Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Sommermond

Titel: Sommermond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M. Hart
Vom Netzwerk:
…“ Er stockte. Die nächsten Worte kosteten ihm offenbar einiges an Überwindung. „Du hast Alex in letzter Zeit sehr gut getan.“
    „Tz …“, machte Ben. „Das Gefühl gibt er mir aber nicht.“
    „Redet doch einfach noch mal miteinander!“, schlug Jo vor. „Ihr seid doch erwachsen.“
    Ben lachte schal auf.
    „Was meinst du, was ich die ganze Zeit versuche?“ Er schritt zum Bett und setzte sich. „Alex will nicht mit mir reden. Er ignoriert mich.“
    „Das ist ja wie im Kindergarten“, entgegnete Jo.
    Darauf wusste Ben nichts zu erwidern. Er fühlte sich ungerecht behandelt, nachdem er in Hamburg jede freie Sekunde in Alex‘ Wohlbefinden investiert hatte, während sich Jo in seinem Sessel zurückgelehnt und sich um nichts gekümmert hatte.
    Eine ganze Weile füllte Schweigen die Telefonleitung, bis Jo sich schließlich laut räusperte.
    „Weißt du, Ben“, begann er, „ich habe morgen mein erstes Krisengespräch. Der Vorfall am Pinnasberg stand in der Zeitung. Und nun bezweifelt die Stadt meine derzeitige Leistungsfähigkeit und stellt mein begonnenes Projekt in Frage.“ Er hielt kurz inne. „Noch mehr schlechte Presse kann ich mir zurzeit nicht leisten. Und wenn jetzt alles von vorn beginnt und Alex wieder an zu viel Alkohol und die falsche Leute gerät, kann das durchaus zu derartigen Konsequenzen führen.“
    Ben schüttelte fassungslos den Kopf. Sarkastisch grinsend fuhr er sich mit der Zunge über die Lippen.
    „Ach, daher weht also der Wind, ja?“, fragte er. „Du machst dir Sorgen um deine Karriere statt um deinen Sohn.“
    „Ich mache mir Sorgen um beides“, korrigierte Jo mit fester Stimme.
    Einen kurzen Moment überlegte Ben, einfach aufzulegen. Doch er bewahrte sich seinen Restanstand und sagte stattdessen: „Jo, ich kann dir gerade nicht helfen. Alex muss sich bei mir melden. Nicht umgekehrt.“ Er atmete einmal tief durch. „Es tut mir leid.“
    „Alex sagt, dass sich das mit den neuen Schulden erledigt hätte“, fuhr Jo jedoch fort, als hätte er Bens Worte einfach überhört. „Ich hoffe, er hat nicht wieder irgendeinen Mist gebaut.“
    Ben musste sofort an Alex‘ Einbruch am Pinnasberg denken, von dem er im langen Brief vor dem Unfall erfahren hatte. Doch dann schüttelte er kaum merklich den Kopf. Etwas Derartiges würde Alex kein weiteres Mal tun. Nicht, nachdem ihm sein schlechtes Gewissen beim letzten Mal so immens zerfressen hatte. Es musste also einen anderen Grund für die nun ausbleibende Forderung weiterer 40.000 Euro geben. Welchen, wusste Ben nicht. Woher auch?
    „Was soll ich Kommissar Wagner nur sagen?“, fragte Jo weiter und klang dabei tatsächlich einen Moment hilflos und überfordert.
    „Sag denen, wie’s ist“, war Bens Antwort. „Vielleicht können die sich ja einen Reim daraus machen.“
    Erneut trat Stille ein. Ben konnte fast hören, wie Jo gedankenverloren nickte.
    „Ich danke dir, Ben“, sagte er dann.
    Der Dunkelhaarige war überrascht über die unerwarteten Worte, nahm sie aber widerstandlos an.
    „Richte Alex bitte aus, dass er sich melden soll“, bat er Jo.
    „Ich werde es versuchen“, erwiderte dieser.
    Ben biss sich auf die Unterlippe. Beinahe vergaß er, dass er noch telefonierte und räusperte sich daraufhin verlegen. „Ich muss jetzt Schluss machen“, log er dann. „Bis bald!“
    Ohne auf eine weitere Antwort zu warten, legte er auf. Er ließ das Handy vom Ohr bis zu seinem Mund rutschen und tippte es ein paar Mal nachdenklich gegen seine Lippen. Dann legte er es auf seinen Nachtschrank, um es beim nächsten Mal nicht wieder suchen zu müssen.
    In seinem Kopf brodelten sich Gedankenmassen zu einem dickflüssigen Brei zusammen, dessen einzelne Bestandteile Ben nicht mehr identifizieren konnte. Eigentlich hatte er vorgehabt, sich noch heute für all die wichtigen Seminare seines Semesters anzumelden. Doch nun wusste er nicht mehr, wo ihm der Kopf stand und an was er zuerst denken sollte.
    An Jos Art? An Alex‘ Haare, Alex‘ Verhalten? An die plötzlich ausbleibenden Schulden oder einfach an die Tatsache, dass er erst einmal beruhigt sein konnte, dass der Blonde überhaupt zurück nach Hause gekommen war? Oder sollte er sich noch weiter den Kopf darüber zermartern, warum Alex sich nicht bei ihm meldete? Oder sollte er sich Gedanken über die von Jo erwähnte Kopfverletzung machen? Oder …
    Ben kniff die Augen zusammen und hob seine Hände in einer Geste, mit der man normalerweise seinen Mitmenschen demonstrierte,

Weitere Kostenlose Bücher