Hotel bewohnten – und das ginge so nicht.
»Weil man ja mit Schröder, Jürgen und Mike inzwischen für alles seine Leute hat«, höhnte Andine dazwischen.
Darum ging es den beiden also! Wir waren, ohne es zu merken, bei Punkt zwei der nicht existenten Tagesordnung angelangt.
Es sei dringend geboten, fuhr Konrad fort, dass wir uns wieder mehr selbst um die Dinge kümmern. Schon allein, weil er am Nachmittag mit Ylva und Fabian noch mal die Finanzen en détail unter die Lupe genommen habe. Nun übernahm Ylva das Wort, die vorab klargestellt hatte, dass sie jetzt nicht jedes Plenum moderieren wolle, wodurch unsere Diskussion direkt wieder in unseren alten Random-Modus verfallen war. Ylva lieferte uns die Zusammenfassung des Finanzberichts mit der Kernbotschaft: »Viel ist nicht mehr da.« Durch mangelnde Koordination von Projekten und nach ursprünglicher Planung nicht vorgesehener Luxus-Maßnahmen wie dem Heizungseinbau im Wohnhaus sei die Finanzierung des Scheunenumbaus ins Wanken geraten. Damit hatte Ylva den Ball wieder an Konrad zurückgespielt. Wenn wir die ersten zwei Ausbaustufen der Scheune schaffen wollten, ohne trockenzulaufen, erklärte der, dann gebe es nur eins: Wir müssten wieder öfter selbst Hand anlegen. »So viel dann übrigens auch noch mal zum Thema soziale Wohltaten«, schloss er.
Da ich meine Baulampe oft genug unter den Scheffel gestellt hatte und die anderen damit vermutlich nur noch nervte, beschloss ich, fortan zu schweigen und mir diesmal, welche Aufgabe es auch sein mochte, besonders große Mühe zu
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