Sommermaerchen
ihr Gastgeber.
Lord Keworth erhob sich, um Eloise seinen Stuhl anzubieten, doch Sir Ronald winkte ab. „Setzen Sie sich, Sir. Lady Allyngham hat keinen Gefallen am Kartenspiel, nicht wahr, meine Liebe? Sie bleiben neben mir stehen und bringen mir Glück.“
Eloise zwang sich zu einem Lächeln. „Bitte lassen Sie sich nicht stören, Gentlemen.
Sir Ronald hat recht, ich bin es zufrieden, Ihnen beim Spiel zuzusehen, wenn Sie es erlauben.“
„Aber ja, Mylady, natürlich“, sagte Lord Keworth und nahm seine Karten wieder auf.
„Allerdings werden Sie sich gewiss langweilen. Sobald Deforge ein Spiel begonnen hat, achtet er auf nichts und niemanden, nur auf seine Karten.“
Lord Keworth behielt recht. Es wurde Eloise recht schnell langweilig. Nach einem Blick auf die Spieler an den anderen Tischen fiel ihr jedoch auf, dass keiner von ihnen so viel Hingabe an den Tag legte wie die, die ihre Fähigkeiten an Sir Ronalds maßen.
Zu ihrer unendlichen Erleichterung kamen in diesem Augenblick zwei Männer herein, bei deren Anblick ihr sofort leichter ums Herz wurde. Alex und Jack begrüßten gerade ihre Gastgeberin. Alex sah zwar ein wenig blass aus und stützte sich schwer auf seinen Gehstock, Jack hingegen strahlte Kraft und Entschlossenheit aus. Eloise wusste, dass sie nichts befürchten musste, solange diese beiden zu ihr standen.
Unbewusst hatte sie sich ihnen halb zugewendet, da meldete sich Deforge wieder.
„Lady Allyngham, ich fürchte, Sie vernachlässigen Ihre Pflicht.“ Er legte ihr einen Arm um die Taille und zog sie wieder an seine Seite. „Bleiben Sie dicht neben mir, meine Liebe. Sie sind hier, um mir Glück zu bringen.“
Mühsam brachte sie ein Lächeln zustande und rührte sich nicht, obwohl sie nichts lieber getan hätte, als Sir Ronalds Arm abzuschütteln. Zu ihrer Erleichterung ließ er sie jedoch los und wandte sich wieder dem Spiel zu. Seufzend fand sie sich damit ab, die Rolle der Verlobten zu spielen, bis Jack ihr ein Zeichen gab. Bestürzt stellte sie fest, welch hohe Summen die Gentlemen bei jedem Spiel setzten. Als Bankhalter war Sir Ronald im Vorteil und verteilte die Karten mit großem Geschick.
Am anderen Ende des Salons sprachen Alex und Jack gerade mit Mr Renwick. Sie kamen näher, aber so langsam, dass Eloise sich noch mehr anspannte. Am Tisch konzentrierten sich alle auf das Spiel. Mr Graham hatte sich geschlagen gegeben und sein Blatt auf den Tisch geworfen. Ein anderer Gentleman zog einen Rubinring vom Finger und legte ihn zu dem Wetteinsatz.
„Donnerwetter, Deforge, Sie gewinnen schon wieder.“ Bewundernd blickte Lord Keworth das Blatt an, das Sir Ronald jetzt offen auf den Tisch legte. „Was für eine Glückssträhne!“
„Und Können, Keworth“, fügte Sir Ronald selbstgefällig hinzu. „Obwohl die Gegenwart meiner zukünftigen Gattin natürlich auch von Vorteil ist.“ In diesem Moment entdeckte er Jack. Sein Lächeln wurde spöttisch. „Sieht so aus, als hätte die Bibel recht: ‚Wer hat, dem wird gegeben.‘ Was meinen Sie, Major Clifton?“
„Zweifellos“, erwiderte Jack ungerührt. „Nur denke ich nicht, dass dieses Sprichwort heute auf Sie zutrifft, Deforge.“
Er sprach eher leise, allerdings mit einer solchen Überzeugungskraft, dass plötzlich betretenes Schweigen am Tisch eintrat. Andere Gäste kamen neugierig näher. Sir Ronald hob sein Monokel und betrachtete Jack voller Hohn.
„Nun, Sie irren, Clifton. Sie brauchen sich nur den Einsatz anzusehen, um meinen Erfolg zu ermessen. Und morgen können Sie zur Kirche kommen und erleben, wie ich dieses wunderschöne Geschöpf zu meiner Gattin mache.“
Jack ließ sich nicht beirren. „Das bezweifle ich.“
Der Hass, den die beiden Männer füreinander empfanden, war nur allzu offensichtlich. Eloise presste unruhig die Hände zusammen. Sie fragte sich, wo Alex sein mochte. Sie konnte ihn nirgends sehen.
Lord Keworth lachte unsicher. „Gentlemen, ich bitte Sie. Vielleicht möchten Sie Ihre Meinungsverschiedenheiten bei einem Spielchen Pikett aus der Welt schaffen?“
„Mein lieber Keworth, wir haben nichts aus der Welt zu schaffen“, meinte Sir Ronald und erhob sich gelassen, den Blick kühl auf Jack gerichtet. „Der Major verliert nur nicht gern. Es scheint Ihr Schicksal zu sein, gegen mich zu verlieren, Major. Zuerst Ihre erste große Liebe und jetzt Lady Allyngham. Finden Sie sich damit ab. Es bleibt Ihnen keine andere Wahl, denn sehen Sie, ich habe nun mal das beste Blatt.“
„Ja“,
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