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Sommermond

Titel: Sommermond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M. Hart
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betrachtete.
    Seine Mutter seufzte und stellte den Teller wieder ab. Dann verschränkte sie ihre Hände ineinander und blickte mit zur Seite geneigtem Kopf zu ihm herab.
    „Kommissar Wagner hat angerufen“, sagte sie. „Er hat sich nach deinem Befinden erkundigt und uns gebeten, uns sofort zu melden, wenn es irgendwelche Neuigkeiten gibt.“ Sie senkte den Blick. „Natürlich war er reichlich verärgert, dass wir uns nicht an die strengen Abmachungen gehalten haben.“
    „Der kann mich mal“, erwiderte Ben trocken.
    „Ben, bitte!“ Seine Mutter war entsetzt und eine derartige Wortwahl nicht von ihm gewohnt. Ben war sie selbst nicht gewohnt. Alex musste eine Spur Zynismus auf ihn übertragen haben, ohne dass er dies bemerkt hatte.
    „Ja, sorry“, entschuldigte sich Ben. „Aber ohne diesen ganzen Kripomist hätten Alex und ich uns überhaupt nicht gestritten.“
    „Hast du mal überlegt, Johannes anzurufen?“, schlug seine Mutter vor.
    Ben dachte über diese Worte nach. Natürlich war es plausibel, sich bei Jo zu erkundigen, ob Alex derweilen wieder zur Villa zurückgekehrt war. Aber Jo und er waren nicht gerade friedlich auseinandergegangen. Unausgesprochenes hing zwischen ihnen in der Luft, an dem auch knapp 150 km Entfernung nichts änderten.
    „Nein“, erwiderte er schließlich. „Das halt‘ ich für keine gute Idee.“
    Seine Mutter nickte. „Verstehe …“
    Als Ben nichts mehr sagte und einem weiteren Blickkontakt auswich, schien sie zu merken, dass er nicht reden wollte. Sie erhob sich vom Bett, zupfte sich ihre rosafarbene Bluse glatt und trat zur Tür.
    „Die Pizza lass ich einfach stehen“, sagte sie noch. „Vielleicht ist dir ja später danach.“
    Ben sah nicht zu ihr auf, nickte aber. Er wartete noch, bis seine Mutter aus dem Zimmer verschwunden war, bevor er laut aufstöhnte. Dann trank er sein Wasser leer, stellte das Glas anschließend zurück auf das Tablett und schob es mit verzerrtem Gesicht zur Seite. Gegen ein Brötchen oder ein Croissant hätte er vielleicht nichts gehabt. Aber Pizza? Er wusste, dass seine Mutter es gut mit ihm meinte und genau diese Erkenntnis ließ für wenige Sekunden ein schlechtes Gewissen in ihm aufsteigen. Trotzdem wollte er nichts essen. Stattdessen griff er zur Fernbedienung und schaltete den Fernseher an. Er zappte von Sender zu Sender, versuchte auf andere Gedanken zu kommen und blieb am letzten eingespeicherten Kanal hängen. Seine Gedanken waren allerdings woanders. Er dachte an sein Studium. In einer Woche starteten die neuen Vorlesungen. Er hoffte, dass er bis dahin fit genug sein würde. Sein täglicher Sport fehlte ihm noch immer. Er hasste es, den ganzen Tag bewegungslos herumzuliegen. Diese körperliche Faulheit übertrug sich viel zu schnell auf seinen Verstand und ließ ihn geistig träge und antriebslos werden. Er musste sich noch dringend für ein paar Kurse anmelden und nahm sich deshalb vor, spätestens morgen seinen Laptop hervorzukramen, um die Sache anzugehen.
    Gedankenverloren starrte er auf den Fernseher.
    „Was für ‘n Schwachsinn …“, nuschelte er dann und schaltete wieder um. Erneut arbeitete er sich durch alle 25 Programme, bevor er endgültig aufgab und den Fernseher wieder ausschaltete. Er warf die dazu gehörige Bedienung neben sich auf das Bett und stöhnte genervt auf. Ihm fiel die Decke auf den Kopf.
    Er ließ seinen Blick durch den Raum schweifen und suchte zwanghaft nach irgendetwas, mit dem er sich beschäftigen konnte. Sein Zimmer war aufgeräumt. Seine Mutter musste sich in der Zeit seiner Abwesenheit daran zu schaffen gemacht haben. Er selbst war kein ordnungsliebender Mensch und ließ meist alles dort stehen und liegen, wo er es zuletzt verwendet oder gebraucht hatte. Doch jetzt war alles ordentlich. Auf den drei weißrunden Teppichen, die er damals als schicken Kontrast zum dunklen Laminat gekauft hatte, fanden sich weder Flusen noch Krümel. Fenster und Spiegel waren geputzt und die hellen Vorhänge gewaschen. Seine kleine Sitzecke gegenüber dem Bett war aufgeräumt, dazwischen eine flacher Tisch, den man mehr als notgedrungene Ablagefläche bezeichnen konnte. Die Ecke stellte Bens persönliche Chillout-Lounge dar, in der es sich seine Freunde oft bequem machten. Direkt daneben seine alte Gitarre, mit der er sich im angetrunkenen Zustand oft und gern für andere zum Affen machte. Auch sein Schreibtisch war aufgeräumt und seine lebenden Zimmergenossen, zwei dunkelgrüne Palmen, glänzten gesund vor der

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