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Sommermond

Titel: Sommermond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M. Hart
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Schoß.
    Alex spürte, wie sich sein Puls beschleunigte. Wie gebannt starrte er in Richtung des unschuldigen Mannes, der es in seiner ängstlichen Verfassung nicht einmal wagte, zu ihm aufzusehen.
    „Auch noch eine?“, riss ihn der Spanier aus den Gedanken und hielt ihm seine aufgeklappte Schachtel Zigaretten hin. Zwischen den Filtern lugte einer etwas weiter hervor.
    Alex nickte benommen, trat auf den Spanier zu und nahm sich eine. Kaum dass er sie im Mund hatte, gab der Spanier ihm Feuer. Alex zog einmal kräftig. Dann noch einmal und noch einmal. Dabei starrte er ununterbrochen zu dem armen Kerl auf der Couch, der sich mit Juan und dem Narbenkerl ein Fußballspiel anschaute. Er wollte dem Mann helfen, wusste aber nicht, wie. Er konnte nicht gegen drei Kriminelle antreten. Schon zwei wären zu viel, ließ man Juan außen vor.
    Sein Verstand erinnerte ihn unweigerlich an den Studenten zurück, den Diego totgeprügelt hatte. Alex wollte nicht, dass es zu einem neuen blutigen Unfall kam, bei dem er ungewollt zusehen musste.
    „Wieso lasst ihr ihn nicht gehen?“, brachte er deshalb leise hervor.
    Eigentlich konnte er sich diese Frage selbst beantworten, wollte die Antwort aber aus dem Mund des Spaniers hören. Fast, als ob er sie sonst nicht glauben konnte.
    „Weil er zu viel weiß“, erwiderte der Spanier und zuckte unberührt mit den Schultern.
    Alex wusste, was das bedeutete. Trotzdem hakte er weiter nach.
    „Und was habt ihr jetzt mit ihm vor?“, fragte er.
    „Wir lassen ihn noch die letzten Minuten seines Lebens genießen … das Fußballspiel zu Ende schauen … und dann –“ Der Spanier brach seinen Satz ab und grinste emotionslos.
    Alex‘ Augen weiteten sich. Erschrocken wandte er sich zum Fernseher und versuchte die angezeigte Spieldauer zu entziffern.
    78:35, 78:36, 78:37…
    „Das könnt ihr nicht machen!“, brachte er heiser hervor. „Er hat niemandem was getan.“
    Der Spanier lachte schäbig auf, bevor er seine Zigarette auf der Fensterbank ausdrückte. Als er fertig war, trat er zu Alex, packte ihn fest am Oberarm und zerrte ihn mit sich.
    Alex versuchte sich loszureißen, gab aber schließlich auf. Der Spanier schubste ihn vor das Massivholzregal im Wohnzimmer und blieb dicht hinter ihm stehen.
    „Mach auf!“, befahl er.
    Alex blieb regungslos stehen.
    „MACH AUF!“, wurde er daraufhin so laut angebrüllt, dass er erschrocken zusammenzuckte. Dann gehorchte er und streckte seinen Arm nach den Türgriffen aus. Er umfasste sie und zog beide Türen gleichzeitig auf. Direkt dahinter befanden sich DVDs. Viele DVDs. Alex las die verschiedenen Titel, konnte aber nichts Auffälliges entdecken. Noch bevor er sich genauer an den Inhalt wandte, drängelte sich der Spanier neben ihn und zog willkürlich ein paar der mit bekannten Hollywood-Covern beklebten DVDs aus dem Regal. Er klappte eine auf und hielt sie Alex unter die Nase.
    „Sean (13), 40 Minuten“ stand auf der gebrannten CD.
    Alex verstand nicht ganz. Nur eine Ahnung schlich in ihm auf und hinterließ ein unangenehmes Gefühl in seinem Magen.
    Der Spanier nahm die DVD zurück, ließ sie zu Boden fallen und öffnete die nächste.
    „Oder die?“, fragte er dazu.
    Alex warf einen flüchtigen Blick auf sie. „Anna (15), 60 Minuten“ stand in krakeliger Eddingschrift auf dem silbern glänzenden Rohling.
    Jetzt bestätigte sich Alex’ Ahnung. Angewidert verzog er sein Gesicht, während sich ein bitterer Kloß in seinem Hals bildete und Übelkeit in ihm aufsteigen ließ.
    „Kinderpornos“, zischte der Spanier, während er weitere Hüllen aus dem Regal zog, sie flüchtig öffnete und anschließend zu Boden schmiss. „Wenn ich was nicht ausstehen kann“, murmelte er unterdessen, „dann sind das Kinderficker.“ Das letzte Wort spuckte er verächtlich aus, bevor er seinen Fuß hob und kräftig auf die am Boden liegenden Hüllen trat. Dann wandte er sich zurück an Alex. „Und? Immer noch der Meinung, dass das perverse Schwein niemandem was getan hat?“
    Alex starrte ihn fassungslos an. Unzählige Gedanken überfluteten sein Hirn und ließen abartige Vorstellungen an seinem inneren Auge vorbeiziehen. Er wusste nicht, wie er reagieren sollte. Eines wusste er dafür umso mehr: Zum ersten Mal fühlte er sich dem Spanier näher, als ihm lieb war. Er fühlte sich schon fast zu ihm gehörig, und das nur, weil er ihm in diesem speziellen Fall zustimmte.
    Seine Antwort war schließlich, dass er kaum merklich den Kopf schüttelte.
    Nebenbei

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