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Sommerkind

Sommerkind

Titel: Sommerkind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diane Chamberlain
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und nahm ihre Hand. “Es tut mir so leid, Süße. Ich hatte ja keine Ahnung, dass Shelly eine solche Belastung für eure Beziehung war.”
    Shelly war schon immer ein Streitpunkt zwischen ihr und Pete gewesen, nur hatte sich der Konflikt nach dem Flugzeugabsturz zugespitzt. Doch Daria wollte darüber nicht mit Chloe sprechen. Und auch mit niemandem sonst.
    “Das ist Petes Problem, nicht meins.” Daria stand auf. “Ich bin müde. Ich lege mich ein bisschen hin. Ruf mich, wenn Shelly auftaucht und wir uns an den Kuchen machen können, okay?”
    Oben legte sie sich zwar aufs Bett, schlief jedoch nicht. Sie starrte an die dunkle Decke und lauschte den nächtlichen Geräuschen des Ozeans und den Schreien der Wheeler-Enkel, die vom Nachbarhof zu ihr heraufdrangen. Von ihrem elften Geburtstag an hatte jeder ihrer folgenden Geburtstage die Erinnerung an den Tag zurückgebracht, an dem sie den ausgesetzten Säugling am Strand gefunden hatte. Sie schloss die Augen und schickte ein kurzes Gebet zum Himmel, dass es Shelly am Strand gut gehen möge. Dann verlor sie sich in Erinnerungen an den Tag vor zweiundzwanzig Jahren – den Tag, der ihr weiteres Leben bestimmt hatte.
    Den ganzen Tag lang und noch viele Tage danach war das Baby
das
Gesprächsthema in der Nachbarschaft gewesen. Die Polizei hatte alle Bewohner der Sackgasse sowie die Nachbarn in den angrenzenden Straßen und auf der anderen Seite der Strandstraße befragt, doch Daria hatte nur von den Untersuchungen in ihrer kleinen Welt, der Sackgasse, gewusst. Als die Polizei an jenem Nachmittag ihre Runde machte, saß Daria mit Chloe und Ellen auf der Veranda und tat so, als spielte sie mit ihrem Insektenforscherset. Aber eigentlich hörte sie den beiden bei ihrem Gespräch über die anderen Mädchen der Straße zu. Ellen und Chloe lungerten in den Schaukelstühlen herum, ihre langen nackten Beine vor sich ausgestreckt, die Füße auf das Terrassengeländer gelegt. Daria saß am Picknicktisch über ein Mikroskop gebeugt. Zwar konnte sie den beiden oft nicht folgen – wenn sie auch wusste, dass sie über Sex sprachen –, doch da die Mädchen ihr Gespräch sofort beenden würden, wenn sie Fragen stellte, hielt sie lieber den Mund und heuchelte großes Interesse an einer Libelle.
    “Die Bullen sind jetzt bei den Taylors”, sagte Ellen.
    Daria wagte einen Blick quer über die Straße zum Poll-Rory.
    “Ich bin so käsig”, stöhnte Chloe, während sie ihre Beine inspizierte. Dabei war sie alles andere als weiß, denn wie Daria und Ellen war auch Chloe griechischer Abstammung und hatte von Seiten der Cato-Familie die Merkmale dickes dunkles Haar und olivenfarbene Haut geerbt. Und obwohl ihr Teint stets mit jedem Tag dunkler wurde, jammerte sie jeden Sommer über ihr Unvermögen, braun zu werden.
    “Ich verstehe nicht, warum sie sich die Mühe machen, Polly zu befragen”, wunderte sich Ellen. “Ich meine, wer schwängert schon ein Mädchen mit Downsyndrom?”
    “Na ja, immerhin ist sie jetzt
fünfzehn”
, erwiderte Chloe. “Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass sie vor Mrs. Taylor eine Schwangerschaft verbergen könnte. Die ist doch wie eine Glucke.”
    “Ja, und außerdem bin ich auch fünfzehn”, meinte Ellen. “Und ich sehe um einiges besser aus als Polly und bin trotzdem noch Jungfrau.”
    Chloe lachte. “Na klar, und ich bin die Königin von Saba.”
    Daria wusste, was eine Jungfrau war. Die Jungfrau Maria war mit dem Jesuskind schwanger gewesen, ohne jemals Sex gehabt zu haben. Es war ihr noch nie in den Sinn gekommen, dass Ellen oder ihre Schwester oder Polly oder irgendein anderes Mädchen in der Straße keine Jungfrau mehr sein könnte. Schnell sah sie wieder in das Mikroskop, um ihren schockierten Gesichtsausdruck zu verbergen.
    “Warum sind die Bullen überhaupt so sicher, dass es ein Teenager war?”, fragte Ellen.
    “Sie gehen wahrscheinlich davon aus, dass es das Baby von Cindy
Tramp
ist”, antwortete Chloe, “aber sie haben nicht genügend Beweise, um eine ärztliche Untersuchung anzuordnen. Ich wette, sie hören in jedem Haus die übelsten Geschichten über sie. Sie macht es schon, seit sie zwölf ist.”
    “Zwölf?” Ellen sah überrascht aus.
    “Zwölf”, sagte Chloe mit Nachdruck. “Nur ein Jahr älter als Daria.” Beide sahen zu Daria hinüber, die den Kopf hob und spürte, wie ihr die Röte ins Gesicht stieg.
    “Ich habe keine Ahnung, wovon ihr redet”, sagte sie scheinheilig. Sie konnte sich beim besten Willen nicht

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