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Sommermond

Titel: Sommermond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M. Hart
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frischgrünen Wiese führte. Um sie herum waren Bänke verteilt. Sie traten zu einer und setzten sich. Das Holz war warm. Die Sonne blendete.
    „Ach, ja …“, sagte Peer und hob seinen Becher, als ob er anstoßen wollte. „Danke.“
    „Gern“, erwiderte Ben. „Auch wenn ich nicht versteh‘, wie man an so ‘nem heißen Tag was Warmes trinken kann.“
    Er schraubte den Verschluss seiner Cola ab und nahm ein paar Schlucke. Das süße Getränk sprudelte erfrischend. Er schluckte die kühle Flüssigkeit herunter und atmete daraufhin einmal kräftig aus.
    „Schon komisch“, sagte er dann. „Ich hab‘ das alles noch gar nicht so richtig realisiert.“
    Damit meinte er sein Auslandssemester in New York. Er konnte sich noch haargenau daran erinnern, wie er vor einigen Wochen den Brief der Fulbright-Kommission erhalten hatte. Zunächst hatte er ihn gar nicht öffnen wollen. Zu groß war die Angst über eine mögliche Enttäuschung gewesen. Doch Max, Isa und Peer hatten ihn so lange gedrängt, bis er schließlich nachgegeben hatte:
     
    Vorsichtig öffnete er den Briefumschlag, zog den Zettel heraus und klappte ihn auf. Er überflog die Zeilen und suchte nur nach den wichtigsten Informationen. Als er sie fand, traute er seinen Augen nicht.
    „Scheiße, ich krieg‘ das Stipendium!“ , rief er.
    „Ernsthaft? Zeig mal her!“ , erwiderte Max und riss ihm den Bogen aus den Händen.
    Doch im Gegensatz zu Ben überflog er den Inhalt nicht nur, sondern trug ihn laut und langsam vor. Seine Augen weiteten sich dabei.
    „... Nach Auswertung Ihrer Bewerbungsunterlagen freuen wir uns, Ihnen mitteilen zu dürfen, dass Sie es unter die fünf besten Bewerber geschafft haben“, las Max vor.
    „Was da heißt?“ , fragte Peer.
    „Er kriegt das Stipendium !“, rief Max . „Der Arsch fliegt im August nach New York City!“
    „Worüber denkst du nach?“, riss ihn Peer aus den Gedanken und nippte an seinem Kaffee.
    „Darüber, was für ein Glück ich habe“, erwiderte Ben. „Ich darf in New York studieren und das auch noch an einer renommierten Universität.“ Er stockte kurz und rief sich all die Eindrücke der Columbia University ins Gedächtnis, die er bislang über das Internet bekommen hatte.
    „Ich mein‘ …“, fuhr er dann fort. „Wer kriegt schon so ‘ne Chance?“
    „Na ja“, erwiderte Peer. „Ein paar Leute kriegen die schon.“
    Ben warf ihm einen gespielt entsetzten Blick zu und stieß ihm in die Seite.
    „Du weißt, wie ich das meine“, sagte er dazu.
    „Ja, ja …“, tat Peer ab. „Schon klar.“
    Ben nahm einen weiteren Schluck seiner Cola und lehnte sich auf der Bank zurück. Er ließ seinen Blick über das Campusgelände schweifen und verfiel einem sommerbedingten Gefühlsrausch. Er fühlte sich gut. So gut, wie lange nicht mehr. Er glaubte schon fast, dass es irgendeinen Haken an seinem Glück geben musste. Doch bislang hatte er ihn nicht entdeckt.
    Das Gras leuchtete grün unter der heißen Sonne. Ein paar Gräser wogen sich im Wind. Zwischen ihnen gelbe Löwenzahnköpfe, rote Mohnblumen und Lavendel, der seinen blauen Duft vom Wind tragen ließ. Aus den Bäumen kletterte Vogelgezwitscher in den strahlendblauen Himmel.
    „Glaubst du, mein Englisch ist gut genug?“, fragte Ben. „Ich hab‘ nämlich echt ‘n bisschen Schiss, die New Yorker nicht zu verstehen. Theoretisch ist das eine Sache, aber praktisch …“
    „A beautiful thing is never perfect”, erwiderte Peer, wandte sich zu ihm und warf ihm ein Lächeln zu.
    Ben war einen Augenblick irritiert, bevor er verstand. „Du bist süß“, sagte er dann und lächelte zurück.
    Sie sahen sich an. Peer durch seine Sonnenbrille, Ben unter seiner Hand, die er sich als Blende gegen die Stirn hielt. Und plötzlich bekam die Situation einen kitschigen Touch. Ben glaubte, dass jetzt der Moment gekommen war, in dem er sich vorbeugen und Peer küssen musste. Einfach so. Freundschaftlich. Er dachte über diese Option nach, rief sich aber gleichzeitig ins Gedächtnis, dass ein Kuss die unausgesprochenen Regeln ihrer Freundschaft brechen würde. Dennoch verfing er sich in Peers Augen, während sich der Drang nach einem Kuss verstärkte. Er befeuchtete seine Lippen und spürte das Knistern in der Luft. Er gab seinen sommerlichen Gefühlen die Schuld daran. Plötzlich vergaß er alles um sich herum. Er schielte auf Peers Mund und bewegte seinen Kopf ein paar Millimeter nach vorn. Doch schon im nächsten Augenblick räusperte sich Peer, wandte

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