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Sommerhaus mit Swimmingpool

Sommerhaus mit Swimmingpool

Titel: Sommerhaus mit Swimmingpool Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herman Koch , Pößneck GGP Media GmbH
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einer unzweideutigen Pose, die Sonnenbrille ins nasse Haar geschoben, sah sie den Fotografen, der vor ihr kniete, herausfordernd an. Er hielt sich die Kamera vor das Gesicht.
    Es war ein breit grinsender Stanley Forbes, der meine Tochter unter der Dusche fotografierte. Auf dem zweiten Foto hatte Julia das Oberteil ihres Bikinis fallen lassen, sie hielt die Hände kokett-verschämt vor ihre Brüste. Auf dem dritten hielt sie eine Zigarette in der Hand und blies dem Fotografen den Rauch ins Gesicht.
    »Lisa, kannst du mal kommen?«
    Meine Jüngere lag in unserem Schlafzimmer auf dem Bett und schaute sich eine South-Park - DVD an. Sie machte »pst!«, aber als sie mein Gesicht sah, hielt sie den Film an und stand auf.
    »Was habt ihr hier gemacht?«, fragte ich so ruhig wie möglich und zeigte ihr nacheinander die Fotos am Swimmingpool. Ich konnte fast mein Herz klopfen hören.
    »Das ist Stanley«, sagte Lisa.
    »Ja, das sehe ich. Aber was macht ihr da? Was macht er? «
    »Er machte Fotos von Julia. Sie wäre ein prima Fotomodell, hat er gesagt, er wollte eine ganze Serie von ihr machen und die dann in Amerika Leuten zeigen. Bei der Vogue , sagte er, glaube ich. Er hat auch Fotos von mir gemacht.«
    Ich rang nach Luft.
    »Was hast du gesagt, Lisa?«
    »Papa, was ist denn? Was guckst du so? Er hat auch eine ganze Serie von mir gemacht. Die Modezeitschriften brauchen immer öfter Fotos von hübschen jungen Mädchen. Bei Emmanuelle war das auch so. Erst hat er eine ganze Menge Fotos von ihr gemacht, und dann ist sie berühmt geworden.«
    »Lisa, sieh mich an. Und du darfst mich jetzt nicht anlügen. Was für Fotos hat er von dir gemacht? Was für welche?«
    »Papa, sei doch nicht so komisch! Julia und ich treffen uns mit Stanley auf Facebook. Wir haben ihm auch die letzten Fotos geschickt. Das wollte er gerne.«
    »Warte mal. Letzte Fotos? Welche letzten Fotos?«
    »Die aus Amerika, Papa. Er fragt immer, ob wir neue Fotos von uns hätten, deshalb haben wir ihm auch die Ferienfotos geschickt. Natürlich nur die von uns. Na ja, vor allem von Julia, weil ich ja die meisten gemacht habe. Stanley ist sehr berühmt, Papa. Er sagt, wir müssen noch etwas Geduld haben, aber wir würden bestimmt bald alle beide Models werden. In Amerika, Papa, in Amerika! «

[Menü]
45
    Ich wartete eine Weile. Aber nicht zu lange. In Kalifornien war es neun Stunden früher. Stanley hatte mir damals im Sommerhaus seine Telefonnummer gegeben. Wenn ich einmal in der Nähe von Santa Barbara sein sollte … Vor ein paar Monaten war ich tatsächlich in der Nähe von Santa Barbara gewesen, aber so viel war inzwischen geschehen. Ich hatte es für besser gehalten, sowohl für Julia als für uns alle, keinen Kontakt mit dem Filmregisseur aufzunehmen.
    Um fünf Uhr nachmittags MEZ wählte ich seine Nummer. In Santa Barbara war es jetzt acht Uhr morgens. Der Überraschungseffekt würde umso größer sein, je verschlafener Stanley Forbes war.
    »Stanley …« Er hatte sofort abgenommen und hörte sich leider alles andere als verschlafen an.
    »Marc«, sagte ich. »Marc Schlosser.«
    »Marc! Wo bist du? Das ist lange her! Bist du in der Nähe?«
    »Ich weiß von den Fotos, Stanley. Den Fotos, die du von meinen Töchtern gemacht hast.«
    Es blieb ein paar Sekunden still. Etwas länger, als das bei interkontinentalen Ferngesprächen in der Regel vorkommt.
    »Ach, wie schade«, sagte er. »Sie wollten euch überraschen. Vor allem Julia.«
    Jetzt war ich es, der länger schwieg.
    »Marc? Bist du noch da? Hör mal, jetzt, wo du es weißt,schau dir mal meine Webseite an, da findest du eine Auswahl der Fotos, die ich am Swimmingpool gemacht habe.«
    »Ich rufe dich eigentlich aus einem anderen Grund an, Stanley. Ich würde gerne wissen, was du in der Nacht gemacht hast, nachdem Ralph beinahe das Mädchen verprügelt hat. Ich habe dich nicht mehr gesehen. Du bist ziemlich spät zurückgekommen. Bist du noch lange am Strand herumgelaufen, Stanley? Hast du vielleicht eins deiner Models gesucht?«
    Das war keine gute Taktik; ich hätte ihn nicht so direkt beschuldigen dürfen. Ich hätte ihm eine Falle stellen sollen. Stanley Forbes war ein erwachsener Mann – ein geiler, alter Kerl, dachte ich –, der minderjährige Mädchen mit dem vagen Versprechen einer Modelkarriere ködert, um Fotos von ihnen zu machen. Schon das reichte für ein Paar Jahre Knast.
    »Marc, bitte!«, sagte er. »Das traust du mir doch nicht wirklich zu?«
    Ich schwieg. Ich wartete darauf, dass

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