Sommermaerchen
erinnert mich daran, dass ich ein Buch bestellt habe.“
Lucy schmunzelte, erfreut, weil er den Köder geschluckt hatte. „Ich dachte mir schon, du würdest etwas Derartiges sagen.“
6. KAPITEL
Punkt zwei Uhr saß Beatrice von mehreren wackeligen Bücherstapeln umgeben im Hinterzimmer von Larrimor’s Buchladen. Lediglich durch ein winziges Fenster drang Licht in den Raum, weshalb sie sich zum Lesen dicht über die Werke beugen musste.
Mr Larrimor, der ihren Geschmack inzwischen gut kannte, hatte ihr verschiedene Romane, Biografien und sogar Gartenbücher zur Auswahl bereitgelegt. Sie nahm eines der Bücher in die Hand und las den Titel: „Das Leben des William Kidd: eine schaurige Geschichte, erzählt von seinem Schiffsjungen Reginald Dawson“.
Gewöhnlich las Beatrice keine Bücher, die von Piraten handelten. Erst kürzlich hatte sie damit begonnen und auch nur, um Informationen für ihren Roman zu sammeln.
Piraten eigneten sich hervorragend zu romantischen Helden, aber natürlich musste sie über das Leben auf See ein wenig Bescheid wissen, um über dieses Thema überzeugend schreiben zu können.
Beatrice hatte gerade begonnen, durch das etwas verstaubte Werk zu blättern, als sie gedämpfte Stimmen aus dem Laden vernahm.
„Guten Tag, Lord Pelham. Wie kann ich Ihnen helfen?“, hörte sie Mr Larrimor fragen.
„Ich wollte mich nur ein wenig umsehen. Außerdem würde ich gerne wissen, ob mein bestelltes Buch inzwischen eingetroffen ist. Wie ich hörte, erhalten Sie dienstags Ihre Lieferungen.“
„Ja, das Buch ist gekommen. Vielleicht möchten Sie sich auch die neue Lieferung im Hinterzimmer ansehen, Mylord? Ich hatte noch keine Gelegenheit, die Bücher einzusortieren.“
Beatrice stockte der Atem. Angestrengt überlegte sie, wie sie die Begegnung mit Lord Pelham vermeiden konnte. Allein, es fiel ihr nichts ein. Unbemerkt gehen konnte sie nicht. In dem mit Büchern vollgepackten Raum saß sie wie in einer Falle.
Leichte Panik überfiel sie. Schon hörte sie die Dielen knarren. Es gab kein Entrinnen mehr.
„Guten Tag.“
„Guten Tag“, antwortete sie betont gleichgültig und wandte sich wieder ihrem Bücherstapel zu.
Charles schenkte ihrem Versuch, ihn zu ignorieren, keine Beachtung und kam geradewegs zu ihr. „Bitte verzeihen Sie mir. Ich glaube, ich habe mich Ihnen bei unserer letzten Begegnung gar nicht vorgestellt“, sagte er in entschuldigendem Ton.
Sie biss sich auf die Lippe, schaute aber auf. „Ja, womöglich.“
„Charles Summerson, Lord Pelham.“ Er verbeugte sich knapp.
Beatrice nickte nur. Sie wusste nicht, was sie sonst hätte tun sollen.
„Wie ich sehe, haben Sie die neue Lieferung als Erste durchstöbern können“, fuhr er mit einem Lächeln fort, das jedes noch so widerspenstige Frauenherz zum Schmelzen bringen würde. „Haben Sie etwas Lesenswertes gefunden?“ Noch während er die Frage stellte, beugte er sich vor, um einen Blick auf das Buch zu erhaschen, das sie umklammert hielt.
Beatrice drücke es an sich. „Nein, ich bin noch nicht lange hier.“
„Ach, aber was halten Sie denn da in der Hand?“
„Ein Buch“, sagte sie und hätte sich für diese dumme Antwort am liebsten selbst geohrfeigt.
Er schmunzelte. „Darf ich einen Blick darauf werfen?“
„Nein, ich meine, ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie an derartigem Lesestoff Interesse fänden.“
„Da bin ich anderer Ansicht. Ich hege sogar äußerst großes Interesse daran.“ Charles hätte hinzufügen können, dass sein Interesse umso größer wurde, je mehr sie sich sträubte, ihm das Buch zu zeigen.
Um nicht unhöflich zu erscheinen, gab Beatrice schließlich nach und hielt es ihm hin.
Er las den Titel und hob eine Augenbraue. „Also, ich muss sagen, diese Lektüre klingt äußerst faszinierend, allerdings erscheint sie mir auch ein wenig unziemlich. Gefällt Ihnen diese Art von Büchern?“
Beatrice errötete. „Nun ja, ich habe es mir nur angeschaut.“ Um keinen Preis hätte sie ihm eingestanden, wofür sie das Buch in Wahrheit benötigte.
Charles spürte, dass sie nicht offen zu ihm war. „Ein fesselndes Thema, finden Sie nicht auch?“, fragte er lächelnd.
Beatrice nickte matt.
„Aber ist das auch eine angemessene Lektüre für Sie?“
„Oh, gewiss, Mr Larrimor hat es mir empfohlen“, antwortete sie und drückte den Band an sich.
Charles lachte. „Keine Sorge, ich wollte Sie lediglich ein wenig necken.“ Er nahm die Bücherstapel in Augenschein. „Können Sie mir
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