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Sommermaerchen

Sommermaerchen

Titel: Sommermaerchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Elliott , SARAH MALLORY
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Hand stützend auf ihrer Schulter. Sobald sie wieder sehen konnte, kletterte sie weiter, bis sie genau unter dem Fenster zum Arbeitszimmer stand. Sie hatte gestern festgestellt, dass es sich um ein Schiebefenster handelte, dessen Riegelung gut mit einem Messer beiseitegeschoben werden konnte. Als sie jedoch ihr wohlweislich mitgebrachtes Taschenmesser hervorholte, hörte sie Jack leise lachen.
    „Du musst noch etwas wachsen, bevor du das Fenster erreichen kannst, meine Liebe. Lass mich es versuchen.“
    Im Nu war das Fenster geöffnet. Jack schob es vorsichtig hoch, und gleich darauf standen er und Eloise in Sir Ronalds Arbeitszimmer. Der Mond schien direkt hinein, sodass Eloise die Zunderbüchse und die Kerze, die sie vorsichtshalber dabeihatte, nicht benötigte. Schnell trat sie an den Schreibtisch, das Taschenmesser in der Hand, und wurde erneut von Jack aufgehalten.
    „Gehörte es zu deiner Erziehung, Schlösser zu knacken?“, flüsterte er.
    „Natürlich nicht.“
    „Dann lass mich das tun. Wenn wir vorsichtig sind, wird niemand merken, dass wir hier waren.“
    Er holte ein Stück Draht aus der Tasche, das an einem Ende zu einer Schlaufe gebogen war, und führte es behutsam in das Schloss der Schublade ein. Langsam drehte er es hin und her, bis ein leises, aber deutliches Klicken zu hören war. Er richtete sich auf und öffnete die Schublade.
    „Wo hast du das gelernt?“, fragte sie staunend.
    „Einige meiner Männer im Regiment hatten einen Beruf erlernt, der solche Kenntnisse voraussetzt“, meinte er lächelnd. Er nahm das ledergebundene Büchlein aus der Schublade. „Ist es das, was du gesucht hast?“
    Mit leicht zitternden Händen nahm Eloise es an sich. Die verzierte Initiale „A“ war in das Leder des Buchdeckels geprägt worden, eingefasst von einem Kreis aus Akanthusblättern – das Wappen der Allynghams. Hastig steckte sie das Buch in eine Innentasche ihrer Jacke.
    „Danke“, sagte sie leise und knöpfte die Jacke zu. „Lass uns jetzt schnell verschwinden.“
    Jack verschloss die Schublade, hielt dann aber inne und wies auf einen Sessel, wo der Mondschein auf ein Bündel Lederriemen fiel. Er nahm auf, was Eloise zunächst für einen Gürtel oder eine Hundeleine gehalten hatte. Doch dann sah sie, dass die Riemen zu einem komplizierten Muster verwoben waren.
    „Was ist das? Es sieht aus wie ein Halfter für ein Pony, ist aber eigentlich zu kurz für so etwas.“
    „Das ist kein Halfter“, meinte Jack und legte die Riemen wieder sorgfältig über den Sessel. „Es ist etwas sehr viel Interessanteres.“
    Das Zuschlagen der Haustür ließ Eloise zusammenfahren. Ihr Herz pochte so heftig, dass sie glaubte, Jack müsste es hören.

    „Die Haustür“, raunte Jack. „Deforge ist zurück. Schnell!“
    Er schob Eloise zum Fenster. Sie kletterte hastig hinaus, und kurze Zeit später waren beide unten. Jack half ihr über die Mauer, und Eloise wartete im Schatten, bis er ihr gefolgt war. Sofort nahm er ihre Hand, und sie rannten die Gasse hinunter.
    Erst als sie schon die Oxford Street erreicht hatten, drosselten sie die Geschwindigkeit. Eloise entzog Jack ihre Hand und lehnte sich keuchend an eine Wand. Jack beobachtete sie, die Hände auf den Hüften, die Beine leicht gespreizt.
    Auch er war ein wenig atemlos.
    Erst jetzt hatte Eloise die Muße, seine Aufmachung zu betrachten. Seine Kleidung war dunkel oder schwarz, selbst das weiße Krawattentuch fehlte und war für das heutige Vorhaben klugerweise gegen einen dunklen Wollschal ausgetauscht worden.
    Eloise lachte. „Wir sehen aus wie Einbrecher!“
    „Wir sind ja auch Einbrecher.“
    Sie seufzte und stellte ihm die Frage, die sie schon eine Weile nicht losließ. „Wolltest du nicht abreisen?“
    „Das war meine Absicht. Ich war mit dem Packen fast schon fertig, als Mortimer kam und mir sagte, er mache sich Sorgen um dich.“
    „Er wusste doch gar nichts von meinem Plan!“
    „Nein, aber er kennt dich. Sobald er herausfand, dass du Deforge heute Abend nicht nach Edgeware begleiten würdest, ahnte er Böses. Ich brauchte nur dein Haus zu bewachen und abzuwarten. Als dann mitten in der Nacht ein eher schmächtiger Junge aus dem Dienstboteneingang schlüpfte, war mir alles klar.“
    Gemeinsam gingen sie weiter. Eloise hakte sich bei ihm ein. „Dann bin ich dir sehr dankbar. Ich bin unendlich glücklich, dass du gekommen bist, Major.“
    Er drückte ihre Hand kurz, und Eloise fasste Mut. Vielleicht war er doch nicht allzu böse auf sie.

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