Sommerliches Schloßgewitter
spitz, denn es ärgerte ihn, von seiner Schwester in den Hintergrund gedrängt worden zu sein. »Was gibt es denn da zu erklären. Die Sache ist doch sonnenklar.«
»Offengestanden, ich blicke noch nicht ganz durch«, murmelte der Ehrenwerte Galahad. »Mann unterm Bett … Warum? Warum unterm Bett? … Warum überhaupt im Zimmer?«
Lord Emsworth zögerte. Er war ein Mann von Feingefühl, und er fand, daß das, was er zu sagen hatte, besser in Abwesenheit Baxters gesagt worden wäre. Aber er hatte keine andere Wahl, und deshalb sprach er weiter.
»Mein lieber Galahad, denk doch mal nach!«
»Na?«
»Die Sache mit den Blumentöpfen … Weißt du noch?«
»Ach so!« Erleuchtung blitzte im Monokel des Ehrenwerten Galahad. »Du meinst …?«
»Richtig!«
»Jaja, natürlich. Du meinst, er leidet unter Anfällen?«
»Ganz recht.«
Dies war nicht das erste Mal, daß Lady Constance mitanhören mußte, wie ihre Brüder eine Theorie erörterten, gegen die sich ihr Innerstes auflehnte. Sie lief tiefrot an.
»Clarence!«
»Ja, meine Liebe?«
»Hör auf, solche abscheulichen Dinge zu sagen!«
»Du meine Güte!« Lord Emsworth war pikiert. »Du machst mir Spaß. Was ist denn daran abscheulich?«
»Das weißt du ganz genau.«
»Ich habe doch Galahad nur ganz behutsam darauf hingewiesen, daß der arme Baxter nicht alle …«
»Clarence!!«
»Was heißt da ›Clarence‹? Du weißt doch selbst, daß bei ihm eine Schraube locker ist. Hat er mich etwa nicht mit Blumentöpfen bombardiert? Ist er nicht erst heute nachmittag aus dem Fenster gesprungen? Hat er nicht versucht, mir einzureden, daß Beach …«
Hier unterbrach ihn Baxter. In gewissen Angelegenheiten schien ihm Schweigen geboten, aber zu diesem Punkt durfte er sich frei äußern.
»Lord Emsworth!«
»Äh – ja?«
»Ich habe inzwischen in Erfahrung gebracht, daß nicht Beach die treibende Kraft bei der Entführung Ihres Schweines war, sondern ein Komplize.«
»Ein was?«
»Ein Mittäter«, sagte Baxter zähneknirschend. »Der eigentliche Entführer war ihr Neffe Ronald.«
Triumphierend wandte sich Lord Emsworth zu seiner Schwester wie einer, der sich in allen Punkten bestätigt sieht.
»Da hast du’s! Willst du jetzt immer noch behaupten, er sei nicht total meschugge? Nein, nein, mein lieber Baxter«, sagte er dann ernst mit erhobener Flinte zu seinem früheren Angestellten, »Sie dürfen sich nicht in sowas hineinsteigern, das regt Sie nur auf.«
»Schadet Ihrem Kreislauf«, pflichtete ihm der Ehrenwerte Galahad bei.
»Die Kaiserin wurde heute abend in Ihrem Wohnwagen gefunden«, sagte Lord Emsworth.
»Wo??«
»In Ihrem Wohnwagen. Wo Sie sie versteckt gehalten haben. Ach du liebe Zeit!« rief Lord Emsworth und sprang auf. »Ich muß mich ja darum kümmern, daß sie in ihren Stall zurück kommt. Ich muß Pirbright suchen. Ich muß …«
»In meinem Wohnwagen?« Baxter fuhr sich hektisch über seine staubbedeckte Stirn. Plötzlich kam ihm die Erleuchtung. »Dann hat Carmody sie dorthin gebracht!«
Jetzt reichte es Lord Emsworth endgültig. Die Kaiserin von Blandings wartete auf ihn. Er fieberte schon dem glücklichen Wiedersehen entgegen, und es machte ihn ganz kribbelig, dastehen und sich dieses wirre Gefasel mitanhören zu müssen.
»Erst war es Beach, dann Ronald, und jetzt Carmody! Nächstens werden Sie noch behaupten, ich hätte sie entführt oder Galahad hier oder meine Schwester Constance. Mein lieber Baxter, wir machen Ihnen ja keine Vorwürfe, wirklich nicht. Wir verstehen das alles vollkommen. Sie sind überarbeitet, und nun rächt sich die Natur. Am besten gehen Sie jetzt ganz ruhig in Ihr Zimmer, mein Freund, und legen sich ein wenig hin. Diese Aufregungen sind gar nicht gut für Sie.«
Lady Constance schaltete sich ein. Ihre Augen blitzten, und sie sprach mit einer Stimme wie Kleopatra, die einem numidischen Sklaven den Marsch bläst.
»Clarence! Gebrauche gefälligst dein bißchen Verstand! Die Entführung deines Schweins interessiert doch keinen Menschen, und ich finde das Aufhebens, das du deswegen machst, einfach lächerlich. Und wer auch immer dieses blöde Vieh …«
Hier erbleichte Lord Emsworth und sah sich um, als traue er seinen Ohren nicht.
»… entführt hat und wo immer es gefunden wurde, es war jedenfalls nicht Mr. Baxter, der es entführt hat. Wahrscheinlich steckt, wie Mr. Baxter sagte, ein junger Mann wie Mr. Carmody dahinter. Es gibt junge Männer, zu denen ich auch Mr. Carmody zähle, die geschmacklose
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