Sommermond
Zigarettenqualm stinkenden Atem des Spaniers. Er spürte auch, wie sich die Muskeln dessen Arme anspannten. Der Mann auf der Couch starrte panisch zu ihnen auf. Seine Lippen bewegten sich, als ob sie flehende Worte formten.
„Wo wollen wir ihn denn treffen?“, flüsterte der Spanier. „Kopf oder Brust?“
Alex musste erneut schlucken. Die Art, wie der Spanier das „wir“ aussprach, jagte einen kalten Schauer über seinen Rücken. Er wurde ungewollt an diesem Mord beteiligt und wusste sich nicht einmal zu wehren.
„Kopf“, beantwortete der Spanier seine Frage selbst. „Sicher ist sicher.“
Alex starrte dem fremden Mann in die Augen. Panik traf auf Panik. Dann schielte er zu Juan. Doch der war inzwischen noch weiter zur Seite gerutscht und mied jeglichen Blickkontakt.
„Drei, zwei …“, zählte der Spanier.
Alex‘ Herz hämmerte gegen seine Brust. Seine Finger krallten sich nun so fest in seine Hose, dass es wehtat. Er verzog sein Gesicht und kniff die Augen zusammen.
„Eins.“
Stille.
Alex hatte das Gefühl, sein lauter Herzschlag wäre im ganzen Raum zu hören.
„PENG!“, machte der Spanier.
Alex zuckte erschrocken zusammen. Die Armmuskeln des Spaniers lockerten sich. Er lachte schallend auf. Irritiert öffnete Alex die Augen. Schwer atmend blickte er Richtung Couch. Der Mann saß mit vor dem Gesicht geschlagenen Händen da und zitterte. Alex wusste nicht, was er denken sollte. Sein Puls pochte unangenehm an seinem Hals, seine Kehle war staubtrocken. Ein Anflug von Erleichterung durchflutete ihn. Er seufzte leise auf und befeuchtete seine trocken gewordenen Lippen. Doch dann, im Bruchteil einer Sekunde, umklammerte der Spanier ihn wieder fester und seine Muskeln spannten sich erneut an. Alex hatte kaum Zeit zu reagieren.
Dann ein dumpfer Knall.
Alex zuckte um eine Sekunde versetzt zusammen. Mit weit aufgerissenen Augen starrte er auf die Couch. Der Mann war in sich zusammengesackt. Sein Kopf hing über seinen Beinen. Tiefrotes Blut strömte aus ihm heraus, verteilte sich auf seiner Hose und tropfte von dort aus zu Boden.
Alex vergaß das Atmen. Mit halb geöffnetem Mund stand er da und bekam nur beiläufig mit, wie sich der Spanier von ihm löste und zur Seite trat. Er fummelte noch kurz an der Tatwaffe herum, bevor er sie zurück in seine Jacke gleiten ließ.
Alex stand neben sich. Als er seine Atmung wiederfand, bewegte er sich wie in Zeitlupe. Seine Pupillen wanderten zur Seite. Er schaute zu Juan, der mit gesenktem Kopf dasaß und seine Füße zur Seite zog, als sich ein blutiger Fluss zwischen ihnen entlangschlängelte.
Der Spanier trat zum Fenster und zog einen der Vorhänge zur Seite. So brach ein Lichtbalken ins Zimmer und traf wie ein heiliger Schein auf die Leiche.
„Und nun zu dir“, sagte er und benahm sich, als ob nichts geschehen wäre.
Alex hob zitternd den Kopf. In seinen Augen spiegelte sich nichts als Angst.
„Du wirst Drogen in der Innenstadt vertickern“, fuhr der Spanier fort. „Koks.“
Alex wollte etwas erwidern, doch seine körperlichen Funktionen liefen auf Sparflamme. Geistesabwesend nahm er die Worte auf, schaffte es aber nicht, sie zu verinnerlichen.
„Das Zeug erhältst du in ein paar Tagen, sobald du alles Weitere weißt“, erklärte der Spanier. „Dazu geben wir dir Geld. Das Ganze funktioniert recht einfach. Du vertickst das Zeug in einer Gegend, in der du nichts zu suchen hast. Die anderen Dealer werden auf dich aufmerksam und verscheuchen dich. Du bleibst hartnäckig. Über kurz oder lang werden sie dann über dich herfallen und das Koks und Geld entdecken. Sie werden überrascht sein, wie viel du verdient hast.“ Er stockte kurz. „Ich kenne diese Typen sehr gut. Ich weiß, wie das abläuft. Also vertrau mir!“
Alex starrte ihn an. Die Worte drangen in sein Ohr, huschten dann aber geradewegs an seinem Verstand vorbei und hinterließen nicht mehr als ein paar Bruchstücke, die Alex völlig überforderten.
„Du wirst alles dafür tun, dich den Typen anzuschließen. Verstanden?“
Alex wollte nicken, schaffte es aber nicht. Es kam ihm vor, als ob sein Geist seinen Körper verlassen hätte und nun hüllenlos im Raum schwebte, um ihn von außerhalb zu steuern. Der Schock hing in seinen Gliedern, und während er ihn zu verarbeiten versuchte, verlangte der Spanier ein aufmerksames Ohr, das sich auf die Anweisungen zu kriminellen Machenschaften konzentrierte. Das konnte nicht funktionieren.
„Wenn du dann dazu gehörst, musst du ihr
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