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Sommerhaus mit Swimmingpool

Sommerhaus mit Swimmingpool

Titel: Sommerhaus mit Swimmingpool Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herman Koch , Pößneck GGP Media GmbH
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er sich verplappern würde. Vielleicht hätte ich das Gespräch auf Band aufnehmen sollen, dachte ich.
    »Hör zu, Marc. Ich verstehe ja, dass dich die Sache mit Julia ziemlich mitgenommen hat, aber das wird schon alles wieder. Julia und Lisa haben mir die letzten Fotos geschickt. Von eurer USA – Reise. Ich hatte beide schon hier bei einer Agency angemeldet. Die waren durchaus interessiert, aber jetzt sind sie wegen der neuen Fotos, vor allem von Julia, ganz aus dem Häuschen. Es sind ein paar dabei … Ich nehme an, du hast sie gesehen. Julia sitzt irgendwo auf der Terrasse eines Restaurants. Der Blick in ihren Augen. Auf den Fotos am Swimmingpool fehlte noch etwas. Aber wie sie einen da anschaut … Und dann das Foto beim Grand Canyon. Sie guckt – wie soll ich es sagen … Ich habe ihr vor ein paar Tagen eine E-Mail geschickt. Eigentlich wäre es gut, wenn sie direkt für ein Fotoshooting herkäme. Ich könnte es auch bei euch machen, aber das Licht, weißt du. Das Licht ist hier anders, das kriege ich im Studionie hin. Ich glaube, sie traut sich nicht, euch zu fragen. Sie hat Angst, ihr könntet es ihr verbieten. Aber sie ist bei mir in guten Händen, Marc. Oder ihr kommt einfach ein paar Tage mit. Du oder Caroline. Oder ihr beide. Mein Haus ist groß genug. Es liegt nicht direkt am Pazifik, aber man kann ihn hören. Und ich habe einen Swimmingpool. Und warum hast du mich eigentlich im Sommer nicht besucht? Ihr ward doch ganz in der Nähe, den Fotos nach zu urteilen. Der Umzug in Santa Barbara? Da waren Emmanuelle und ich auch.«
    Ich wollte Stanley noch einmal fragen, wo er zwischen Mitternacht und zwei Uhr morgens in jener bewussten Nacht gewesen war – aber ich glaubte auf einmal nicht mehr daran. Stanley hatte das Foto vom Grand Canyon erwähnt und das auf der Terrasse des mexikanischen Restaurants in Williams. Er hatte dasselbe gesehen wie ich.
    »Und Lisa?«, hörte ich mich fragen.
    »O ja, natürlich. Lisa. Dann nehmt sie doch auch mit. Aber unter uns: Sie wird noch ein Jahr oder so warten müssen. Es ist doch anders. Sie ist doch noch sehr jung. Ein anderer Fall, um es mal so zu sagen.«

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    Ich schaute mir die Fotos auf Stanleys Webseite an. Die von meiner älteren Tochter. Es waren zehn im Ganzen. Schöne Bilder. Vor allem die, auf denen Julia mit hochgeschobener Sonnenbrille unter der Dusche steht. In den zerstäubenden Tropfen über ihrem nassen Haar war ein Miniregenbogen sichtbar.
    Es gab auch Fotos von anderen Mädchen. Teen Models hatte er die Serie betitelt. Ein Mädchen in einem Jacuzzi in einem Garten unter Palmen, im Hintergrund Kakteen. Auf dem Rand der Wanne eine Sektflasche und zwei Gläser. Die Schaumflocken bedecken den Oberkörper des Mädchens, das direkt in die Kamera schaut, nur zum Teil. Der Aufnahmewinkel verriet, dass sich der Fotograf auch im Wasser befand.
    Ich erkannte Emmanuelle erst auf den zweiten Blick. Sie war auf dem Foto höchstens fünfzehn, schätzte ich.
    Es gab noch weitere Serien. Mit Titeln wie Deserts , Sunsets , Water und Travels . Ich klickte mich durch Aufnahmen von Kamelen und Pyramiden und eine ganze Reihe von Sonnenuntergängen. Die Serie Travels war nach Ort und Jahr sortiert. Der Name der Küstengegend fiel mir auf, in der wir voriges Jahr unseren Urlaub verbracht hatten. Einige der Fotos hatte mir Stanley damals auf dem Display seiner Kamera gezeigt: Klöster und Schlösser in der Umgebung, Emmanuelle, die auf einem Mäuerchen oder vor einer Statue posiert. MancheFotos kannte ich nicht: Hummer, Rochen und Garnelen auf einem Fischmarkt; Muscheln und Quallen im Sand; ein weißes Tischtuch mit Brotkrümeln – und dann sah ich mich selbst. Wir alle an dem üppig gedeckten Tisch im Garten des Sommerhauses: Ralph, Judith, Caroline, Emmanuelle, Alex, Thomas, Judiths Mutter, Julia und Lisa. Wir prosten dem Fotografen zu.
    Es folgten noch mehr Fotos vom Sommerhaus: Ralph, wie er den Schwertfisch in Stücke hackt; Lisa, die sich über den Karton mit dem Vögelchen beugt; Judith in einem Liegestuhl am Swimmingpool; und ein mir unbekannter Mann in Shorts und ärmellosem Hemd, der mit verschränkten Armen in die Kamera grinst; auf dem nächsten Bild hält er einen Gartenschlauch, aus dem das Wasser spritzt; und dann derselbe Mann breit lachend zwischen meinen Töchtern, er hat die Arme um ihre Schultern gelegt. Auf diesem Foto sah man erst so richtig, wie klein er war, er war sogar einige Zentimeter kleiner als Julia.
    Ich klickte zum ersten Foto

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