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Sommermond

Titel: Sommermond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M. Hart
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zu überhören.
    „An fast alles“, korrigierte er ihn.
    Dieses Mal zuckte Juan mit den Schultern, bevor er zur Tür schritt und sie öffnete. Alex verstand diese wortlose Aufforderung und trat an ihm vorbei aus dem engen Bad.
    „Was ist mit deinen Klamotten?“, fragte Juan.
    Alex blieb stehen, drehte sich um und schaute Juan irritiert in die Augen.
    „Die brauch‘ ich doch jetzt nicht mehr“, antwortete er dann. „Die haben zu meinem alten Style gepasst. Jetzt passen sie nicht mehr.“ Er sprach darüber mit einer derartigen Selbstverständlichkeit, dass er sich zwar selbst reden hörte, sich den eigenen Worten aber nicht zugehörig fühlte.
    Dann wandte er sich wieder um und ging ins Wohnzimmer zurück. Niemand reagierte auf seine Rückkehr. Der Spanier stand mit dem Gesicht zum Fenster, starrte nach draußen und rauchte. Der Kerl mit der Narbe saß noch immer neben dem Deutschen auf der Couch. Die Chipstüte lag aufgerissen am Boden. Ein paar Krümel klebten am Aluminium.
    Juan blieb noch kurz neben ihm stehen, bevor er mit seinen Füßen einen schmalen Pfad durch die zertretenen DVDs schob und sich zurück auf die Couch setzte.
    „Drei Minuten Verlängerung“, sagte er.
    Alex blickte unsicher in seine Richtung. Er wusste, was der Schwarzhaarige ihm mit diesen Worten sagen wollte.
    „Tja“, machte der Spanier und drückte sich von der Fensterbank weg. Er ließ seine Zigarette unberührt zu Boden fallen und trat sie auf dem Dielenboden aus. Dann streckte er seine Arme zu beiden Seiten aus und zog die roten Vorhänge zu. Anschließend tat er das Gleiche am anderen Fenster.
    Alex beobachtete ihn apathisch. Angstschweiß fraß sich in den viel zu warmen Pullover, sein Puls überschlug sich fast. Sollte er jetzt Zeuge eines Mordes werden?
    „Was …“, begann er, doch seine Kehle schnitt ihm die Sprache ab.
    Er musste stark schlucken. Nur beiläufig nahm er wahr, wie der Spanier eine silberfarbene Pistole aus seinem Anzug zog. Der Abzug und der mittlere Teil des Griffes waren schwarz. Mit der anderen Hand zog er eine Patrone und etwas Längliches aus seiner Tasche. Ersteres schob er in den Pistolenlauf, klappte sie anschließend zu und schraubte das längliche Teil, das sich als Schalldämpfer entpuppte, auf die Mündung. Dann legte er den Sicherheitshebel um und trat in sicheren Schritten zu Alex.
    „Du wirst das machen“, sagte er ruhig.
    Er drehte die Pistole mit dem Griff zu Alex und wartete darauf, dass er sie annahm. Doch Alex stand nur stocksteif da und glaubte, jeden Moment ohnmächtig zu werden. Für den Bruchteil einer Sekunde spielte er mit dem Gedanken, die Waffe anzunehmen und den Spanier abzuknallen. Doch in der Pistole ruhte nur eine einzige Patrone, die darauf wartete, jemandem in den Leib geschossen zu werden. Und selbst wenn er den Spanier gut treffen würde, was unter seiner Nervosität recht unwahrscheinlich war, gab es da auch noch den Kerl mit der Narbe, in dessen Mantel sich vermutlich eine weitere Knarre verbarg, mit der er sich sofort an Alex rächen würde. Sobald Alex dann blutend am Boden liegen würde, würde der Kerl ihm noch einen heiseren Dank ins Ohr flüstern, weil er ihm zu einem rasanten Aufstieg verholfen hatte.
    In Anbetracht all dieser Umstände verwarf er die paradoxe Idee.
    Er atmete zitternd. Wie gebannt starrte er auf die angebotene Pistole und anschließend zum Mann, der auf der Couch auf seinen Tod wartete.
    „Das … Das kann ich nicht!“, stotterte Alex. „Das war nicht … Das war nicht unser Deal!“
    Er war so sehr mit seiner Angst beschäftigt, dass er sich keine Gedanken mehr darum machte, dass – egal, von wem der Schuss gelöst werden würde – es um das Leben eines Menschen ging.
    Der Spanier grinste schäbig. Er trat hinter Alex, legte seine Arme um dessen Oberkörper und hielt den Pistolenlauf vor ihm ausgestreckt auf den Kerl.
    „Ist das nicht ein geiles Gefühl?“, flüsterte er Alex ins Ohr. „Diese Macht?“
    Alex‘ Brustkorb hob und senkte sich aufgeregt. Er krallte seine Hände in die neue Hose – aus Angst, der Spanier könnte seine Arme hochreißen, um sie an die Waffe zu führen. Doch das tat er nicht. Er presste sich lediglich fester von hinten gegen ihn, richtete die Pistole aus und fixierte sein Opfer über Alex‘ Schulter hinweg. Juan und der Kerl mit der Narbe standen nicht einmal auf. Sie rückten lediglich zur Seite und schienen sich auf die Treffsicherheit ihres Bosses zu verlassen.
    Alex spürte den heißen, nach

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