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Sommerhaus mit Swimmingpool

Sommerhaus mit Swimmingpool

Titel: Sommerhaus mit Swimmingpool Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herman Koch , Pößneck GGP Media GmbH
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zurück. Zum zweiten Mal an diesem Sonntag rief ich Lisa.
    »Das ist der Mann, der das Wasser repariert hat«, sagte sie.
    Gemeinsam schauten wir uns die Fotos an. Auf allen drei war das Tattoo auf seinem Oberarm deutlich erkennbar, der Adler mit dem blutenden Herzen in den Klauen.
    »Er war sehr nett«, sagte Lisa. »Er machte Witze darüber, dass er so klein war. Er stellte sich immer wieder neben Julia und schüttelte den Kopf. Wir konnten ihn schlecht verstehen, er sagte etwas von holländischen Mädchen, die alle größer sind als die Männer bei ihnen.«
    Ich überlegte. Am Freitagmorgen waren Caroline und ich zu dem Vermietbüro gefahren. Das hässliche Mädchen am Schalter hatte gesagt, der Klempner würde vielleicht noch am selben Nachmittag vorbeikommen. Danach hatten Carolineund ich ein paar Besorgungen gemacht. Wir hatten uns Zeit gelassen, wir hatten keine Lust gehabt, gleich zurückzufahren. Wir waren über den Markt geschlendert und hatten noch was gegessen. Ich konnte mich nicht mehr erinnern, ob das Wasser schon wieder in Ordnung war, als wir zurückkamen, aber am nächsten Tag, am Samstag, hatten die Jungs unsere Mädchen auf dem Sprungbrett nass gespritzt, also hatte zu dem Zeitpunkt alles wieder funktioniert.
    Dann die Nacht am Strand. Bei der Toilette des Restaurants war ich dem Klempner begegnet. Ich sah das Tattoo auf seinem schweißnassen Arm wieder vor mir. Auf dem anderen waren mir die drei Kratzwunden aufgefallen. Draußen hatte seine verheulte Freundin gesessen. Vielleicht hatten sie sich gerade gestritten. Vielleicht hatte sie lange auf ihn gewartet und war er mit irgendeiner faulen Ausrede gekommen. Wer weiß, vielleicht hatte sie es gerochen. Vielleicht waren ihr die Kratzwunden an seinem Arm aufgefallen. Vielleicht hatte sie sofort gewusst, dass sie nur von den Nägeln einer Frau herrühren konnten.
    Eines Mädchens, korrigierte ich mich.

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47
    Am Montag drauf saß der TV – Komiker in meinem Sprechzimmer. Derselbe Komiker, der vor einem Jahr gerufen hatte, ich könne ihn mal am Arsch lecken, er würde hier nie mehr herkommen. Ich hatte mir die Liste, auf der meine Assistentin die Namen der Patienten des Tages notiert hatte, nicht genau angesehen, das heißt, ich schaute sie mir schon seit Monaten nicht mehr an, ich ließ mich ›überraschen‹, wie man so sagt.
    »Ich war eine Zeit lang bei einem anderen«, sagte er, als er mir im Sprechzimmer gegenübersaß. »Aber er war mir, wie soll ich sagen, etwas zu jovial. Jovialer als Sie auf alle Fälle.«
    Ich betrachtete sein rundes, nicht unhübsches Gesicht; er sah gesund aus, offenbar hatte die HIV – Infektion noch nicht allzu viel Schaden angerichtet.
    »Nun, ich freu mich, dass Sie …«
    »Und da war noch was«, unterbrach er mich. »Etwas, was mir auf die Nerven ging. Ich weiß nicht, ob Sie das kennen, aber es gibt Leute, die allerlei Verrenkungen anstellen, um zu zeigen, wie tolerant sie gegenüber Homosexuellen sind und dass sie Schwulsein für die normalste Sache der Welt halten. Was natürlich Schwachsinn ist – ich meine, wenn es so normal wäre, hätte ich doch keine fünf Jahre gebraucht, es meinen Eltern zu sagen! Das hat mich an dem Mann so irritiert. Einmal fing er ungebeten von der Gay Pride an, wie fantastisch, dass so was in dieser Stadt möglich sei. Aber wenn ich als Schwuleretwas hasse, dann sind es diese aufgepumpten Männerleiber, die nur mit einem Riemen im Arsch auf einem Parade-Wagen herumhopsen. Aber darauf kommen solche Leute, solche toleranten Leute gar nicht, dass man als Schwuler mit so was nichts zu tun haben will.«
    Ich schwieg, nickte nur und rang mir ein Lächeln ab. Die Uhr an der Wand zeigte an, dass schon fünf Minuten verstrichen waren, aber das spielte keine Rolle. Ich hatte alle Zeit der Welt.
    »Wissen Sie, es ist natürlich prima, dass wir inzwischen gleichgestellt sind. Auf dem Papier jedenfalls. Aber deshalb braucht man es doch noch nicht toll zu finden. Den Irrtum begehen Leute öfter. Sie haben Angst, jemanden zu diskriminieren. Deshalb lachen sie besonders laut, wenn einer im Rollstuhl einen Witz macht. Der Witz ist kaum zu verstehen, geschweige denn komisch. Der Mann hat eine schleichende unheilbare Krankheit. Wenn er über seinen eigenen Witz lacht, dann tropft ihm Speichel aufs Kinn. Aber wir lachen mit. Wie war das eigentlich, Marc? Haben Sie einen Sohn und eine Tochter?«
    »Zwei Töchter.«
    »Und würden Sie es toll finden, wenn eine oder beide lesbisch sind?«
    »Ich

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